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Farbenfroh und lebendig: die Algenkulturen

Ob grün, blau oder rot – die Algen und Cyanobakterien sind vor allem mikroskopisch klein und: sie leben. In verschiedenen Gläsern, schön temperiert, mit und ohne Tageslicht in der Sammlung von Algenkulturen der Uni Göttingen (SAG). Sie ist eine der weltweit größten und ältesten Sammlungen dieser Art.

Blick in die Sammlung von Algenkulturen der Universität Göttingen. Foto: Jan Vetter

Warum es sich lohnt, Algen zu sammeln

Wer weiß schon vom Landgang der Pflanzen? Vor Millionen Jahren begannen einige Algen, das Leben auf dem Land dem im Wasser vorzuziehen. Ein einmaliger Vorgang in der Erdgeschichte, der die Vielfalt unserer heutigen Pflanzenwelt einleitete. Um erklären zu können, was damals geschah, untersuchen Forscher*innen der Universität Göttingen zum Beispiel die Nachkommen jener Algen.

Petrischalen mit verschiedenen Algenkulturen für Forschung in aller Welt. Foto: Maike Lorenz

Dazu gehört auch die Alge Mesotaenium endlicherianum, die seit 25 Jahren in der Göttinger Sammlung lebt. Hier pflegt sie Maike Lorenz mit ihrem Team. „Wir haben Anfragen aus aller Welt, von Wissenschaftlerinnen oder Lehrern, Künstlern oder Architektinnen“, erklärt die Kustodin. Sie weiß, dass ihre Algen begehrt sind sowohl in der Klimaforschung als auch beim Mikroskopieren im Studium. Selbst Unternehmen, die mit Giftstoffen experimentieren, Häuser bauen oder nach alternativen Energien suchen, fragen an. Seit 1954 gibt es die Sammlung an der Uni Göttingen. Mittlerweile beherbergt sie rund 2.900 Algenkulturen aus aller Welt.

Stars der Sammlung

Dazu gehört natürlich die älteste Algenkultur, die Grünalge Chlorella vulgaris (SAG 211-11b). Sie wurde bereits 1889 aus einer Wasserprobe isoliert, also aus der Natur gewonnen – so auch die Blutregenalge oder korrekt gesagt: eine Kultur der Blutregenalge. „Sie stammt aus einem sauren Tümpel im Harz und ist seit 1959 hier bei uns“, so Lorenz.  Die Blutregenalge gehört auch zu den Grünalgen. Sie ist jedoch in der Lage, ihre Farbe zu wechseln: Wenn es in der Umwelt ungemütlich wird, nimmt sie dieses schöne Rot an. Hervorgerufen wird das durch den Farbstoff Astaxanthin. Das ist ein Carotinoid, das für Fische zum Beispiel sehr gesund ist und ihr Fleisch häufig lachsrot färbt.

Mikroskopische Aufnahme der Blutregenalge, Stamm SAG 192.80 Haematococcus pluvialis. Foto: Maike Lorenz

Algen im Forum Wissen

Wer sich die Blutregenalge einmal anschauen möchte, der kann dazu ins Forum Wissen gehen. Im Sammlungsschaufenster ist die mikroskopische Aufnahme zu sehen. “Wir können leider keine lebenden Organismen hier ins Schaufenster stellen,” erklärt die Algenexpertin. Denn die feuchten Nährmedien, mit denen sie die Algen am Leben hält, könnten andere, oft sehr empfindliche Objekte gefährden. Gute Nachbarschaft im Schaufenster geht daher vor! Aber auch die Bilder und Informationen erzählen viel über das Leben in der Sammlung. Wer mehr möchte, der kann darüber hinaus in die Räume “Schränke” und “Labor” gehen. Was es dort zu finden gibt, verraten wir jetzt nicht. Wünschen aber viel Freude beim Entdecken.

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Biodiversität: Vielfalt in Gefahr

Die zoologische Sammlung des Biodiversitätsmuseums geht bis auf die Anfänge des Königlich Akademischen Museums Göttingen 1773 zurück. Sie besitzt mittlerweile über 100.000 Objekte. Damit ist sie eine der größten Sammlungen der Universität Göttingen. Im Forum Wissen soll im zweiten Obergeschoss eine eigene Ausstellung entstehen, in der die Sammlung umfangreich entdeckt werden kann. Da die Vorbereitung und der Aufbau noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden, gibt es im Sammlungsschaufenster bereits einen kleinen Einblick in die Biodiversität der Tiere.

Schmetterlinge und Falter aus der zoologischen Sammlung. Foto: Uni Göttingen

Was ist eigentlich Biodiversität?

Mit dem im ersten Moment vielleicht etwas hochgestochenen Begriff „Biodiversität“ sind alle lebenden Organismen (wie zum Beispiel Tiere, Pflanzen, Einzeller und Bakterien) und ihre Interaktionen gemeint. Diese Organismen leben zusammen in komplexen Ökosystemen, Lebensgemeinschaften, die natürlich auch von der nicht belebten Umwelt beeinflusst werden. Diese Ökosysteme können sich ändern und anpassen. Es sind vor allem wir Menschen, die durch unsere Einflüsse auf die Umwelt (beispielsweise durch Plastikmüll, Abgase oder Giftstoffe) die Ökosysteme drastisch verändern. Das kann so weit gehen, dass sich die Systeme nicht mehr anpassen können und schließlich verschwinden. So gibt es zum Beispiel den Verlust vieler Korallenriffe oder Regenwaldbereiche zu verzeichnen. Wesentlicher Grund dafür ist die veränderte Land- und Meernutzung durch den Menschen. Mit den Ökosystemen verschwinden auch die von ihnen beheimateten Arten. Wissenschaftler*innen wie die Professorin Maria Teresa Aguado, die auch Leiterin und Kuratorin des Biodiversitätsmuseums ist, sprechen bereits vom sechsten großen Massenaussterben der Arten, das man als solches bezeichnen könnte.

Buntwaran aus der zoologischen Sammlung. Foto: Uni Göttingen

Was sagen uns die Objekte im Schaufenster?

Umso wichtiger ist es also, die Arten zu sehen, zu verstehen und zu schützen. Das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen zeigt ganz unten für alle gut sichtbar einen Kasten mit Schmetterlingen und Faltern aus verschiedenen Regionen der Welt. Sie sind sehr fragil und dennoch beeindruckende Wesen, die in ihrer Entwicklung eine Metamorphose durchlaufen. Sie verändern dabei ihre Lebensweise und Gestalt komplett von einer einfachen Raupe hin zum schönen Schmetterling. Diese Metamorphose und Anpassungsfähigkeit können wir als Metapher sehen, dass auch wir etwas verändern können.

Eine Ebene höher können wir einen Buntwaran entdecken. Ein Reptil, das ähnlich wie Schlangen mit seiner gespaltenen Zunge riechen kann. Geschöpfe seiner Art sind auch vom Aussterben bedroht, daher wurde das Tier so lebensecht wie möglich präpariert. Sein Aussehen soll uns dazu bringen, stehen zu bleiben und in uns den Wunsch zu entwickeln, den Buntwaran und seine Verwandten zu schützen.

Wie Biolog*innen mit den Objekten der Sammlung arbeiten, können und sollen uns die Schädel von Wildkatzen zeigen. Die vier Köpfe stammen von einem Löwen, einem Leoparden, einem Lux und einer Goldkatze. Sie können als nah verwandte, katzenartige Tiere gut miteinander verglichen werden. Die Wissenschaftler*innen untersuchen die unterschiedlichen Schädelgrößen, die Zähne, aber auch die Hohlräume zwischen Schädelknochen und Wangenknochen, die Platz für große Kiefermuskeln bieten. Dies ist ein notwendiges Utensil gerade bei Wildkatzen, die ihre Beute selbst jagen und genug Kieferkraft aufbringen müssen, um auch Knochen brechen zu können.

Ganz oben im Regal können wir Nasspräparate von Tieren entdecken. Darunter sind allgemein bekannte Arten wie der Seestern oder ein Seepferdchen. Aber auch eher unbekannte Tiere wie das Moostierchen Electra pilosa. Sie leben in Kolonien meistens auf Korallen oder Algen. Arten wie diese sollen uns verdeutlichen, dass wir eigentlich nur 10 bis 20 Prozent der Biodiversität kennen. Die meisten lebenden Organismen sind unbekannt. Es fällt uns gar nicht auf, wenn diese aussterben. Aber auch ein Großteil der weithin bekannten Arten derzeit vom Aussterben bedroht.

Moostierchen aus der zoologischen Sammlung. Foto: Uni Göttingen

Wie machen wir auf das Thema aufmerksam?

Die Biolog*innen der Universität Göttingen bieten unter anderem Kurse zur Wissenschaftskommunikation an. Dabei können Student*innen Projekte entwickeln, komplexe Themen wie Biodiversität bearbeiten und für Besucher*innen verständlich machen. Auch zum Wal, der im Atrium des Forum Wissen hängt, gab es verschiedene Projekte. Eines davon ist ein Buch, das mit Bildern aus der Aktion „Mal den Wal“ entstanden ist und Leser*innen die Welt der Wale näherbringen soll.

Und wie können wir die Biodiversität und all das Leben um uns herum schützen? Zuerst sollten wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Biodiversität in Gefahr ist. Die Objekte unterstützen uns dabei. Sie zeigen die Vielfalt und welche Bereiche in Gefahr sind. Danach können wir anfangen, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu handeln.

Studierendenprojekt zur Wissenschaftskommunikation. Foto: Lena Heykes
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Kisten voller Überraschungen

Wenn sich im Althistorischen Seminar die Bananenkisten stapeln, bedeutet dies für das Altertumswissenschaftliche Filmarchiv und dessen Mitarbeiter zunächst drei Dinge: 1. Die Sammlung Stern hat wieder Zuwachs bekommen. 2. Eine Menge schwere Tragearbeit ins zweite Obergeschoss. 3. Eine spannende Zeit beim Öffnen der Kisten, die immer wieder neue Schätze und auch Kuriositäten offenbaren.

Bücher, Filmtechnik, Dias und Memorabilia aus den Neuzugängen

Die Sammlung Stern im Althistorischen Seminar

Unser Archiv ist zum größten Teil eine Sammlung von Filmen zu archäologischen, althistorischen und anderen altertumswissenschaftlichen Themen. Der Kern geht zurück auf eine Stiftung aus dem Nachlass des Archäologen, Filmforschers und Museumspädagogen Tom Stern (1958–2016). Er hatte sich mit diesen Filmen eine umfangreiche und vielfältige Privatsammlung aufgebaut. Die Filme bieten ein großes Spektrum an Formaten: von Spielfilmen über Kinderprogramme, Werbung und Propaganda hin zu Dokumentarfilmen und -serien, die den Großteil des Bestandes ausmachen.

DVDs, VHS-Kassette und eine Filmrolle aus den Neuzugängen

Der Alltag in der Sammlung

Eine unserer Hauptaufgaben als studentische Hilfskräfte in der Sammlung ist die Digitalisierung des Bestandes. Besonders Filme, die aufgrund ihrer alten Datenträger bald nicht mehr abspielbar sein werden, gilt es zu sichern. Auch gibt es Filme, die sonst kaum noch anderweitig erhalten oder sogar noch ganz unpubliziert sind. Das Ziel unserer Arbeit ist, jenseits der Bewahrung, das Material für Lehre und Forschung nutzbar und zugänglich zu machen. Neben dieser alltäglichen Arbeit gibt es immer abwechslungsreiche Aufgaben, zum Beispiel rund um Vorträge, Workshops, Nutzeranfragen oder Filmvorführungen. Vor allem aber gehören dazu das Sichten und Ordnen von Neuzugängen, die in den Bestand der Sammlung mit eingegliedert werden müssen. Und eine große Lieferung solcher Neuzugänge hat uns nun aus Essen erreicht.

Das sind wir beim Sichten des neuen Materials.

Kisten voller Überraschungen

Die Kisten mit ihren Inhalten stammen aus dem Nachlass von Tom Stern. Nachdem wir sie in die Räume der Sammlung gebracht haben, machen wir uns daran, das Material zu sichten. Auch wenn einige der Kisten beschriftet sind: Was genau sich darin befindet, sehen wir immer erst, wenn wir sie zum ersten Mal öffnen. Und dabei haben wir schon einige überraschende Entdeckungen gemacht. Unter anderem haben wir zwischen den Objekten und Unterlagen schon private Andenken wie Urlaubsfotos und Gebasteltes der Kinder gefunden. Das sammeln wir zunächst separat, um es dann wieder an die Familie zurückzugeben.

Bücher und Spiele aus der Sammlung

Unter den rund 500 neu eingetroffenen Büchern spielt Film die Hauptrolle. Aber dazu kommt eine Menge an geschichtlichen, archäologischen und museumspädagogischen Themen. Dabei handelt es sich nicht nur um Sach- und Fachbücher, sondern auch um eine Vielzahl an Kinderbüchern und Comicheften. Einige Ordner mit Arbeitsmaterialien beinhalten Tom Sterns Nachforschungen zu Filmthemen, für Vorträge, Ausstellungen oder Publikationen. Dazu kommt Material verschiedener Filmfestivals. Außerdem können wir unsere Sammlung um einige weitere Filme ergänzen, aber auch um Technik zum Abspielen und Reparieren von Filmen. So können wir teilweise Lücken schließen. Daneben sind auch neue Medien, etwa CDs und Dias, aufgetaucht.

Am meisten überrascht hat uns jedoch die Vielzahl an Memorabilia, die sich in den Kisten verstecken. Dies sind verschiedenste Objekte, die mit den Themen zu tun haben, zu denen Tom Stern geforscht hat. Sie reichen von Plakaten, über Spiele und Puppen bis hin zu haarigen Lampen. Diese sollen nun als die neuen „Bewohner“ der Sammlung aufgenommen werden.

Puppen und eine Lampe im „Steinzeit-Stil”

Der Weg in den Bestand

Wenn alle Bananenkisten gesichtet sind, ist der nächste Schritt, die Neuzugänge in den bisherigen Bestand der Sammlung einzupflegen. Alle Objekte bekommen Signaturen und werden entweder zu ihren bestehenden Kategorien, wie Medien und Technik, hinzugefügt oder es werden neue Kategorien, wie für die Memorabilia, erstellt. Wichtig ist zudem, dass wir die Objekte fotografieren und anschließend in die Objektdatenbanken der Universität einspeisen. So werden wir auch diesen Teil der Sammlung zugänglicher machen, damit er etwa für Ausstellungsprojekte oder Forschungsvorhaben recherchiert werden kann.

Den Buchnachlass von Tom Stern haben wir mit unserem Sammlungsleiter Martin Lindner thematisch nach Schwerpunkten sortiert. Diese Themengebiete machen die vielfältigen Arbeitsschwerpunkte des Forschers Tom Stern deutlich: Archäologie und ihre Theorie, Museumspädagogik, Ur- und Frühgeschichte, Germanien, Orient- und Afrikaforschung, historische Reiseberichte und Antikenrezeption in verschiedenen Medien. In einem neu dafür eingerichteten Nutzerraum bereichern diese Facetten die Bestände der Sammlung.  Alle Neuzugänge, wie auch der Rest der Sammlung, werden somit nutzbar für Forschung und Lehre, damit die Arbeit von Tom Stern erhalten und fortgeführt wird.

Autor*innen: Carolin Franziska Pilz und Konstantin Schwenke

Fotos: Xikai Chen

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Im Schaufenster: das Physicalische Cabinet

Die Sammlung historischer physikalischer Instrumente der Universität Göttingen oder weniger sperrig: das “Physicalische Cabinet” lässt 250 Jahre Physikgeschichte in Göttingen lebendig werden. Es ist eng verknüpft mit Wissenschaftlern wie Lichtenberg, Gauß und Weber. Der Bestand reicht von den Anfängen der Physik im 18. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts und enthält so bedeutende Objekte wie den Gaußschen Vizeheliotrop und eine Replik des Gauß-Weber-Telegraphen zur Weltausstellung 1873 in Wien.

Blick in den Museumsraum des “Physicalischen Cabinets” im Foyer der Fakultät für Physik. Foto: Daniel Steil

Physik im 20. Jahrhundert

Das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen greift einen Objektbestand auf, der im Museumsraum des “Physicalischen Cabinets” etwas stiefmütterlich behandelt wird: Physik- und Technikinstrumente des frühen 20. Jahrhunderts. Diesen fehlt der Glanz von Messing, edlen Hölzern und Glas, welcher die Exponate des 18. und frühen 19. Jahrhunderts bestimmt. Damals war die Manufaktur das vorherrschende Produktionsverfahren und die Herstellung war kunsthandwerklich geprägt. Mit dem Übergang zur industriellen Massenproduktion, bei der große Stückzahlen kostengünstig produziert werden sollten, trat im 20. Jahrhundert die Funktion des Objekts in den Vordergrund. Es dominierten einfache geometrische Formen. Kunststoffe und lackiertes Blech kamen zum Einsatz und die Objekte waren typischerweise in gedeckten Farben gehalten.

Nutzung von Elektrizität

Im frühen 20. Jahrhundert erfolgte die weitgehende Elektrifizierung Deutschlands. Daher haben alle im Sammlungsschaufenster gezeigten Exponate etwas mit Elektrizität zu tun – beginnend mit der hier gezeigten Influenzmaschine nach James Wimshurst.

Influenzmaschine nach Wimshurst. Foto: Marie Ahlig und Lara Siegers

Influenzmaschinen dienen dazu, elektrische Ladungen voneinander zu trennen. Das passiert in dem Fall der Wimshurst-Maschine mittels mechanischer Arbeit und unter Nutzung gegenläufig rotierender Scheiben. Diese Maschinen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts dazu benutzt, um elektrische Hochspannung bis zu 100 kV bereitzustellen, womit beispielsweise frühe Röntgenröhren betrieben werden konnten. Das hier ausgestellte Exponat besitzt zur Ladungsspeicherung zwei Leidener Flaschen, also frühe Hochspannungskondensatoren. Es diente früher vermutlich als Demonstrationsversuch zur Erzeugung und Nutzung elektrischer Ladungen. Funkenentladungen werden in modernisierter Form noch heute in der Lehre in der Physik oder zur Freude von Groß und Klein beim Tag der offenen Tür oder der Nacht des Wissens gezeigt.

Elektrizitätslehre und Schwingungsphänomene in der Schule

Mit der breiteren Verfügbarkeit von elektrischem Strom und insbesondere Wechselstrom wurde es notwendig, dieses neue Phänomen in die technische Ausbildung zu integrieren.

Schleifenoszillograph von Siemens & Halske. Foto: Marie Ahlig und Lara Siegers

Da Menschen Spannung oder Strom nicht direkt wahrnehmen können, entwickelte in den 1930er-Jahren unter anderem die Firma Siemens & Halske (das heutige Siemens) einen einfachen und kostengünstigen Schleifenoszillographen. Auf diese Weise sollten elektrische (aber auch andere) Schwingungsvorgänge sichtbar gemacht werden. Hierbei wird Licht von einer Lichtquelle auf einen Schwingspiegel gelenkt, welcher auf einer Drahtschleife montiert ist (im Bild vorne). Der Spiegel auf der Drahtschleife befindet sich in einem Magnetfeld. Fließt ein Wechselstrom durch die Drahtschleife, so wird der Spiegel proportional zur Stromstärke ausgelenkt und erzeugt einen oszillierenden Lichtfleck entlang der Vertikalen. Um die Schwingung entlang der Vertikalen besser sichtbar zu machen, wird das Licht des Spiegels an dem Drehspiegel reflektiert, hier mit 10 Einzelspiegeln (im Bild hinten). Das führt zu einer zusätzlichen horizontalen Bewegung des Lichtflecks; die Schwingung wird auf einem Beobachtungsschirm sichtbar. Der hier gezeigte Schleifenoszillograph wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von Robert Wichard Pohl für Demonstrationsversuche in seiner Vorlesung zur Experimentalphysik beschafft.

Physikalische Forschung und Medizintechnik

Wurden frühe Röntgenapparate noch mit komplizierten und eher unzuverlässigen Hochspannungsquellen wie der weiter oben diskutierten Influenzmaschine betrieben, so stellt unser nächstes Exponat etwas dar, was heute gerne als Quantensprung oder bahnbrechende Innovation bezeichnet wird. Es handelt sich um die sogenannte Röntgenkugel der Siemens-Reiniger-Werke: 1934 auf den Markt gebracht, stellt sie eines der ersten transportablen Röntgengeräte dar.

Siemens-Röntgenkugel. Foto: Vanessa Scheller und Daniel Steil

Das Besondere an der Röntgenkugel ist, dass sie die Röntgenröhre und den notwendigen Hochspannungstransformator in einem kompakten, strahlensicheren Gehäuse unterbringt und das Gerät zum Betrieb nur noch an das 220V-Stromnetz angeschlossen werden muss. Mithilfe eines Stativs konnte die Röntgenkugel dann in recht beliebiger Lage für Röntgenaufnahmen an einem Patienten eingesetzt werden. Diese Eigenschaften führten dazu, dass die Röntgenkugel bis in die 1970er-Jahre weltweit einige Zehntausend Mal verkauft wurde. Das machte die Röntgenkugel – insbesondere in der Zahnmedizin – zu einem beliebten Röntgengerät. So erinnert sich auch der Verfasser vage daran, dass er in seiner Jugend mit Hilfe einer Röntgenkugel von seinem Zahnarzt geröntgt wurde. Auch in der Physik wurde die Röntgenkugel zur Bildgebung eingesetzt. Aktuell sind stolze drei Stück im Besitz der Sammlung: vom chromfarbenen Modell – wie hier gezeigt – bis zu einem schlicht cremefarben lackierten Gerät. Interessierte an historischer Röntgentechnik finden eine Vitrine mit Exponaten in unseren Sammlungsräumen.

… zu guter Letzt

Das “Physicalische Cabinet” öffnet aktuell regulär während der Vorlesungszeit montags um 16 Uhr vor den großen Physikkolloquien. Führungen für Gruppen sind außerhalb dieser Zeiten auf Anfrage möglich. Weitere Informationen sind auch auf unserer Webseite zu finden.

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Alles eine Frage der Geschichte

Das Münzkabinett der Universität Göttingen ist auf jeden Fall einen Blick wert und mit ein paar repräsentativen Objekten nun auch im Sammlungsschaufenster zu sehen. Das Münzkabinett gilt als die drittgrößte universitäre Sammlung von Münzen in Deutschland, hinter Leipzig und Tübingen. Über 40.000 Objekte verschiedener Herkunft sind vertreten. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um originale Münzen, wie es der Name vielleicht annehmen lässt, sondern auch um Abgüsse von Münzen, um Medaillen oder um frühe Formen von Papiergeld.

Nachbildungen griechischer Silbermünzen aus Blei. Foto: Uni Göttingen.

Dr. Daniel Graepler, der Kustos der Sammlung, zeigt im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen dieses breite Spektrum. Ihr könnt Entwurfsmodelle zur Münchhausen-Medaille entdecken. Diese wurde zum 250. Jubiläum der Universität Göttingen zu Ehren ihres Begründers Gerlach Adolph von Münchhausen (1688–1770) angefertigt. Auch eine kleines Münzkästchen, in dem die Familie Schlözer ihre Münzsammlung aufbewahrte, ist zu sehen. In den unteren beiden Regalen findet ihr einige nachgebildete griechische Münzen aus Blei und Plattengeld aus Schweden. Das sind rechteckige Kupferplatten, die als Zahlungsmittel dienten. Doch die Sammlung hat noch viel mehr Aspekte zum Kennenlernen.

Die Geschichte der Sammlung

Daniel Graepler selbst fasziniert vor allem die große Vielfalt der diversen numismatischen, also auf das Geldwesen bezogenen Objekte, die von Anfang an das Münzkabinett prägten. Sie gingen als Ankäufe oder Schenkungen an die Universität und decken viele verschiedene Regionen und Zeiträume ab. Daher ist auch die Provenienzgeschichte besonders spannend, die hinter den unterschiedlichen Objekten steckt.

Nur wenige von ihnen stammen tatsächlich aus archäologischen Fundstellen. Daher ist die Frage berechtigt, warum das Münzkabinett zum Archäologischen Institut gehört. Dies erklärt sich aus der lange zurückreichenden Geschichte der Universität. Bereits als das Königlich Akademische Museum 1773 gegründet wurde, befanden sich Münzen in der Sammlung. Christian Gottlob Heyne war an dieser Museumsgründung federführend beteiligt. Der Altphilologe, der vor allem Griechisch und Latein lehrte, hielt auch die ersten Vorlesungen über Archäologie, erstmals 1767. Heyne war sehr interessiert an den Münzen. Daher sorgte er dafür, dass diese in seiner Obhut blieben, während die anderen Sammlungen vor allem von Johann Friedrich Blumenbach betreut wurden.

Christian Gottlob Heyne. Gemälde von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1772)

Nach dem Tod von Heyne 1812 wurde verfügt, dass die Vorlesungen zur Archäologie weitergeführt werden sollten. Karl Ottfried Müller trat in Heynes Fußstapfen und schrieb auch das erste Handbuch für Archäologie. Er war ebenso wie Heyne an der Münzsammlung interessiert. Daher inventarisierte und katalogisierte er den Bestand. Als Müller 1840 im jungen Alter starb, folgte ihm Friedrich Wieseler. Dieser übernahm die Verantwortung für die Münzen und weitere archäologische Objekte wie Gipsabgüsse. Nach der Auflösung des Akademischen Museums setzte sich Wieseler für die Gründung eines eigenen Archäologisch-Numismatischen Institutes ein. Dabei wurden die archäologischen Objekte und das Münzkabinett aus den Sammlungen der Universitätsbibliothek ausgegliedert. Nun waren die Münzen nicht mehr von der Archäologie zu trennen. Der Begriff „Numismatisch“ entfiel mit der Zeit aus der Institutsbezeichnung, das Münzkabinett blieb aber an seinem Ursprungsort verankert.

Alte Sammlungen in der Gegenwart

Das Münzkabinett ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher Sammlungen von Münzen, Medaillen und anderen numismatischen Objekten. Die verschiedenen privaten Konvolute wurden zum Teil im Laufe der Geschichte des Instituts durch die Universität Göttingen aufgekauft oder gelangten durch Schenkungen an das Archäologische Institut.

So hinterließ Baron von Asch bereits im 18. Jahrhundert dem Institut eine große Originalsammlung mit russischen Münzen und Medaillen. Da diese schon so früh an das Archäologische Institut übergeben wurden, gilt ihre Echtheit als gesichert. Ein interessantes Beispiel dafür ist die sogenannte Bartkopeke, die selbst keinen Zahlungszweck hatte, sondern lediglich beweisen sollte, dass man die Steuern bezahlt hat, die Bartträger im 18. Jahrhundert in Russland zahlen mussten.

Sog. Bartkopeke, von Zar Peter dem Großen (1682-1725) in Russland 1705 eingeführt. Foto: Lena Heykes

Auch eine große Schenkung von arabischen Münzen durch den Arabisten Peter Bachmann aus den 1990er-Jahren ist mittlerweile bearbeitet und digitalisiert. Im Zweiten Weltkrieg hingegen wurden sogar Gelder aufgebracht, um eine Sammlung mittelalterlicher Münzen zu kaufen. Diese konnte bisher leider aus finanziellen und fachlichen Gründen noch nicht bearbeitet werden. Die Sammlung von Wilhelm Crönert war ebenfalls ein wichtiger Ankauf, da er griechische Münzen umfasste, die bis dahin eher weniger im Münzkabinett vertreten waren. Sie werden aktuell im Archäologischen Institut erforscht. Die über 9.000 römischen Münzen sind hingegen schon vor einiger Zeit aufgearbeitet und online publiziert worden.

Aber nicht nur Wissenschaftler*innen arbeiten mit den Münzen aus dem Münzkabinett. Auch Studierenden werden mit Seminaren oder Hilfskraftstellen immer wieder Möglichkeiten geboten, sich mit der Materie auseinanderzusetzen und an Objekten zu lernen.

Schublade mit mittelalterlichen Münzen aus dem Münzkabinett. Foto: Lena Heykes

Abgeschlossen zum Schutz von Kulturgütern

Aktuell werden von der Universität Göttingen Münzen oder Privatsammlungen nicht mehr angekauft. Vor allem damit der Handel mit antiken Münzen keinen Aufschwung erlebt. Das Befeuern des Antikenhandels versuchen viele Institute und andere Einrichtungen wie Museen zu verhindern. Zu hoch ist die Gefahr, dass es dadurch vermehrt zu Raubgrabungen kommt und so archäologische Stätten gefährdet werden.

Das Münzkabinett ist daher als überwiegend abgeschlossen zu bewerten. Nur gelegentlich kommen neue Medaillen hinzu, die die Universität Göttingen unter anderem für Studierende oder Dozierende als Auszeichnung besonderer Leistungen anfertigt. Ebenso selten sind Schenkungen einzelner Münzen. Sie nimmt Daniel Graepler gerne auf, wenn sie in die Sammlung passen.

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Was uns alte Kinderbücher über das politische Klima ihrer Entstehungszeit verraten

Die Objektspalte der Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur Sammlungsschaufenster, Foto: Martin Liebetruth

Die Objekte der Göttinger Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur haben eine steile Karriere hingelegt. Was vor hundert Jahren noch Kindern als Zeitvertreib diente und nur aus ein paar dünnen, bestenfalls bunt bedruckten Seiten besteht, ist heute ein Forschungsobjekt von großem Wert. Bücher sind für Kinder oft der erste Zugang zur Welt außerhalb des eigenen Lebens – entsprechend hat man sie schon immer genutzt, um jungen Menschen Werte, Ideen und Weltbilder zu vermitteln.

Hartmut Hombrecher, Kustos der Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur, Foto: Eva Völker

„Kinder- und Jugendbücher zeigen uns bis heute nicht nur viel über historisch und regional verschiedene Vorstellungen davon, was Kindheit eigentlich ausmacht“, sagt Dr. Hartmut Hombrecher, Kustos der Sammlung, „in ihnen wird auch besonders deutlich, welche Diskurse eine Gesellschaft für wichtig hält und welche Ideen an nachfolgende Generationen weitergegeben werden sollen“. Öffentliche Bibliotheken haben dieses kulturhistorische Potenzial lange unterschätzt. Darum stammen auch die meisten Bände der Göttinger Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur aus privaten Sammlungen, die ab den 1960er Jahren aufgekauft oder als Schenkungen angenommen wurden. Die Göttinger Sammlung wächst noch immer. Heute wird sie nicht nur der Forschung zur Verfügung gestellt, sondern auch regelmäßig in der universitären Lehre genutzt.

Zwei Jugendbücher aus dem Jahr 1938 mit sehr unterschiedlichen Mädchenbildern, Foto: Martin Liebetruth

Mädchenfiguren 1938: Dort Freiheitsdrang…

In der Spalte des Sammlungsschaufensters im Forum Wissen kann man die unterschiedlichen Prägungen der Kinderliteratur besonders deutlich sehen, wenn man die Bücher miteinander vergleicht.

Im Mittelpunkt des ausgestellten Romans Bibi lernt Landwirtschaft (Zürich 1938) steht das Mädchen Bibi. Die Figur wurde 1928 von Karin Michaëlis (1872–1950), einer dänischen Autorin, Journalistin und Feministin, erfunden und tobte sich in den nächsten 10 Jahren in insgesamt sechs Jugendbüchern aus. Seit dem Tod ihrer Mutter, einer Grafentochter, lebt die abenteuerlustige und offenherzige Bibi einträchtig mit ihrem „Paps“ zusammen. Gegen ihn setzt sie aber auch immer wieder ihren eigenwilligen Kopf durch.

Bibi ist Mitglied einer Mädchenbande, die sich „die Verschworenen“ nennt. Gemeinsam schwärmen die fünf Mädchen in Bibi lernt Landwirtschaft für den neuen, jungen Pastor. Eine so offene und ausführliche Thematisierung erster Verliebtheit – zumal zu einem Pastor – war damals die Ausnahme. Die heile Welt währt aber nicht lange: Als eine große Bank pleite geht, verlieren Bibis Großeltern ihren Hof und ihr Betriebskapital, das sie teilweise für die Enkelin in Aktien angelegt hatten. Für Bibi ist das keine Tragödie: Dass sie nun eben einen Beruf erlernen und ausüben wird, wirkt selbstverständlich. Der Roman entwickelt hier deutlich eine republikanische und sozialdemokratisch geprägte Vorstellung von Gesellschaft. 

Frisch konfirmiert kommt Bibi auf einen Bauernhof und macht dabei schöne wie schwierige Erfahrungen. Die Strapazen werden recht realistisch dargestellt; unter anderem muss Bibi mit einem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche zurechtkommen. Inspirierend wirkt auf Bibi die Bekanntschaft mit einer Witwe, die sich mit ihren fünf Söhnen weitestgehend selbst versorgt. Die wirtschaftliche und soziale Eigenständigkeit von Frauen wird ebenso präsentiert wie Arbeit zum Wohle der Gemeinschaft. Im Zentrum stehen das Individuum und seine Wünsche, immer eingebettet in die Gesellschaft.

Foto: Eva Völker

… hier Aufopferung für das Vaterland

Deutlich andere Prioritäten setzt die Protagonistin Gundula in Ein Mädel in der Front (Berlin 1938) der Schriftstellerin und Zeichnerin Suse von Hoerner-Heintze (1890–1978). Gundula entspricht einem Frauenideal, das besonders die Fürsorglichkeit und Aufopferungsbereitschaft in den Vordergrund stellt. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, ziehen ihr Vater und ihr Bruder in den Krieg. Gundula selbst scheut keine Mühen, um sich als Krankenschwester ausbilden zu lassen und den Verwundeten zu helfen. Außerdem pflegt sie ihren verletzten Vater mit größter Hingabe.

Was Gundula und Bibi gemeinsam haben, ist die Bereitschaft zum Arbeiten außerhalb des häuslichen Umfelds. Gundula beginnt ihre Ausbildung zwar wegen des Krieges, betont aber immer wieder, dass sie schon immer Krankenschwester werden wollte. Das ist kein Zufall, sondern passt gut in Geschlechterrollen, die für Frauen an erster Stelle Care-Tätigkeiten vorsehen.

Auch Gundula setzt ihren Willen manchmal durch, aber bleibt insgesamt Vater und Mutter hörig. Ein Jahr vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges präsentiert Hoerner-Heintze in ihrem Mädchenbuch das idealisierte Vorbild einer zurückhaltenden jungen Frau, die sich den vorgegebenen Werten nicht nur unterordnet, sondern sie geradezu verkörpert. Entsprechend wenig individuell ist die Figur angelegt. Damit wird den jungen Leserinnen vorgeführt, wie sie sich im Sinne der nationalsozialistischen Idee einer ‚Volksgemeinschaft‘ zu verhalten haben.

Entsprechende Ideen wurden in der Kinder- und Jugendliteratur auch nach 1945 weiter vermittelt. Während Ein Mädel in der Front keine Neuauflage in der Bundesrepublik erhielt, sind zahlreiche andere Texte in leicht bereinigter Fassung teils bis in die Gegenwart auf dem deutschen Buchmarkt geblieben.

Progressive Kinderbücher aus unterschiedlichen Jahrzehnten, Foto: Martin Liebetruth

Hier gibt es mehr zu entdecken…

Die Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur Göttingen gehört mit etwa 35.000 Objekten zu den größten im deutschsprachigen Raum. Die Bücher, Papierspiele und weiteren Medien stammen aus dem Zeitraum vom frühen 18. bis zum späten 20. Jahrhundert. Schwerpunkte der Sammlung sind die Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik, der NS-Zeit, Bilderbücher und Märchenbücher. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, die Bestände während der Öffnungszeiten vor Ort zu nutzen.

Ein Beitrag von Antonia Roedszus, Jaqueline Stephan und Hartmut Hombrecher

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Das ganze Leben ist Chemie!

Die Sammlung der Göttinger Chemie präsentiert ein besonders modernes Exponat bei uns im Sammlungsschaufenster: einen sogenannten Bioreaktor. Für ein Objekt im Museum der Göttinger Chemie ist dieses Exponat ziemlich jung; das Göttinger Unternehmen Sartorius hat es 2019 hergestellt und viele Labore nutzen es derzeit weltweit. “Der Bioreaktor ist eine Spende von Sartorius und er ist fabrikneu”, erklärt Dr. Ulrich Schmitt, der Kustos des Museums an der Fakultät für Chemie.

Ulrich Schmitt stellt den Bioreaktor ins Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth

Seine Sammlung ist facettenreich und enthält neben überwiegend historischen Exponaten nur wenige aktuelle Objekte aus der chemischen Forschung. Konventionell werden für viele chemische Arbeiten im Laboratorium vor allem Geräte und Apparaturen aus Glas verwendet. Deshalb präsentiert der Kustos auch in der oberen Vitrine des Sammlungsschaufensters eine Auswahl typischer Glasgeräte für chemische Laborpraktika (zahlreiche weitere Gerätschaften könnt ihr in der Basisausstellung des Forum Wissen im Raum Labor sehen).

Typische Glasgeräte für Laborpraktika im Sammlungsschaufenster. Foto: Leonie Bathow

Besonders im Bereich der Biochemie verwenden die Wissenschaftler*innen in neuerer Zeit vermehrt auch Laborgeräte aus modernen Kunststoffen, wenn dies von Vorteil ist. Hierzu gehört der schon genannte Bioreaktor, der aus Polycarbonat besteht. Er ist als Bestandteil einer größeren Apparatur ein wichtiges Hilfsmittel in der biochemischen Spitzenforschung. “Ein Reaktor ist einfach eine besondere Art von Gefäß, in dem bestimmte wissenschaftlich untersuchbare chemische Prozesse ablaufen”, erläutert der Kustos. An den Reaktor können verschiedene Schläuche, Filter und Adapter angeschlossen werden. Über diese können die Chemiker*innen dann beispielsweise Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid hinzufügen oder fernhalten. Auch ein Rührwerk für die Durchmischung von Flüssigkeiten ist Teil des Reaktors.

Der Bioreaktor, hergestellt 2019 vom Göttinger Unternehmen Sartorius. Foto: Martin Liebetruth

In der biopharmazeutischen Forschung werden in solchen Reaktoren spezifische Zellen unter geeigneten kontrollierten Bedingungen (Nährmedium, Temperatur, pH-Wert) kultiviert und erforscht – beispielsweise zur Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen Viren und (eher noch Zukunftsvision) gegen Krebs. Die Zellen sind im Grunde kleine ‚chemische Fabriken‘, die genetisch so ‚programmiert‘ werden können, dass sie die gewünschten Moleküle produzieren.

Ein Stück Zeitgeschichte

Durch die COVID-19-Pandemie kam die biopharmazeutische Forschung mit der schnellen, erfolgreichen Impfstoffentwicklung in die Medien. Die lebenswichtige Bedeutung von biochemischer Forschung wurde gesellschaftlich heiß diskutiert. Aufgrund dieser Aktualität hat sich Ulrich Schmitt für die Präsentation des Bioreaktors entschieden. Mit einem baugleichen Exemplar wurde nämlich die erste Charge eines auf neuartiger mRNA-Technologie basierenden Corona-Impfstoffes hergestellt.

Der Kustos ist stolz, dieses Objekt in seiner Sammlung zu haben. Es bildet ein Stück aktueller Zeitgeschichte ab und passt perfekt in das Konzept seiner vergleichsweise jungen Sammlung – die es erst seit 1979 gibt. Für die Präsentation im Sammlungsschaufenster hat sich Ulrich Schmitt noch auf die Suche nach leeren Ampullen des Corona-Impfstoffes gemacht. Diese könnt ihr ebenfalls in der Vitrine betrachten. Ob sie bald von historischem Wert sein werden?

Leere Ampullen des Corona-Impfstoffes. Foto: Leonie Bathow
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Wir eröffnen das Forum Wissen 🎈

Pfingsten ist es soweit! Wir öffnen unsere Türen und laden alle ganz herzlich ins Forum Wissen der Uni Göttingen ein.

Aufnahme von der Einweihung des Forum Wissen. Foto: EBR

Um 10 Uhr geht es am Samstag los: Wer möchte, kann dann die Räume des Wissens entdecken. Unsere Kommunikator*innen freuen sich schon darauf, sie den Besucher*innen zu zeigen.

Pelin, Louisa und Dion im Raum Schränke. Foto: Martin Liebetruth

Zur Eröffnung gibt es die Chance, die Köpfe hinter der Ausstellung kennenzulernen und einen Blick ins Making-Of des neuen Göttinger Wissensmuseum zu werfen. Alle Infos zu unserem Programm finden sich auch auf unserer Website www.forum-wissen.de

Die Bubble Chairs im Salon. Foto: Louisa Hartmann

Übrigens: Angehörige der Uni Göttingen können bereits am Freitag (3.6.) kommen. Für alle anderen sind wir ab Samstag – und sogar Pfingstmontag – von 10 bis 18 Uhr da. Der Eintritt ist frei! 🤗

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Fundstücke aus dem Göttinger Grass-Archiv

Als Katrin Wellnitz, Heinrich Detering und Christian Fieseler vom Günter Grass-Projekt der Uni Göttingen Ende 2018 unzählige Kisten vom Steidl Verlag erhielten, wurde das Öffnen jeder einzelnen zum Abenteuer: Die Pakete vom Steidl Verlag waren reich gefüllt mit Dokumenten zum Werk von Günter Grass, vor allem zur Zusammenarbeit des Autors mit seinem Göttinger Verleger.

Heinrich Detering mit dem Buchumschlag von »Zunge zeigen«, den Günter Grass selbst entworfen hat. Foto: Svenja Brand

Was eine Tischdecke über den Autor verrät

Unser Team entdeckte in den Kisten erwartete und erhoffte, aber auch gänzlich überraschende Fundstücke, die uns in ihrer Vielfalt mehr über Günter Grass als Autor, als Buchkünstler, aber auch als Mensch verrieten – und zwar in einer erlebbaren und anschaulichen Weise, die durch keine Biografie zu vermitteln ist. Eine unserer ersten Überraschungen fanden wir in einer Kiste mit Archivmaterial zu dem Gedicht-Bild-Band »Letzte Tänze« von 2003: Es handelt sich um eine weiße Tischdecke, die, reich beschrieben und mit Rotweinflecken bekleckst, Eindrücke von einem geselligen, ausgelassenen Abend mit Günter Grass vermittelt.

Ausschnitt der beschrifteten Tischdecke. Foto: Svenja Brand © Steidl Verlag

Anlässlich der Buchpremiere von »Letzte Tänze« waren bei der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2003 Grass-Freund*innen zusammengekommen, um mit dem Autor einen kulinarischen, literarischen und auch tänzerischen Abend zu verbringen, und die Tischdecke zeugt von dem heiteren Beisammensein. Verlagsmitarbeiter*innen und Übersetzer*innen verewigten sich ebenso auf der Tischdecke wie der Autor selbst: Er unterschrieb mit »Euer aller Eintänzer« und nahm damit nicht nur auf seinen neuen tänzerischen Text-Bild-Band Bezug, sondern auch auf den »schmissigen Tango«, mit dem er seine »Tanzparty« eröffnete.

Grass’ Signatur auf der Decke. Foto: Svenja Brand © Steidl Verlag

Die Geschichte der Tischdecke und des Tanzabends zeichnet Svenja Brand auf unserer Projektseite nach. Dabei wird deutlich, wie Grass Literatur und Geselligkeit miteinander zu verbinden wusste.

Svenja mit einem Werbeplakat zu Grass’ barocker Erzählung »Das Treffen in Telgte«. Foto: Katrin Wellnitz

Die Geschichte eines Abends

Diese rekonstruiert Max Rauser, und zwar am Beispiel einer samtenen Nobelpreistasche, in der wir einen längst vergessenen Goldschatz fanden: Schokoladentaler, die wie Nobelmedaillen geprägt sind. Sie lagen auf den Banketttischen aus, an denen 1999 die Vergabe des Nobelpreises gefeiert wurde – unter anderem von Günter Grass, seiner Familie und seinen Freund*innen.

Nobelpreistasche und “Goldschatz”. Foto: Max Rauser

Grass hatte den Nobelpreis bekommen, »[w]eil er in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet hat«. Das betrifft nicht nur seinen kleinen Blechtrommler und selbsternannten Däumling Oskar Matzerath, der manchmal wütend, manchmal kunstvoll trommelnd die Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Verarbeitung in der Nachkriegszeit lebendig hält, sondern auch all die anderen Figuren aus Grass’ Werk, die nicht müde werden, Geschichte wiederzuerzählen.

Max Rauser bei der Arbeit im Grass-Archiv. Foto: Max Rauser

Grass zeichnete dabei viele Gesichter nach, die alle auf ihre Weise ein Stück Geschichte bewahren und dynamisch weitertragen. Ein so greifbarer Fund wie die in die Jahre gekommene, wahrscheinlich von allen längst vergessene Nobelpreistasche erinnert uns an den Menschen Grass, der mit seinen Figuren auf Weltentdeckung ging und der in seinen Schreibpausen gerne ausgelassene Feste feierte – nicht ohne die Kunst mitspeisen und mittanzen zu lassen. Max Rausers Beitrag »Blauer Samt und alte Schokolade« gibt weitere Einblicke in diesen besonderen Abend.

Das Team und sein Projekt

Seit 2018 hat sich einiges verändert. Die meisten Bestände sind katalogisiert und archiviert, sodass Wissenschaftler*innen in Zukunft damit arbeiten können. Das Archiv-Team hat sich zu einer Grass-Arbeitsstelle weiterentwickelt, die Grass’ Werk aus ganz verschiedenen Perspektiven erforscht. Wir haben gemeinsam ein Buch geschrieben, das Grass als Buchgestalter vorstellt und spannendes Archivmaterial erstmals zugänglich macht. Es soll voraussichtlich im Herbst 2022 erscheinen. Gleichzeitig entstehen Abschluss- und Qualifizierungsarbeiten zum Werk von Grass, die teilweise das Göttinger Archivmaterial mit in die Forschung einbeziehen. Auch haben wir das Archivmaterial im Rahmen von Seminaren in die Lehre integriert und Studierenden die Arbeit im Literaturarchiv vorgestellt. Dabei haben wir den Büchermacher Grass und sein Werk aus ganz neuer Perspektive kennengelernt.

Das Team der Göttinger Grass-Arbeitsstelle, Sommer 2020: Jacqueline Gwiasdowski, Corinna Beermann, Max Rauser (oben), Lisa Kunze, Katrin Wellnitz, Svenja Brand, Christian Fieseler (unten). Foto: Heinrich Detering

Und schließlich haben wir damit begonnen, spannende, uns ganz persönlich berührende, heitere Archiv-Fundstücke in Wort und Bild auf unserer Internetseite zu präsentieren. In regelmäßigen Abständen werden wir neue Fundstücke aus den Kisten nehmen und dort erstmals vorstellen. Neben all den Entdeckungen in ganz unterschiedlichen Formaten lassen sich auch textuelle Überraschungen ausmachen.

Mit Schreibmaschine und Blickwechsel

Von Grass korrigierte Druckfahnen oder Typoskripte erlauben uns textkritische Einblicke in den Entstehungsprozess seiner Werke: etwa gestrichene Wörter in einem Typoskript zu »Mein Jahrhundert« von 1999.

Von Grass korrigierte Seite aus einem nicht datierten Typoskript zu »Mein Jahrhundert«, Kopie des Originals aus der Sammlung des Lübecker Günter Grass-Hauses. © Günter und Ute Grass Stiftung

Passend zur Jahrhundertwende hat Grass für jedes Jahr von 1900 bis 1999 je einen Kurztext verfasst, der aus unterschiedlichen Perspektiven das 20. Jahrhundert würdigt. Ein dieses Jahrhundert durcheilendes Ich weist immer wieder auf den Autor selbst zurück, auf seine Erfahrungen und historischen, oft auch politischen Reflexionen.

Lisa Kunze bei der Analyse des Archivmaterials. Foto: Heinrich Detering

Projektmitarbeiterin Lisa Kunze hat im Archiv die Kopie einer korrigierten Typoskriptseite entdeckt und eine für das Buchkonzept wesentliche Streichung analysiert: So beobachtet sie, wie dem ersten Satz des Jahrhundertbuches im Entwurf das so bezeichnende, weil auf den in jeder Geschichte, in jeder Stimme anwesenden Autor verweisende »Ich« vorangestellt wird. Hier ist ihr Beitrag über die erste Typoskriptseite von »Mein Jahrhundert« zu lesen »Das vielzählige Ich«.

Düster, grotesk, verspielt – »Hundejahre«

Umschlag zur »Hundejahre«-Ausgabe von 1963, erschienen im Verlag Luchterhand. © Günter und Ute Grass Stiftung

Mitunter kann das Archivmaterial auch dabei helfen, bereits bekannte Werke noch einmal aus ganz neuem Blickwinkel zu beleuchten. Motiviert durch Einbandentwürfe zu Grass’ illustrierter Jubiläumsausgabe der »Hundejahre« von 2013 habe ich mich zum Beispiel mit der Konzeption dieses zuerst 1963 veröffentlichten Romans auseinandergesetzt. Schon der Romantext weist neben den düsteren, menetekelnden Grundtönen eine inhaltliche und formale Verspieltheit auf, die charakteristisch ist für Grass’ Werk –  nur dass sie in ihrem experimentellen Charakter besonders stark aus diesem monumentalen Roman hervorscheint.

Motivauswahl für das »Zweite Buch« der »Hundejahre«-Ausgabe von 2013. © Günter und Ute Grass Stiftung

Die Illustrationen, die Grass nach gut 50 Jahren für seine Jubiläumsausgabe anfertigte, sind dann ebenfalls mal düster und unheilvoll, mal grotesk und verspielt geraten. So lässt sich die weite, vielseitige und spannungsreiche Welt der »Hundejahre« auch in Bildern wiederlesen. Doch keine Illustration vermag dies wiederum so anschaulich und selbstreflexiv bildhaft zu machen wie die schon 1963 auf den Umschlag gesetzte Zeichnung von der schattenspielenden, einen Hundekopf mimenden Hand. So ›bühnenbegabt‹ ist diese Hand, dass die Betrachtenden eher einen Hund als eine Hand auf dem Umschlag zu sehen meinen. Dieses Motiv hat Grass für die Jubiläumsausgabe vielfach variiert und damit den inszenatorischen Charakter des Werks noch einmal auf ganz neue Weise unterstrichen.

Ich selbst auf der Suche nach Archivschätzen. Foto: Svenja Brand

Die Arbeit mit dem Archivmaterial ist vielseitig und inspiriert das Göttinger Grass-Team immer wieder zu neuen Forschungsideen. Die facettenreichen Interessen des Autors färben dabei auch auf unsere Forschung ab: Seine Liebe zur Literatur wird auf erfrischende Weise mit seiner Liebe zum Buch verbunden, sein Interesse an der Schrift mit seinem Interesse am Bild zusammengedacht. Das Archivmaterial motiviert dazu, über den Tellerrand zu schauen, neue Forschungsgebiete zu erschließen und die Göttinger Grass-Forschung neugierig und engagiert voranzutreiben.займ онлайн круглосуточно без отказа безработным

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Hinter den Kulissen Sammlung

Ein echter Linné im Göttinger Herbarium

Beim Digitalisieren des Herbariums stieß ich auf eine Pflanze, deren Etikett die Abkürzung „h.L.“ trug. Ich stutzte: Es war die Sammlung des Botanikers Jakob Friedrich Ehrhart, einer der letzten Schüler Carl von Linnés in Uppsala. Es ist bekannt, dass Linné ihm Herbarpflanzen geschenkt hatte.

Herbarbeleg mit originaler Handschrift und Barcode für das Digitalisat. Foto: Natascha Wagner.

„h.L.“ – Herbarium Linnaeus!

War das ein originaler Herbarbeleg des berühmten Botanikers? Ehrharts Biografie sprach dafür: Nach seiner Zeit in Uppsala wurde der Schweizer Direktor der Herrenhäuser Gärten in Hannover und mit seinem Tod gelangte sein Herbarium an die Göttinger Universität. In einem 1824 erschienenen Katalog des Ehrhart-Herbariums fand ich zudem die Abkürzung „h.L.“. Sie steht für „Herbarium Linnaeus“.

Ich in einem der acht Sammlungsräume des Göttinger Herbariums. Foto: Natascha Wagner.

Damit hatte ich einen ersten Hinweis, dass es sich tatsächlich um eine von Linné gesammelte und gepresste Pflanze handeln könnte. Ein weiterer Hinweis war, dass Linné in seiner einflussreichen Publikation Species Plantarum die Nummer „5“ für die Art Holcus odoratus, das duftende Mariengras, verwendete. Beides – Nummer und Artname – ist auf unserem Etikett vermerkt. Mittlerweile hat die Linnean Society bestätigt, dass es sich um eine von Linné gesammelte Pflanze handelt und die „5“ in Linnés Handschrift geschrieben ist.

Carl von Linné – Begründer der modernen biologischen Nomenklatur

Der Schwede Carl von Linné (1707–1778) ist sicherlich der bekannteste Botaniker aller Zeiten. Er wurde vor allem durch seine hierarchische Klassifikation von Pflanzen, Tieren und Mineralien sowie durch die Etablierung der binominalen Nomenklatur berühmt. Mit dieser neuen Art, Organismengruppen wissenschaftlich zu benennen, löste der Naturforscher die häufig langen Artbezeichnungen in lateinischer Sprache ab.

Mitten in diesem Faszikel verbirgt sich die Pflanze von Linné. Foto: Natascha Wagner.

Linné verwendete stattdessen nur zwei Wörter: Eins charakterisiert die Gattung, das andere die Art. Diese Methode erwies sich als äußerst praktikabel und stellt den Ausgangspunkt der modernen Nomenklatur dar. Linnés Herbarium befindet sich heute in den Sammlungsschränken der Linnean Society in London und nur wenige andere Institutionen besitzen Pflanzen, die Carl von Linné gesammelt hat. Seit kurzem gehört auch das Göttinger Herbarium zu diesem illustren Kreis.

Hier digitalisieren wir unsere Herbarbelege. Foto: Natascha Wagner.

Eine riesige Schatztruhe – das Göttinger Herbarium

Die etwa 800.000 getrockneten Pflanzen unserer Sammlung stammen aus der ganzen Welt. Die ältesten unter ihnen sind mit über 300 Jahren sogar älter als die Göttinger Universität. Genauso spannend wie die Pflanzen selbst sind auch die unzähligen Sammler*innen und ihre Reisen, auf denen sie die Pflanzen gesammelt haben. Daher haben wir im Herbarium zum Beispiel Pflanzen, die Alexander von Humboldt (1769–1859) in Ecuador am Fuße des Chimborazo sammelte – der damals als höchster Berg der Welt galt. Georg Forster (1754–1794) brachte viele neue Arten von der zweiten Südseereise James Cooks mit und Amalie Dietrich (1821–1891), eine der ersten Pflanzenjägerinnen, verdanken wir eine außergewöhnliche Sammlung australischer Moose.

Von Linné gesammelt: das duftende Mariengras. Foto: Marc Appelhans.

Gibt es noch mehr Linnés, Humboldts etc. in Göttingen?

Zurzeit haben wir weniger als 10 Prozent der Pflanzen im Göttinger Herbarium digitalisiert und datenbanklich erfasst. Daher kann es durchaus sein, dass weitere Herbarbelege von Linné oder anderen bedeutenden Botaniker*innen auftauchen. Wir finden zum Beispiel regelmäßig neue Typusbelege, also Pflanzen, die für die Erstbeschreibung einer neuen Art verwendet worden sind und die eine Art „Geburtsurkunde“ darstellen. Es gibt also noch viel zu tun und viel zu entdecken.

Der Autor ist Kustos des Göttinger Universitätsherbariums. лучшие банки где взять кредит потребительский