Categories
Forum Wissen Sammlung Sammlungsschaufenster Uncategorized

Ein Blick in die Sammlung Mathematischer Modelle der Uni Göttingen

Abstrakte Formen, glatte Oberflächen, klare Linien – die Objekte aus der Sammlung mathematischer Modelle und Instrumente der Universität Göttingen erinnern ein bisschen an moderne Kunst. Doch hinter ihrer ästhetischen Erscheinung verbirgt sich ein tieferer Sinn: die Veranschaulichung komplexer mathematischer Konzepte. Die Modelle machen Mathematik begreifbar. Verwendet wurden Sie im Unterricht beispielweise im Bereich der Geometrie und der angewandten Mathematik.
Die Sammlung mathematischer Modelle der Universität Göttingen ist heute nicht nur eine der bedeutendsten in Deutschland, sondern auch die umfangreichste. Ihre Geschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert, in die Zeit bedeutender Mathematiker wie Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und Alfred Clebsch (1833–1872).

Objekt aus der mathematischen Sammlung der Uni Göttingen
Stangenmodell eines beweglichen einschaligen Hyperboloid, Hermann Wiener, 1912

Historische Wurzeln und Entwicklungen

Zu Lebzeiten von Carl Friedrich Gauß (1777-1855), einem der herausragendsten Mathematiker seiner Zeit, gründete die Hannoversche Regierung das Mathematisch-physikalische Seminar in Göttingen. Daraus entstand 1922 das heutige Mathematische Institut.

Die Gründung des Instituts war der Beginn der Göttinger Sammlung Mathematischer Modelle und Instrumente. Hermann Amandus Schwarz (1843–1921) gilt als Gründer der Sammlung. Er und seine Zeitgenossen ließen Instrumente und Modelle für ihre Forschung anfertigen, die später  in die Sammlung eingingen. Im Zentrum der Sammlung stehen geometrische Modelle aus verschiedenen Materialien wie Gips, Holz, Karton und Metall. Besonders faszinierend sind die Hyperboloid-Modelle, die durch ihre einzigartige Form hervorstechen. Die Modelle wurden zur Veranschaulichung von Flächen und anderen mathematischen Objekten konstruiert. Viele wurden serienmäßig hergestellt und auch von anderen Universitäten zu Unterrichtszwecken erworben.

Mathematik zum Anfassen!

Die Objekte der Göttinger Sammlung bieten einen faszinierenden Einblick in die Mathematik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Von Kartonpolyedern, also dreidimensionalen Körpern mit ebenen Flächen, aus dem 18. Jahrhundert bis hin zu Rechenmaschinen und Zeichengeräten dokumentieren die Objekte der Sammlung die Entwicklung der Mathematik an der Universität Göttingen. Die meisten davon stammen aus der Zeit zwischen 1870 und 1920 und geben einen guten Einblick in die Mathematik aus dieser Zeit, in der sich die Universität Göttingen zu einem der bedeutendsten mathematischen Zentren in Deutschland Entwickelte.

Einschaliges Hyperboloid aus der mathematischen Sammlung der Uni Göttingen
Einschaliges Hyperboloid und konfokales zweischaliges Hyperboloid aus Gips, um 1900

Ein Schaufenster in die Geschichte der Mathematik im Forum Wissen

Im Sammlungsschaufenster sind verschiedene Hyperboloid Modelle ausgestellt. Das Wort „Hyperboloid“ bedeutet, dass die Fläche aus einer Hyperbel entsteht, die man um eine senkrechte Achse dreht. Dabei handelt es sich also um den Rotationskörper einer Hyperbel. In der Geometrie ist die Hyperbel stark vereinfacht erklärt eine spezielle Kurve, die aus zwei zueinander symmetrischen, sich ins Unendliche erstreckenden Ästen besteht. Das Hyperboloid Modell sieht aus wie ein in sich verdrehter Zylinder, es gibt ein- und zweischalige Hyperboloid, die durch verschiedene Gleichungen gebildet werden. Typisch für diese geometrische Form in der Mathematik sind die Bögen, die am linken und rechten Rand der Figur zu erkennen sind, sowie ihre Taille.

Die Sammlung mathematischer Modelle der Universität Göttingen ist heute auch ein wertvolles Zeugnis der wissenschaftlichen Forschung und Lehre aus verschiedenen Epochen. Durch ihre Vielfalt und historische Bedeutung bietet die Sammlung die Möglichkeit, mathematische Entwicklungen und Innovationen vergangener Zeiten zu erkunden. Heute sind die mathematischen Modelle vor allem auch wissenschaftshistorisch von großem Interesse.

Objekt aus der Sammlung mathematischer Modelle und Instrumente
Modell eines Hyperboloid-Getriebes

Mehr aus dem Sammlungsschaufenster gibt es auf unserem Blog!

Categories
Uncategorized

Ein Blick in die Geschichte der Computer

Wer an der Uni Göttingen zu tun hat, kennt die GWDG! Die Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen ist eine gemeinsame Einrichtung der Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft. Doch dass diese Einrichtung auch eine Sammlung beheimatet, ist vielleicht weniger bekannt. Mehr dazu gibt es in diesem Blogartikel, der diese spezifische Sammlung und ihre Exponate im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen genauer betrachtet.

Schon mal vorab: Die Ausstellung von Rechentechnik in den Gebäuden des Rechenzentrums der GWDG wurde 1980 begonnen. Doch das Rechnermuseum der GWDG an sich existiert so derzeit nicht mehr, die Sammlung ist aktuell nicht mehr öffentlich zugänglich. Viele der gesammelten Dinge der GWDG sind aktuell eingelagert. Darunter befinden sich auch Exponate vor der Zeit der GWDG-Gründung und auch vor einer Zeit, in der es die ersten Computer überhaupt gab. Umso schöner, dass wir einige Objekte der Sammlung jetzt im Sammlungsschaufenster zeigen können. Kustos Simon Heider hat die Objekte ausgewählt, die hier nun ausgestellt werden.

Technikgeschichte und Sammelleidenschaft

Hintergrund der Sammlung: Die Sammlung beruht auf der engagierten Sammelleidenschaft eines inzwischen verstorbenen GWDG-Mitarbeiters, der es sich zur Aufgabe machte Komponenten der alten Rechenanlagen vor der Verschrottung zu retten und diese dann in den Räumlichkeiten der GWDG am Fassberg zu präsentieren. Ziel war es einen vollständigen Überblick über die Entwicklung der Rechentechnik zu bieten. Das erzählt mir Simon Heider, Technischer Mitarbeiter bei der GWDG, der sich für die Sammlung und ihre Erhaltung engagiert. Simon Heider ist aktuell der Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Sammlung der GWDG. Er gibt uns einige Einblicke in die Geschichte von Datenbanken, historischen Wissensspeichern, Eingabemedien, Informatik und vielem mehr! Auch bei der Bestückung des Sammlungsschaufensters war es ihm ein Anliegen, eine große Bandbreite der Sammlungsbestände abzubilden.

Gesammelt und vor der Verschrottung gerettet wurden beispielsweise die ersten Großrechner: laute und tonnenschwere Vorläufer der ersten Computer – beispielsweise ein UNIVAC Großrechner. Gesammelt und vor der Verschrottung gerettet wurden beispielsweise Komponenten früherer Computer: laute und tonnenschwere Großrechner – beispielsweise ein UNIVAC (Universal Automatic Computer). Früher mussten diese Rechner von Expert*innen bedient werden. Die Anlagen  konnten  ganze  Stockwerke einnehmen. Mit 1 Million Operationen pro Minuten war die UNIVAC bei ihrer Anschaffung ein unerhört schneller Hochleistungscomputer — heutige Smartphones sind 1 Million mal schneller. Die Rechnerzeit, um ein Programm durchzuführen, war kostbar. Die Eingabe erfolgte bis in die 1970er Jahre Mittels Lochkarten und auch das Ergebnis wurde zunächst per Lochkarten ausgegeben mit denen dann bei Bedarf weitergearbeitet werden konnte. Die Rechnerzeit um ein Programm durchzuführen war kostbar. Im Forum Wissen werden zwei Schalttafeln der UNIVAC ausgestellt, die die Größe des gesamten Rechners erahnen lassen.

Ein Blick ins Sammlungsschaufenster im Forum Wissen

Die Objekte der Sammlung im Sammlungsschaufenster bilden verschiedene Aspekte des Datenerhebens, Sammelns, Informationsspeichern ab. Ihr könnt beispielsweise eine Rechenmaschine betrachten, einen Vorgänger der Taschenrechner. Um diese zu bedienen, bedufte es oft einiges an Fingerspitzengefühl und Konzentration.
Die Sammlung beruht auf der Initiative und Sammelleidenschaft einiger GWDG-Mitarbeiter*innen. In der immer komplexeren, technisierten Welt wurden innovative Techniken schnell wieder obsolet. Diese sind aber ein bedeutendes Zeugnis der Technikgeschichte. Die Ausstellung im Sammlungsschaufenster beinhaltet einen spannenden Teil an Technikgeschichte, viele der gesammelten Dinge sind der Generation der Millennials gar nicht bekannt.

Rechnen wie in alten Zeiten!

Simon Heider stellt uns unter anderem die historische Vier-Spezies-Maschine nach dem Staffelwalzenprinzip vor. Dabei handelt es sich um eines der ältesten Exponate der Sammlung. Ein Gerät, mit dem ihr theoretisch alle vier Grundrechenarten rechnen könnt. Die entsprechenden Beträge sind in das Zählwerk einzugeben, die Ergebnisse zeigt dann das Resultatwerk an. Die Bedienung der Rechenmaschine muss aber erstmal gelernt werden!
Solche Rechenmaschinen waren früher weit verbreitet. Sie stammen aus dem Anfang des 20. Jahrhundert. Auch ästhetisch ein interessantes Exponat.

Historische Rechenmaschine im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen

Kabelsalat? Viel mehr als das!

Eine Kunstinstallation? Sieht aus wie Chaos, ist aber keins! Simon Heider zeigt uns, dass es sich auf jeden Fall lohnt, die von der GWDG bestückten Vitrinen genauer zu betrachten. Zunächst erkennt man hier nur Kabelsalat. Einige wichtige Details erschließen sich dann mit etwas Hintergrundwissen. Diese Kabel wurden auf einer sogenannten Schalttafel nach genauen Anleitungen genutzt, um verschiedene Programme zusammen ablaufen zu lassen. Dazu wurden die Kabel entsprechend gesteckt. Eine Technik, die präzise bedient werden musste und nichts für den Hausgebrauch war. Eine Technik zur spezifischen Datenverarbeitung, die heute kaum noch jemand kennt. Das Wissen, das damals für das korrekte Arbeiten mit den Geräten erforderlich gewesen ist, wird heute nicht mehr gebraucht.

Exponate des Rechnermuseums der GWDG

Wissenswert!

QR-Codes an den Vitrinen des Sammlungsschaufensters im Forum Wissen führen direkt ins Sammlungsportal . Hier sind alle Objekte digital erfasst und mit zusätzlichen Informationen versehen. Wenn ihr euch die Exponate vor Ort anschauen wollt, das Forum Wissen ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Unser Sammlungsschaufenster findet ihr gleich gegenüber vom Haupteingang.

Categories
Uncategorized

Walheimat Göttingen | Der „Albani-Wal“ macht Schule

Im März 2023 wurde das Forum Wissen zum Schauplatz eines großformatigen Eregnisses – die Rückkehr des imposanten Pottwal-Skeletts in das Atrium des Wissensmuseums. Gleichzeitig wurde eine Mitmach-Ausstellung auf der Sonderausstellungsfläche kuratiert, die Ergebnisse des Malwettbewerbs zum Thema “Walheimat Göttingen” präsentierte. Unser Fundraising Team hat die Albanischule Göttingen besucht, deren Schüler*innen sich künstlerisch mit dem Pottwal auseinandergesetzt hat.

Ein zweiter Wal kehrt zurück!

Das Gemeinschaftsbild der Albanischule Göttingen mit der Nummer 434 ist nicht nur durch seine Größe auf großes Interesse gestoßen. Unsere Besucher*innen waren auch von dem kreativen Einsatz der Schülerinnen und Schüler beeindruckt. Schüler*innen aller Altersstufen haben unter der Leitung von Kunstlehrerin Frau Rühling an diesem farbenfrohen Kunstwerk gearbeitet. Die unabhängige Jury des Malwettbewerbs war überzeugt, und so wurde das Bild mit einem Preis ausgezeichnet, den die Schüler*innen und Frau Rühling stolz bei der Eröffnung des Walskeletts am 19.03.2023 im Forum Wissen entgegennahmen.

Ein Geschenk und eine Rückkehr

Das Bild wurde für eine Spenden-Auktion freigegeben, bei der Herr Dr. Mallison als Höchstbietender hervorging. Nach dem Erwerb entschied er sich, das Bild im November 2023 zurück an die Albanischule Göttingen zu geben. Schulleiterin Frau Schaub und ihr Team sind darüber überaus glücklich. Die Schülerinnen und Schüler freuen sich, dass “ihr Wal” nun wieder in der Schule schwebt. Bald wird das Bild in einem eigens angefertigten Rahmen im Eingangsbereich hängen.

Die Wal-Kampagne war nicht nur eine kreative Erfahrung für die Schule, sondern auch ein großer Erfolg für die Finanzierung der aufwändigen Hängung des Pottwalskeletts. Die Universität Göttingen, der Förderkreis Forum Wissen e.V. und der Alumni Göttingen e.V. lobten einen Malwettbewerb aus, der unter dem Motto “Walheimat Göttingen” zwischen November 2022 und März 2023 stattfand. Insgesamt gingen 532 Bilder ein, von Teilnehmenden im Alter von zwei bis 71 Jahren, die auch aus Schweden und Spanien eingingen. Wir bedanken uns herzlich bei Frau Rühling, den Schüler*innen von der Albanischule Göttingen und Herrn Dr. Mallison für ihre freundliche Unterstützung.

Das beliebte Wal-Motiv ist übigens als Postkarte im Museums-Shop des Forum Wissen erhältlich.

Review

Die Ausstellung der Wal-Bilder im Forum Wissen zwischen März und April 2023 war auch für unser Team ein Highlight. Eine unabhängige Jury wählte je nach Altersstufe aus vier Kategorien jeweils vier Gewinnerbilder aus. Diese 16 Gewinner wurden im Rahmen der feierlichen Eröffnung des Walskeletts am 19.03.2023 geehrt. Der “Göttinger Wal” ist nun ein fester Bestandteil der Stadt Göttingen, und sein Skelett im Forum Wissen wird regelmäßig von Besucher*innen, darunter auch viele Grundschulkinder, bewundert.

Mehr zum Wal erfahren Sie hier…. und natürlich auf dem YouTube Kanal der Universität Göttingen.

Categories
Ausstellung Uncategorized

Digitaler Wald. Eine virtuelle Reise in die Klimaforschung.

Unsere aktuelle Sonderausstellung “Digitaler Wald” bietet einen faszinierenden Einblick in die Folgen des Klimawandels für die ursprünglichen Wälder Mitteleuropas. Auf 80 Quadratmetern zeigt das interdisziplinäre Ausstellungsprojekt, wie Wissenschaftler*innen der Universitäten Göttingen und Leipzig beispielsweise den Einfluss von langer Trockenheit auf den Wald erforschen. Der Freiraum im Forum Wissen wird zum Raum für Klimaforschung, Waldschutz und Klima-Aktivismus!

Virtual Reality

Wie arbeiten eigentlich Klimaforscher*innen?

Modernste Technologien ermöglichen es beispielsweise, den Wassertransport eines Baumes von den Wurzeln bis zu den Blättern zu messen und davon eine digitale Kopie zu erstellen. So werden unter anderem Dürreschäden erforscht, um die Auswirkungen von Klimaextremen vorherzusagen. Details zur Arbeit der Forschenden könnt ihr auf einem Expertenrundgang mit Prof. Dr. Dominik Seidel und Prof. Dr. Alexander Knohl [Georg-August-Universität Göttingen] erfahren!

Die Ausstellung führt durch verschiedene Themenbereiche, zeigt historische Perspektiven auf Klimaforschung, die “Funktion des Waldes” und modernste ‘Technologien. Über eine Virtual-Reality-Brille können unsere Besucher*innen hautnah Einblicke in die Arbeit der Wissenschaftler*innen erhalten. Das Tool führt direkt in die Forschungsstation im streng gesicherten Schutzgebiet des Nationalpark Hainich.

Vom Wissen zum Handeln!

“Digitaler Wald” lädt auch dazu ein, sich aktiv mit dem eigenen Handeln auseinanderzusetzen. Ein Teamspiel namens “Kipppunkt” ermöglicht es, spielerisch das Klima im Gleichgewicht zu halten und regt zum Nachdenken über die Klimakrise an. Verschiedene Initiativen bekommen in der Ausstellung Raum.

Workshops, Führungen und mehr…

Während der Laufzeit der Ausstellung wird unser Haus zum Treffpunkt für Diskussionen und Events zum Thema Nachhaltigkeit. Neben Führungen stehen weihnachtliche Upcycling-Workshops, ein Weihnachtsmarkt und eine Weihnachtsschmuck-Tauschbörse auf dem Programm. Das gesamte Rahmenprogramm gibt es auf unserer Webseite: www.forum-wissen.de

DIGITALER WALD
Eine Virtuelle Reise in die Klimaforschung
Sonderausstellung | Freiraum Forum Wissen
25.10.2023 – 04.02.2024

Categories
Forum Wissen Sammlungsschaufenster

Die Pharmakognostische Sammlung – Einblicke in die Medizingeschichte

Das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen bietet Einblicke in die vielfältigen Sammlungen der Universität Göttingen. Zahlreiche Exponate der Sammlungen, die zu Forschungszwecken, als Anschauungsmaterial in der Lehre und wichtiges Material des ‚Wissen-Schaffens‘ gesammelt wurden, sind heute im Forum Wissen zu sehen. Darunter auch Exponate aus der Pharmakognostischen Sammlung. Doch was steckt hinter diesem komplexen Namen?

Foto: Anna Greger

Ein Schatz der Medizingeschichte: 8.500 Exponate

Dahinter steht ein Querschnitt der “materia medica” des 19. Jahrhunderts. So die historische Bezeichnung für Substanzen, die zu Heilzwecken verwendet wurden. Gemeint sind damit medizinisch wirksame Naturstoffe. Sie befinden sich in der Sammlung, die um 1836 durch den Göttinger Pharmazeuten Heinrich August Ludwig Wiggers wurde. Die Sammlung ist deutschlandweit vermutlich die älteste und umfangreichste Sammlung der Pharmakologie [auch „Arzneimittellehre“].
Zum Inventar der Sammlung gehören 8.500 Objekte, darunter größtenteils noch original verpackte Schachteln und Gläser, in denen sich unter anderem eine von Alexander von Humboldt (1769-1859) mitgebrachte Baumrinde aus Südamerika befindet. Im Sammlungsschaufenster ist außerdem in Glasgefäßen gelagertes sogenannter Walrat [auch Spermaceti] zu sehen, eine fett- und wachshaltige Substanz aus einem Organ von Pottwalen. Walrat wurde unter anderem zur Herstellung medizinischer Salben verwendet.

Vom Dachboden zurück in den Fokus der Wissenschaft: Neuentdeckung der Sammlung

Im Jahr 1935 wurde die Pharmazeutische Abteilung an der Universität Göttingen eingestellt. Die Objekte der Sammlung wurden in Kisten eingelagert und die Sammlung geriet schließlich in Vergessenheit. Auf dem Dachboden des Botanischen Instituts der Georg-August-Universität Göttingen lagerte in diversen Kisten über sechzig Jahre lang ein verborgener Schatz…
Schließlich wurde die Sammlung um das Jahr 2000 von Dr. Volker Wissemann auf dem Dachboden der Göttinger Botanik wiederentdeckt und wissenschaftlich aufbereitet.

Die Wiederentdeckung und Erforschung der Pharmakognostischen Sammlung ist von großem Wert für die Medizingeschichte und die Pharmazie. Sie vermittelt nicht nur ein lebendiges Bild des Wissens und der Arzneimittelpraxis vergangener Jahrhunderte, sondern auch die Bedeutung und Vielfalt der Naturstoffe, die in der Medizin eingesetzt wurden. Parallel zur Katalogisierung der Objekte wurde die Geschichte der Göttinger Sammlung nach ihrer Neuentdeckung rekonstruiert und natur- sowie kulturwissenschaftliche Studien an Teilbeständen durchgeführt. Auch heute noch sind die Objekte der Sammlung für die Medizin-, Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte interessant.

Noch mehr Wissen….

Mehr zur Pharmakognostischen Sammlung gibt es im Sammlungsführer der Universität Göttingen und hier: https://discovery.sub.uni-goettingen.de/id%7Bcolon%7D1024718816.

Prof. Dr. Volker Wissemann und Prof. Dr. Kärin Nickelsen haben einen besonderen Beitrag zur Wiederentdeckung und Erforschung dieser bedeutenden Sammlung geleistet. Ihre wissenschaftliche Perspektive auf die Pharmakognostische Sammlung aus Göttingen ist hier einsehbar: https://discovery.sub.uni-goettingen.de/id%7Bcolon%7D1018488782.

Foto: Anna Greger

Categories
Forum Wissen Uncategorized

Aus den Göttinger Sammlungen: Kunstvolle Schmuckstücke neu im Museumsshop

Jetzt neu im Forum Wissen Shop, handgefertigte Schmuckstücke inspiriert von Exponaten aus den Göttinger Sammlungen. Hergestellt von der Restauratorin Jorun Ruppel und ihrem Team!

Kunstvolle Reproduktionen historischer Schätze

Die Herstellung der Reproduktionen erfordert handwerkliches Können und Liebe zum Detail. Diplom-Restauratorin Jorun Ruppel und ihr Team produzieren von historischen Objekten inspirierte Ohrringe und Magneten, die ab sofort im Forum Wissen Shop erhältlich sind. Jorun Ruppel erinnert sich an die Anfänge im Jahr 2007: “Damals habe ich Daktyliotheken restauriert und wollte die alten Herstellungstechniken praktisch nachvollziehen.” Daktyliotheken sind Sammlungen von Abdrücken antiker oder neuzeitlicher Gemmen, erläutert die Restauratorin. Bei Gemmen handelt es sich um in Edelstein oder Glas geschnittene Motive. Sie wurden in der Antike als Glücksbringer und Ehrengeschenke zum Beispiel für Amulette oder Siegelringe angefertigt. Der Erfolg der reproduzierten Abdrücke war so groß, dass das Team um Jorun Ruppel daraus Magnete, Ketten, Broschen und Ohrringe fertigte.

Von den Sammlungen inspiriert

Auf den Ohrringen und Magneten sind vermutlich die Dichterin Sappho und Apollon sowie weitere Frauen dargestellt. Die Vorlagen für diese Kunstwerke stammen aus der Daktyliothek von James Tassie. Sie enthalt künstlerische Nachempfindungen antiker Motive aus dem 18. Jahrhundert. Einige dieser Exponate sind ausgestellt im Raum Schränke in der Basisausstellung im Forum Wissen. Ihr Reiz liegt in den Details: “Die Ohranhänger sind Abdrücke und Abgüsse in Originalgröße, während wir für die Magnet-Formen ein Verfahren angewendet haben, mit dem die Größe fast verdoppelt wird”, erklärt Jorun Ruppel. „Es ist erstaunlich, wie filigran der Gemmenschnitt trotz der Vergrößerung noch wirkt.“

Wie das funktioniert?

„Um die Reproduktionen herstellen zu können, benötigt man Formen aus Silikon. Bestehen die Gemmen aus einem unempfindlichen Material, kann das Silikon direkt darauf gegossen werden. Ansonsten nehmen wir einen Plastilinabdruck vom Original und formen diesen mit Silikon ab“, erklärt Jorun Ruppel. Die Verfahren haben auch Einfluss darauf, ob das Motiv später eingeschnitten oder erhaben erscheint.

Altes Kunsthandwerk neu entdeckt

Die unterschiedlichen Produkte erfordern spezielle Materialien: “Bei den weißen Magneten verwenden wir eine keramikähnliche Masse, die an Biskuitporzellan erinnert, während wir für die farbigen Magneten und Ohrringe Acrylharz verwenden, das sich gut einfärben lässt.” Eine neue Serie von Magneten und Ohrringen ist jetzt im Forum Wissen Shop erhältlich. Trotz des Erfolgs gab es auch Herausforderungen. Jorun Ruppel erzählt: “Obwohl wir schon jahrelange Erfahrung mit dem Gießen haben, kann immer etwas schiefgehen – auch, wenn wir noch so sorgfältig arbeiten. Jetzt haben wir genügend Abgüsse und Abdrücke zusammen, um die finalen Arbeiten durchzuführen – vom Schleifen der rückseitigen Kanten über das Wachsen und Polieren bis hin zum Anbringen der Haken”
Erfahren Sie mehr über die Geschichte der Gemmen und ihren Weg in die Göttinger Universitätssammlungen auf unserem Blog.

Das Bild zeigt Besucherinnen im Shop des Forum Wissen in Göttingen

Wissen to Go – Der Museums-Shop im Forum Wissen

ÖFFNUNGSZEITEN
Dienstag – Sonntag, 11 – 17 Uh

Categories
Sammlung Sammlungsschaufenster Uncategorized

Eine der lebendigsten Sammlungen der Universität Göttingen – der Alte Botanische Garten

Wie lässt sich ein Garten ausstellen?


Gartenkustos Dr. Michael Schwerdtfeger erklärt uns vor Ort im Forum Wissen, dass er am liebsten etwas Lebendiges im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt hätte, vielleicht ein Terrarium mit exotischen Pflanzen aus dem botanischen Garten und Tieren … Die Spalten im Sammlungsschaufenster bei uns im Forum Wissen, die den Alten Botanischen Garten repräsentieren, sind nur ein kleiner Ausschnitt aus einer lebendigen Sammeltätigkeit.

Ein Blick zurück

Der Alte Botanische Garten gehört zur Biologischen Fakultät, er wurde schon zur Gründung der Universität Göttingen im Jahr 1736 von Albrecht von Haller gegründet. Damit gehört der Alte Botanische Garten zu den ältesten und lebendigsten Einrichtungen der Universität Göttingen. Seit fast 300 Jahren strahlt der Garten bei gleicher Funktion am gleichen Ort eine besondere Faszination aus. Der Alte Botanische Garten beherbergt eine große Vielfalt winterharter und tropischer Pflanzen, die für Lehre und Forschung der verschiedensten Bereiche des Studiums der Biologie und Biodiversität genutzt werden.

Hier ist viel los!

Nun sind in den Spalten im Sammlungsschaufenster Samentüten zu betrachten, ein Saatgutverzeichnis aus dem Jahr 1834 und bunt leuchtende Abbildungen ästhetisch und auch ökologisch wertvoller Pflanzen aus dem Alten Botanischen Garten der Universität Göttingen. Eine weitere Besonderheit der Sammlung des Alten Botanischen Gartens wird damit sichtbar: die Objekte lassen sich vermehren und verbreiten! Und das ist gut so. Zwischen den botanischen Gärten zahlreicher Universitäten gibt es ein großes Netzwerk, zum Erhalt von Artenvielfalt.

Ein Blick ins Sammlungsschaufenster mit Exponaten aus der Sammlung des Alten Botanischen Gartens, Foto: Muaz Toguslu

Dr. Michael Schwerdtfeger ist ein Vollblutbiologe und leidenschaftlicher Tattoo Künstler, eine Spalte im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen hat er mit seinen botanischen Tattoo Künsten gefüllt. Gern lassen sich die Studierenden von ihm Motive im Stil botanischer oder zoologischer Zeichnungen stechen, aber er versteht sich auch auf temporäre Tattoos mit der Pflanzenfarbe Jagua und hat darüber sogar ein Buch geschrieben. Bei Instagram gibt’s den Alten Botanischen Garten daher gleich zweimal: Über Aktuell Blühendes informiert alterbotanischergarten, und die persönlichere, künstlerische Seite des Gartenkustos lernen wir unter vollblutbiologe kennen. Doch zurück zum Alten Botanischen Garten.

Pflanzenbasierte Tattoo Kunst vom Gartenkustos Dr. Michael Schwerdtfeger, Foto: Muaz Toguslu

Von Albrecht von Hallers Universitätsgarten zum Insektenzoo….

Der Garten nimmt eine Sonderrolle in der Reihe der Sammlungen der Universität Göttingen ein, das wird auch im Sammlungsschaufenster bei uns im Forum Wissen deutlich. Er wurde gegründet, um Pflanzen zu kultivieren und systematisch zu erforschen. Über die Jahrhunderte ist der Garten aber auch ein wunderbarer Ort für Insekten und andere Tiere geworden. Eine Funktion, die sich der Gründer Albrecht von Haller, einer der bedeutendsten Gelehrten des 18. Jahrhunderts, damals sicher nicht hätte träumen lassen … In Zeiten schwindender Artenvielfalt ist der Garten zu einem wichtigen Rückzugsort für zahlreiche Insekten und andere Tiere geworden, beispielsweise für seltene Wildbienen – das erzählt uns Gartenkustos Michael Schwerdtfeger. Der Garten ist eine Insel ökologischer Vielfalt mitten in Göttingen.

Blühende Vielfalt im Alter Botanischer Garten der Universität Göttingen, Foto: Jan Vetter

Über ein Viertel der Bäume und Sträucher sind mittlerweile älter als 50 Jahre, in den Bäumen sind viele Tiere heimisch geworden. Teile des Gartens sind heute ein kleiner ‚Insektenzoo‘, wie Herr Schwerdtfeger die Flächen liebevoll nennt. In Deutschland gibt es circa 570 Arten an Wildbienen, 140 davon wurden schon im Alten Botanischen Garten in Göttingen gesichtet. Gerade läuft eine groß angelegte Kartierung der Wildbienen. Herr Schwerdtfeger ist als Experte auf dem Gebiet der Blütenökologie besonders engagiert, damit sich die Bienen wohlfühlen.

Sein Wissen vermittelt er an seine Studierenden und an alle Besucher*innen des Gartens, Führungen durch den Garten werden regelmäßig angeboten. Ein Besuch lohnt sich!

Ein verwunschener Tunnel führt zum Alten Botanischen Garten, Foto: Klein und Neumann

Alle wichtigen Informationen und die Öffnungszeiten des Gartens gibt es direkt auf der Seite des Alten Botanischen Gartens. Einen Vorgeschmack bietet euch das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.

Categories
Forum Wissen Sammlung Sammlungsschaufenster

Das ganze Leben ist Chemie!

Die Sammlung der Göttinger Chemie präsentiert ein besonders modernes Exponat bei uns im Sammlungsschaufenster: einen sogenannten Bioreaktor. Für ein Objekt im Museum der Göttinger Chemie ist dieses Exponat ziemlich jung; das Göttinger Unternehmen Sartorius hat es 2019 hergestellt und viele Labore nutzen es derzeit weltweit. “Der Bioreaktor ist eine Spende von Sartorius und er ist fabrikneu”, erklärt Dr. Ulrich Schmitt, der Kustos des Museums an der Fakultät für Chemie.

Ulrich Schmitt stellt den Bioreaktor ins Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth

Seine Sammlung ist facettenreich und enthält neben überwiegend historischen Exponaten nur wenige aktuelle Objekte aus der chemischen Forschung. Konventionell werden für viele chemische Arbeiten im Laboratorium vor allem Geräte und Apparaturen aus Glas verwendet. Deshalb präsentiert der Kustos auch in der oberen Vitrine des Sammlungsschaufensters eine Auswahl typischer Glasgeräte für chemische Laborpraktika (zahlreiche weitere Gerätschaften könnt ihr in der Basisausstellung des Forum Wissen im Raum Labor sehen).

Typische Glasgeräte für Laborpraktika im Sammlungsschaufenster. Foto: Leonie Bathow

Besonders im Bereich der Biochemie verwenden die Wissenschaftler*innen in neuerer Zeit vermehrt auch Laborgeräte aus modernen Kunststoffen, wenn dies von Vorteil ist. Hierzu gehört der schon genannte Bioreaktor, der aus Polycarbonat besteht. Er ist als Bestandteil einer größeren Apparatur ein wichtiges Hilfsmittel in der biochemischen Spitzenforschung. “Ein Reaktor ist einfach eine besondere Art von Gefäß, in dem bestimmte wissenschaftlich untersuchbare chemische Prozesse ablaufen”, erläutert der Kustos. An den Reaktor können verschiedene Schläuche, Filter und Adapter angeschlossen werden. Über diese können die Chemiker*innen dann beispielsweise Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid hinzufügen oder fernhalten. Auch ein Rührwerk für die Durchmischung von Flüssigkeiten ist Teil des Reaktors.

Der Bioreaktor, hergestellt 2019 vom Göttinger Unternehmen Sartorius. Foto: Martin Liebetruth

In der biopharmazeutischen Forschung werden in solchen Reaktoren spezifische Zellen unter geeigneten kontrollierten Bedingungen (Nährmedium, Temperatur, pH-Wert) kultiviert und erforscht – beispielsweise zur Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen Viren und (eher noch Zukunftsvision) gegen Krebs. Die Zellen sind im Grunde kleine ‚chemische Fabriken‘, die genetisch so ‚programmiert‘ werden können, dass sie die gewünschten Moleküle produzieren.

Ein Stück Zeitgeschichte

Durch die COVID-19-Pandemie kam die biopharmazeutische Forschung mit der schnellen, erfolgreichen Impfstoffentwicklung in die Medien. Die lebenswichtige Bedeutung von biochemischer Forschung wurde gesellschaftlich heiß diskutiert. Aufgrund dieser Aktualität hat sich Ulrich Schmitt für die Präsentation des Bioreaktors entschieden. Mit einem baugleichen Exemplar wurde nämlich die erste Charge eines auf neuartiger mRNA-Technologie basierenden Corona-Impfstoffes hergestellt.

Der Kustos ist stolz, dieses Objekt in seiner Sammlung zu haben. Es bildet ein Stück aktueller Zeitgeschichte ab und passt perfekt in das Konzept seiner vergleichsweise jungen Sammlung – die es erst seit 1979 gibt. Für die Präsentation im Sammlungsschaufenster hat sich Ulrich Schmitt noch auf die Suche nach leeren Ampullen des Corona-Impfstoffes gemacht. Diese könnt ihr ebenfalls in der Vitrine betrachten. Ob sie bald von historischem Wert sein werden?

Leere Ampullen des Corona-Impfstoffes. Foto: Leonie Bathow
Categories
Sammlung Sammlungsschaufenster

Auf Spurensuche: die Anthropologische Sammlung

Den Knochenfunden ein Stück Identität zurückgeben

Anthropolog*innen sind angewiesen auf Originale, sie arbeiten mit echten menschlichen Überresten. Doch woher stammen diese? Und was untersuchen Anthropolog*innen?

Exponate der anthropologischen Sammlung der Universität Göttingen sind Teil des Sammlungsschaufensters. Fotos: Martin Liebetruth

“Wir haben keine museale Sammlung wie beispielsweise die Kunstsammlung der Universität Göttingen. Unsere Sammlung ist sehr flexibel, wir bekommen immer wieder neue Knochen und Skelette, welche Studierende überwiegend im Rahmen von Abschlussarbeiten untersuchen”, erklärt Dr. Birgit Großkopf. Sie betreut die anthropologische Sammlung der Universität Göttingen und ist unter anderem Expertin, wenn es um Skelettfunde geht. Frau Großkopf ist Mitarbeiterin der Abteilung Prähistorische Anthropologie und Humanökologie am Johann Friedrich Blumenbach-Institut für Zoologie und Anthropologie der Universität Göttingen.

Die Bestände der Sammlung kommen größtenteils aus archäologischen Grabungen aus ganz Deutschland. Teilweise werden die Knochen nach ihrer wissenschaftlichen Untersuchung wieder bestattet oder sie werden ein Teil der Lehrsammlung und für die Ausbildung und Forschung genutzt. An welchen Krankheiten hat die Person gelitten, wie alt ist sie geworden? Unter welchen Umständen hat sie gelebt? Das erforschen Anthropolog*innen in enger Zusammenarbeit Archäolog*innen. So können sie den menschlichen Überresten ein Stück Identität zurückgeben. Diese verschwinden nicht einfach mit den Baggerschaufeln …das ist Birgit Großkopf wichtig.

Wie forschen Anthropolog*innen?

Die menschlichen Überreste, die im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen gezeigt werden, kommen nicht aus kolonialen Kontexten und haben nach den Erkenntnissen der Göttinger Forscher*innen keine ethisch bedenkliche Herkunft. Sie stehen exemplarisch für die Sammlung und die Arbeit der Göttinger Anthropolog*innen und denen, die es werden wollen. Zwei menschliche Oberschenkel-Knochen aus der Sammlung der Göttinger Anthropologie sind im Sammlungsschaufenster ausgestellt. Auf den ersten Blick vielleicht für manche etwas gruselig… Auf den zweiten Blick und mit Frau Großkopfs Erläuterungen, geben die Exponate interessante Einblicke in die Forschung der Anthropolog*innen.

Was Knochen für Geschichten über das Leben erzählen…

Der Oberschenkel-Knochen zum Beispiel stammt ursprünglich aus der pathologischen Sammlung der Universität Göttingen. Hier wurden Knochen für die medizinische Ausbildung gesammelt. Diese Sammlung wurde Anfang des 20.Jahrhunderts angelegt und von der Göttinger Anthropologie vor über 30 Jahren von der Medizin übernommen. Woher genau dieser große Knochen stammt, ist nicht mehr nachvollziehbar, denn die Unterlagen wurden im Krieg vernichtet. Der Knochen selbst aber ermöglicht es, pathologische Veränderungen am Original zu erforschen. Er weist Veränderungen auf, die Birgit Bgroßkopf auf den chronischen Verlauf einer Osteomyelitis zurückführt. Solche bakteriellen Entzündungen des Knochenmarks sind wieder auf dem Vormarsch, ausgelöst beispielsweise durch Antibiotika resistente Bakterien, die auch zu einer Sepsis führen können.

Der andere Oberschenkelknochen – in der unteren Vitrine des Schauregals – stammt aus einer Wolfenbütteler Gruft. Er zeigt deutliche Spuren der Zersetzung. Ein niedriger pH-Wert und Feuchtigkeit beschleunigen den Prozess. Der Knochen zersetzt sich immer weiter und über die Jahre könnte man hier auch mit den bloßen Augen minimale Veränderungen beobachten – für die Anthropologin ist das etwas ganz Normales.

Ein menschlicher Oberschenkelknochen ist im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt.

Fragen nach dem Alter

Der Unterkiefer eines Kindes, der im Forum Wissen im Sammlungsschaufenster zu betrachten ist, steht beispielhaft für Forschungsfragen zur Bestimmung des Sterbealters. Bei Kindern werden während des Wachstums die Milchzähne durch die Dauerzähne ersetzt. Zahnausfall im Alter führt hingegen zur Rückbildung des Kiefers. Der Knochen baut sich ab, wenn die Zähne fehlen und beim Kauen kein größerer Druck mehr auf den Kieferknochen wirkt. So haben die Anthopolog*innen herausgefunden, dass es in der Steinzeit vereinzelt Menschen gab, die trotz vieler Gefahren über 70 Jahre alt wurden.

Kein Skelett gleich dem anderen!

Wie lange ein Skelett schon im Boden gelegen hat, ist schwer zu bestimmen. Normalerweise vergehen Knochen im Boden recht schnell. Doch bei kalkhaltigen Böden können sich Knochen auch über tausende Jahre erhalten. Hier gibt es keinen Standard, an dem man schnell und einfach das Alter der Knochen festmachen kann. Viele Fragestellungen sind vergleichbar mit der Arbeit von Kriminologen. Da kann es schon einmal vorkommen, dass Frau Großkopf bei Skelettfunden von der Polizei um Hilfe gefragt wird. Hier sind Anthropolog*innen Profis.

Und: Kein Mensch sieht gleich aus! Auch kein Skelett gleicht dem anderen – diese Vielfalt möchte Frau Großkopf an die Studierenden vermitteln.

Die anthropologische Sammlung der Universität Göttingen

Mehr über die Sammlung könnt ihr direkt auf der Institutsseite erfahren. Ansprechpartnerin für alle Fragen, welche die Sammlung betreffen, ist Dr. Birgit Grosskopf.
PS: Aktuell könnt ihr die Ausstellung „Unter uns. Archäologie in Göttingen“ im Städtischen Museum Göttingen besuchen. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Stadtarchäologie und der Abteilung Historische Anthropologie und Humanökologie des Johann-Friedrich-Blumenbach-Instituts für Zoologie und Anthropologie der Universität Göttingen. Ein Besuch lohnt sich!

Categories
Forum Wissen

Der Wal ist zurück! Großer Walaktionstag am 19. März 2023

Save the date – Walaktionstag am 19. März

Das imposante Pottwal-Knochen-Puzzle hat ein Ende gefunden. Jetzt hängt das Pottwal-Skelett sicher an der Decke des Atriums im Forum Wissen. Wir freuen uns riesig über dieses großartige Exponat und wollen den neuen Einzug des Wals mit euch feiern. Am Sonntag, 19. März, bei uns im Forum Wissen könnt ihr das Pottwal-Skelett live erleben und viele interessante Dinge über Pottwale erfahren.

Der Aktionstag beginnt um 11 Uhr mit Kurzvorträgen von Expert*innen, die den Wal schon lange begleiten – wie der Präparator Carsten Wortmann. Auch für Maria Teresa Aguado gehören Pottwale zu den beeindruckendsten Tieren. Die Direktorin des zukünftigen Biodiversitätsmuseums wird am Sonntag nicht nur auf den Walaktionstag einstimmen, sondern auch  Einblicke in ihre ganz besondere Beziehung zu dem ‚Göttinger‘ Wal geben. Darüber hinaus gibt es am Aktionstag viele Angebote für unsere jüngsten Gäste, unter anderem eine Wal-Rallye und Bastelaktionen. Auch der Shop und das Café Liesels …könnt ihr ab Sonntag wieder besuchen und dabei das Highlight der Zoologischen Sammlung aus nächster Nähe betrachten.

3, 2, 1 …

Das mit Abstand größte Objekt im Forum Wissen ist jetzt schon ein Publikumsliebling. Das zeigen auch die zahlreichen Bilder, die uns zum Malwettbewerb ‚Walheimat Göttingen‘ erreicht haben. Insbesondere Kinder und Jugendliche haben sich von unserem Aufruf inspirieren lassen. Dabei haben sich nicht nur Göttinger*innen an dem Wettbewerb beteiligt: uns haben sogar Beiträge aus Schweden und Spanien erreicht!

Viele der Teilnehmenden haben Ihre Bilder gespendet und zur Versteigerung freigegeben. Die Stille Auktion ist aktuell in vollem Gange. Dabei können Bildspenden des Malwettbewerbs ersteigert werden, der Erlös finanziert die Arbeiten rund um den Wal. Die Stille Auktion ist aktuell in vollem Gange. Eine Teilnahme ist bis zum 14. April möglich. Geboten werden kann vor Ort und online.

Der ‚Göttinger Wal‘ in euren Bildern

Alle der über 500 eingereichten Bilder aus Göttingen und der ganzen Welt sind noch bis zum 14. April 2023 auf der Sonderausstellungsfläche im Forum Wissen zu betrachten. Diesen Sonntag findet beim Walaktionstag ab 13 Uhr die große Preisverleihung des Malwettbewerbs ‚Walheimat Göttingen‘ statt. Ein Besuch lohnt sich!

Final Countdown!
Auf dem YouTube-Kanal der Uni Göttingen könnt ihr mitverfolgen, wie der Wal bei uns im Forum Wissen nach der Restaurierung in Holtensen wieder zusammengebaut und aufgehängt wurde. Wir wünschen euch viel Freude dabei!