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Eine der lebendigsten Sammlungen der Universität Göttingen – der Alte Botanische Garten

Wie lässt sich ein Garten ausstellen?


Gartenkustos Dr. Michael Schwerdtfeger erklärt uns vor Ort im Forum Wissen, dass er am liebsten etwas Lebendiges im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt hätte, vielleicht ein Terrarium mit exotischen Pflanzen aus dem botanischen Garten und Tieren … Die Spalten im Sammlungsschaufenster bei uns im Forum Wissen, die den Alten Botanischen Garten repräsentieren, sind nur ein kleiner Ausschnitt aus einer lebendigen Sammeltätigkeit.

Ein Blick zurück

Der Alte Botanische Garten gehört zur Biologischen Fakultät, er wurde schon zur Gründung der Universität Göttingen im Jahr 1736 von Albrecht von Haller gegründet. Damit gehört der Alte Botanische Garten zu den ältesten und lebendigsten Einrichtungen der Universität Göttingen. Seit fast 300 Jahren strahlt der Garten bei gleicher Funktion am gleichen Ort eine besondere Faszination aus. Der Alte Botanische Garten beherbergt eine große Vielfalt winterharter und tropischer Pflanzen, die für Lehre und Forschung der verschiedensten Bereiche des Studiums der Biologie und Biodiversität genutzt werden.

Hier ist viel los!

Nun sind in den Spalten im Sammlungsschaufenster Samentüten zu betrachten, ein Saatgutverzeichnis aus dem Jahr 1834 und bunt leuchtende Abbildungen ästhetisch und auch ökologisch wertvoller Pflanzen aus dem Alten Botanischen Garten der Universität Göttingen. Eine weitere Besonderheit der Sammlung des Alten Botanischen Gartens wird damit sichtbar: die Objekte lassen sich vermehren und verbreiten! Und das ist gut so. Zwischen den botanischen Gärten zahlreicher Universitäten gibt es ein großes Netzwerk, zum Erhalt von Artenvielfalt.

Ein Blick ins Sammlungsschaufenster mit Exponaten aus der Sammlung des Alten Botanischen Gartens, Foto: Muaz Toguslu

Dr. Michael Schwerdtfeger ist ein Vollblutbiologe und leidenschaftlicher Tattoo Künstler, eine Spalte im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen hat er mit seinen botanischen Tattoo Künsten gefüllt. Gern lassen sich die Studierenden von ihm Motive im Stil botanischer oder zoologischer Zeichnungen stechen, aber er versteht sich auch auf temporäre Tattoos mit der Pflanzenfarbe Jagua und hat darüber sogar ein Buch geschrieben. Bei Instagram gibt’s den Alten Botanischen Garten daher gleich zweimal: Über Aktuell Blühendes informiert alterbotanischergarten, und die persönlichere, künstlerische Seite des Gartenkustos lernen wir unter vollblutbiologe kennen. Doch zurück zum Alten Botanischen Garten.

Pflanzenbasierte Tattoo Kunst vom Gartenkustos Dr. Michael Schwerdtfeger, Foto: Muaz Toguslu

Von Albrecht von Hallers Universitätsgarten zum Insektenzoo….

Der Garten nimmt eine Sonderrolle in der Reihe der Sammlungen der Universität Göttingen ein, das wird auch im Sammlungsschaufenster bei uns im Forum Wissen deutlich. Er wurde gegründet, um Pflanzen zu kultivieren und systematisch zu erforschen. Über die Jahrhunderte ist der Garten aber auch ein wunderbarer Ort für Insekten und andere Tiere geworden. Eine Funktion, die sich der Gründer Albrecht von Haller, einer der bedeutendsten Gelehrten des 18. Jahrhunderts, damals sicher nicht hätte träumen lassen … In Zeiten schwindender Artenvielfalt ist der Garten zu einem wichtigen Rückzugsort für zahlreiche Insekten und andere Tiere geworden, beispielsweise für seltene Wildbienen – das erzählt uns Gartenkustos Michael Schwerdtfeger. Der Garten ist eine Insel ökologischer Vielfalt mitten in Göttingen.

Blühende Vielfalt im Alter Botanischer Garten der Universität Göttingen, Foto: Jan Vetter

Über ein Viertel der Bäume und Sträucher sind mittlerweile älter als 50 Jahre, in den Bäumen sind viele Tiere heimisch geworden. Teile des Gartens sind heute ein kleiner ‚Insektenzoo‘, wie Herr Schwerdtfeger die Flächen liebevoll nennt. In Deutschland gibt es circa 570 Arten an Wildbienen, 140 davon wurden schon im Alten Botanischen Garten in Göttingen gesichtet. Gerade läuft eine groß angelegte Kartierung der Wildbienen. Herr Schwerdtfeger ist als Experte auf dem Gebiet der Blütenökologie besonders engagiert, damit sich die Bienen wohlfühlen.

Sein Wissen vermittelt er an seine Studierenden und an alle Besucher*innen des Gartens, Führungen durch den Garten werden regelmäßig angeboten. Ein Besuch lohnt sich!

Ein verwunschener Tunnel führt zum Alten Botanischen Garten, Foto: Klein und Neumann

Alle wichtigen Informationen und die Öffnungszeiten des Gartens gibt es direkt auf der Seite des Alten Botanischen Gartens. Einen Vorgeschmack bietet euch das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.

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Sammlungsschaufenster

Holz, Pollen und das Klima der Eiszeit

Sie sieht aus wie eine normale Holzscheibe, ist es aber nicht: Denn dieses Stück gehörte einst zu einer Wasserleitung in Stralsund. Das war im 18. Jahrhundert, genauer gesagt 1747. Aus dieser Zeit stammt das Objekt, das jetzt im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt ist.

Durch das Loch in der Mitte der Holzscheibe lief einst das Wasser. Foto: Uni Göttingen

Geschichte im Holz

Archäolog*innen haben den dazugehörigen Baumstamm gefunden. Sie brachten ihn zu uns, um anhand der Ringe das Alter bestimmen zu lassen. Ausschlaggebend sind Breite und Abfolge der Ringe, die an der Baumscheibe gut zu erkennen sind. Diese Methode nennt sich Dendrochronologie (altgriechisch: Dendron = Baum, Chronos = Zeit). Mittlerweile haben wir ein Archiv mit über 20.000 Hölzern, alle aufs Jahr genau datiert. Sie ermöglichen es uns, andere Funde historisch einzuordnen.

Dr. Jörg Christiansen am Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Uni Göttingen

Fluch und Segen

Doch es gibt noch weitere Sammlungen in der Abteilung für Palynologie und Klimadynamik: Unter anderem eine mit Pollen und Sporen sowie eine mit Makroresten, wie Samen und Früchte. Das ist für uns wichtiges Vergleichsmaterial, durch das wir Aussagen über die Geschichte von Vegetation und Klima treffen können. Der unscheinbare Stein im Sammlungsschaufenster ist ein Beispiel dafür (siehe erstes Bild ganz oben). Er stammt vom Ufer einer Talsperre in den Vogesen. Auf ihm könnt ihr sehen, was sonst unsichtbar bleibt: Millionen von Pollenkörnern angeschwemmt durch Regen und dann auf dem Stein eingetrocknet.

Was für Allergiker*innen ein Fluch, ist für Palynolog*innen ein Segen: Jedes Jahr fliegen unzählige Pollenkörner durch die Luft. Geraten sie unter Luftabschluss – zum Beispiel am Boden eines Sees – können sie über Jahrtausende erhalten bleiben. Ähnlich wie die Ringe bei den Bäumen bildet sich jedes Jahr eine neue Schicht am Grunde des Sees. Ändert sich nun die Vegetation, ändert sich auch das Pollenspektrum. Nehmen wir dann einen Bohrkern aus dem See, dann verraten die Pollen, welche Pflanzen die Menschen einst anbauten oder was sie aßen. Daher wissen wir auch, dass sich nach der letzten Eiszeit in der Region um Göttingen die Vegetation stetig verändert hat. Auf Birken- und  Kiefernwälder folgten Eichenmischwälder und letztendlich Buchenwälder. Diese wurden aber zum größten Teil vom Menschen gerodet, um Ackerbau zu betreiben.

Das Mikroskop (1965) ermöglicht einen dreidimensionalen Blick. Foto: Martin Liebetruth

Sehen und verstehen

Mit dem bloßen Auge sind die Pollen nicht zu erkennen. Daher gehört das Mikroskop zum wichtigsten Equipment der Palynolog*innen. Wir präparieren die Pollen, bestimmen sie und haben auf diese Weise eine umfangreiche Datenbank angelegt. Einige der Präparate könnt ihr neben dem Mikroskop sehen – darunter auch “Astrantia minor”. Die kleine Sterndolde ist in den Wäldern Europas und Asiens zu Hause, blüht aber auch auf Alpenwiesen.

Präparate im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth

Wenn ihr noch ein wenig weitersucht, findet ihr auch „Aegopodium podagraria“. Das kennt ihr sicher: Es ist ein lästiges Unkraut, bekannt als Gemeiner Giersch. Den lasse ich gern die Studierenden untersuchen. Danach können sie sich nämlich das Original im benachbarten Alten Botanischen Garten ansehen. Hier am Eingang zur Wilhelm-Weber-Straße forschen und lehren wir. Falls ihr einen Einblick davon bekommen wollt, dann kommt am besten zum Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.

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Forum Wissen

Ein Jahr Forum Wissen

Wer hat an der Uhr gedreht? Kaum zu glauben, dass die Eröffnung des Forum Wissen schon ein ganzes Jahr her ist. In der kurzen Zeit ist viel passiert: 6 Sonderausstellungen, 3 Veranstaltungsreihen, 2 Besetzungsaktionen, 1 eigens konzipiertes Theaterstück, 1 Waleinzug mit Zuckerwatte-Alarm und vor allem unglaubliche 58.000 Besucher*innen denen wir einfach nur herzlichst DANKE! sagen möchten. Hier ein paar Impressionen zur Erinnerung an ein ereignisreiches erstes Jahr, die wir gerne teilen.

Einweihung am 31.05.22
Eröffnung des Forum Wissen und erster regulärer Besuchertag
Performance von Rumah Budaya Sikukeluang – Kollektiv Indonesischer Kuenstler*innen zur Eröffnung unserer Sonderausstellung “saujana membumi – Nachhaltigkeit erkunden”
Sonderausstellung “Tiny Unpredictable Material Objects”
Sonderausstellung “Moving Things” © Martin Liebetruth
Sonderausstellung “Stimmen. Sprachforschung im Krieg 1917-18” © Martin Liebetruth
Premiere AVAZ – Theaterstück zur Sonderausstellung “Stimmen”, Schauspieler: Haneef Baloch, Samiullah Baloch, Sultan Zeb Khawaja. Regie: Luise Rist und Franziska Aeschlimann vom freien Theater boat people projekt © Martin Liebetruth
Das Sammlungsschaufenster
Das Göttinger Pottwalskelett hält Einzug ins Forum Wissen
Aktionstag zum Einzug des Wals
Kickoff der Veranstaltungsreihe Salon-Debatten im Forum Wissen
Chalk Talk im Forum Wissen © Martin Liebetruth
Hineingeschmeckt – Spannende Weine + einzigartige Objekte = kurzweilige Geschichten © Martin Liebetruth