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Un | entdeckt: Göttingens botanische Lehrtafeln

Über 2.000 botanische Wandtafeln schlummerten hinter Vorhängen und in Schränken verborgen im Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Göttingen. Unbewegt und über viele Jahre kaum genutzt, waren sie im Vorraum zum Hörsaal gelagert worden – bis die Zentrale Kustodie die Sammlung übernahm, sie bewahrte und ihr neues Leben einhauchte. 2018 wurden die Tafeln in einem zweiwöchigen Sprint digitalisiert und umgesiedelt, doch bis heute ist der Bearbeitungsprozess nicht ganz abgeschlossen. Dies ist die Geschichte des un | entdeckten Schatzes der Göttinger botanischen Lehrtafeln.

Lagerung der Tafeln im Albrecht-von-Haller Institut. Foto: Friederike Röpke.

Eingerollt, eingestaubt und wiederentdeckt

Ich hob die etwa einen Meter lange Papierrolle hoch und eine Staubwolke kam mir entgegen. Nach einem kurzen Hustenanfall war ich mir sicher, dass ich beim nächsten Mal einen Mundschutz tragen werde. Mit Handschuhen und einer Leiter ausgestattet stand ich im Albrecht-von-Haller-Institut und zählte die teils eingerollten, teils aufgehangenen, teils in Schränken verstauten Lehrtafeln. Es war im Februar 2018 und meine Aufgabe als studentische Hilfskraft der Zentralen Kustodie bestand darin, die Menge und den Zustand der pflanzenwissenschaftlichen Tafeln zu sichten. Dass unter diesen verstaubten Tafeln ein regelrechter Schatz an verschiedenen Wandtafeln aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert lagerte, habe ich zu dem Zeitpunkt schon geahnt, den Umfang aber bei weitem nicht einschätzen können.

Geputzt und fotografiert: der Digitalisierungssprint 2018

Der Digitalisierungssprint begann im März 2018. Eine Gruppe von sechs Student*innen, die zwei Wochen lang von morgens bis abends die Tafeln entstaubten, entrollten, ab- und wieder aufhängten, fotografierten, inventarisierten, alles in allem: digitalisierten. Dafür bauten wir eine Digitalisierungsstation im Hörsaal des Albrecht-von-Haller-Instituts auf.

Unsere Digitalisierungsstation. Foto: Karsten Heck.

Wir waren in Gruppen eingeteilt: Zwei von uns waren für das Säubern und Eintragen der Metadaten in die Datenbank naniweb zuständig. Zwei andere arbeiteten an der Fotostation – eine Person hinter der Kamera, die andere drehte die Tafel, sodass sowohl Vorder- als auch Rückseite abgelichtet werden konnten. Zwei weitere kümmerten sich um die Logistik: Eine transportierte die Lehrtafeln vom Vorraum des Hörsaals zu den jeweiligen Stationen und die andere holte die Tafeln von der Stange bzw. brachte sie entstaubt und fotografiert – also fertig digitalisiert – wieder zurück an ihren Platz. In diesem Video von Michael Markert wurde der Sprint eingefangen.

Umzug der Tafeln aus dem Albrecht-von-Haller-Institut in die Zentrale Kustodie. Foto: Detlef Schnier.

Übrig blieben die kleineren, liegenden, in der Regel älteren Tafeln aus den Schränken. Diese brachten wir in die Zentrale Kustodie im Auditorium. Wir digitalisierten sukzessive die restlichen Tafeln, unter anderem vor Publikum am Tag der offenen Sammlung im Mai. Somit konnten die Besucher*innen live einen Einblick in die Digitalisierungsarbeit der universitären Sammlungen erhalten. Im Juli 2018 waren dann alle Wandtafeln fotografiert, in der Datenbank erfasst und konnten in den neuen Depotraum umziehen.

Geordnet und veröffentlicht: die Datenbankarbeit 2018–2020

Bei der Eingabe der Tafeln in die Datenbank waren häufig zunächst vorläufige Inventarnummern vergeben worden. Nun arbeitete ich mich durch das System zur Ordnung der Lehrtafeln hindurch. Denn die insgesamt 2.095 Tafeln stammten entweder aus verschiedenen publizierten Reihen oder waren am Institut selbst hergestellt worden: etwa 1.400 handgezeichnet und koloriert! Ein kleiner Teil davon, der älteste, enthielt einige originale Vorlagen für Publikationen von Albert Peter, Professor für Botanik in Göttingen von 1888 bis 1923. Er hatte selbst Reihen von Lehrtafeln veröffentlicht. Neben Titeln und Metadaten erfasste ich auch Angaben zu den Hersteller*innen, beteiligten Personen und/oder  Institutionen.

Ich während der Digitalisierung beim Tag der offenen Sammlungen Mai 2018. Foto: Peter Heller.

Es stellte sich heraus, dass sich unser publizierter Bestand von fast 700 Tafeln aus etwa 20 verschiedenen Reihen von botanischen Lehrtafeln zusammensetzte. Die inhaltliche Vielfalt erstreckte sich von heimischen Giftpflanzen über Zellwachstum und morphologischen Darstellungen bis hin zur Verbreitung von Pflanzenarten. Die großformatigen Blätter waren oftmals Lithographien, die Pflanzen in Ansichten, Details und Schnitten zeigten, aber auch Landschaftsdarstellungen.  Selbst wenn das in den Tafeln dargestellte Fachwissen heute teilweise obsolet sein mag, ist doch die historische Bedeutung im Hinblick auf eine spezifische Lehrpraxis und einen wissenschaftlichen Kanon durch sie in anschaulicher Weise festgehalten. Zudem beeindrucken die botanischen Lehrtafeln durch ihren visuellen Reichtum.

Eine meiner Favoriten: Taxus baccata. Aus dem Dodel-Port Atlas. Carolina Dodel-Port sec. Dr. W. Kellermann & ad nat: del., J.F. SCHREIBER.ESSLINGEN. Foto: Zentrale Kustodie.

Ausgemalt und ausgestellt: Die Zukunft der Tafeln

Die Tafeln, die nun an ihrem neuen Platz schlummern, sind zumindest digital noch lebhaft in Bewegung. Sie sind im Sammlungsportal der Universität veröffentlicht und wurden zudem kürzlich im Rahmen des Coding da Vinci Niedersachsen (ein Hackathon für offene Kulturdaten) von einem Team ausgewählt. Dieses möchte aus dem Bildmaterial einen Mandala-Generator namens „Plantala“ generieren: Die entstandenen Mandalas kann man dann herunterladen, ausdrucken und beliebig ausmalen. Ein zweites Team interessiert sich dafür, ob die hochauflösenden Bilder, in denen viel Text versteckt ist, mittels Methoden des machine learnings analysiert werden können. Vielleicht entwickeln sich noch weitere Möglichkeiten zur digitalen Nutzung der Tafeln – sei es, um diese weiter zu erschließen und zum Beispiel die heutige, aktuelle Taxonomie zu ergänzen oder gar die Schrift zu transkribieren. Im Digitalen ist der Arbeit mit den Tafeln eigentlich kein Ende gesetzt. Während die Sammlung heute im Depot schlummert, holen wir die Tafeln digital ins 21. Jahrhundert.

Die Tafeln in ihrem neuen Depot im Auditorium. Foto: Detlef Schnier.

Zudem werden einige botanische Lehrtafeln im künftigen Forum Wissenкредитная карта без отказа онлайн с доставкой sichtbar sein. Welche das sind und wo sie hängen, wollen wir an dieser Stelle nicht verraten. Sie sollen ja die Möglichkeit haben, sie selbst zu entdecken!

Die Autorin ist studentische Hilfskraft in der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen.

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Forum Wissen

Hybride Beratung fürs Forum Wissen

Der Countdown läuft: In gut zwölf Monaten soll das Forum Wissen eröffnet werden. Auf der letzten Bergetappe gilt es noch einige Weichen zu stellen. Daher ist es für die Universität besonders wichtig, den Externen Wissenschaftlichen Beirat zu befragen. Die regulär im Frühjahr des Jahres stattfindende Sitzung hatten wir coronabedingt absagen müssen.

Hybride Beiratssitzung im Alfred-Hessel-Saal der SUB Göttingen.

Der Beirat wurde 2013 gegründet, um unsere Arbeit und insbesondere die Konzeption und Umsetzung des Forum Wissen zu begleiten und zu unterstützen. Ihm gehören 15 Personen aus dem In- und Ausland an: allesamt erfahrene Wissenschaftler*innen, Direktor*innen großer Museen, Expert*innen der Konservierungswissenschaft und leitende Personen aus dem Stiftungssektor. Ihre Erfahrungen, Ideen, Ratschläge und kritischen Anmerkungen sind immer wieder hilfreich und willkommen. Je näher das Eröffnungsdatum des Forum Wissen rückt, desto wichtiger ist es nun, alles rechtzeitig zu bedenken und punktgenau zu realisieren.

Wie in Corona-Zeiten die vielfältige Unterstützung einzuholen?

Ivan Gaskell, Leiter der Focus Gallery am Bard Graduate Center in New York und Michael Conforti, ehemaliger Direktor des Clark Art Institutes in Massachusetts, dürfen aufgrund internationaler Covid-19-Reisebeschränkungen nicht anreisen – ebenso wenig David Gaimster, Direktor des Nationalmuseums in Auckland/Neuseeland und Steph Sholten, Direktor des Hunterian Museums der Universität Glasgow. Auch Marika Hedin, Direktorin der größten schwedischen Stiftung, zieht es aus Infektionsschutzgründen vor, auf Auslandsreisen zu verzichten. Dennoch tagt der Beirat am Montag, 28. September 2020, in Göttingen. Mit dabei: Bernhard Graf, ehemaliger Direktor des Institutes für Museumsforschung, Patricia Rahemipour, Direktorin des Instituts für Museumsforschung, und Anja Schaluschke, Direktorin des Museums für Kommunikation in Berlin. Auch Helmut Trischler, Leiter der Abteilung Forschung am Deutschen Museum in München, und Thomas Thiemeyer, Direktor des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft an der Universität Tübingen, reisen an.

Hybrid und mit Pioniergeist

Die Beiratssitzung findet als Hybridsitzung statt: Das bedeutet, dass wir im großen Vortragsraum der SUB Göttingen, im Alfred-Hessel-Saal, an weit voneinander entfernt stehenden Tischen sitzen – sechs Beiratsmitglieder, der Präsident der Universität, Reinhard Jahn, sowie das Team der Zentralen Kustodie. Auf der großen Leinwand im Hintergrund schalten sich sechs Beiratsmitglieder hinzu, die aus New York, Washington, Stockholm, Glasgow und Frankfurt und Kassel digital an der Sitzung teilnehmen. Die Fenster stehen während der ganzen Besprechung offen und alle halten wegen der Corona-Pandemie den erforderlichen Abstand. Sobald wir den zugewiesenen Platz eingenommen haben, dürfen wir die Masken abnehmen.

Zugeschaltet aus Stockhom, Dr. Marika Hedin, Chief Executive Officer Riksbankens Jubileumsfond.

Es hat einiges an technischer Vorbereitung dazugehört, um einerseits alle Vorkehrungen zum Infektionsschutz zu treffen und andererseits dafür zu sorgen, dass die Qualität der Diskussion möglichst genauso gut ist wie vor Corona-Zeiten. Damals traf sich der Beirat einmal im Jahr in Göttingen. Die Stimmen der Kolleg*innen, die weit entfernt an ihren Bildschirmen sitzen, sind über Raumlautsprecher zu hören. Die Teilnehmer*innen der Präsenzsitzung sprechen in Mikrofone – so sind ihre Worte in Göttingen ebenso gut zu hören wie in New York. „Die Qualität der Ton- und Bildübertragung war hervorragend. Wir konnten uns ohne technische Unterbrechungen mit den Inhalten auseinandersetzen“, so Anja Schaluschke.

Solange uns die Pandemie im Griff hat, sammeln wir Erfahrungen, wie wir derartige Sitzungen technisch optimieren können. Für den Moment entwickeln die Mitarbeiter*innen der Multimediaabteilung der Universität nicht nur technische Lösungen, sondern auch Pioniergeist.

Prof. Dr. Bernhard Graf, Prof. Dr. Thomas Thiemeyer, Dr. Patricia Rahemipour, Dr. Marie Lusia Allemeyer, Anja Schaluschke auf der Baustelle des Forum Wissen.

Brücke zwischen Universität und Gesellschaft

Einen großen Vorteil hatten diejenigen, die an der Präsenzsitzung teilnahmen: Vorab wurden sie nämlich von der Direktorin des Forum Wissen, Marie Luisa Allemeyer, durch die Baustelle geführt. Sie konnten sehen und ganz physisch erleben, wie weit das Projekt mittlerweile fortgeschritten ist. „Ich bin wirklich sehr beeindruckt. Was hier in Göttingen entsteht, ist einzigartig!“, so Bernhard Graf, Sprecher des Beirats. „Dem Forum Wissen gelingt es, eine Brücke zwischen der universitätsinternen Wissenscommunity und der außeruniversitären Wissensgesellschaft zu bilden. Es ist somit ein Tor zu den diversen Interessen einer sich wandelnden Gesellschaft. Ich freue mich sehr auf die Eröffnung.“ Thomas Thiemeyer ergänzt: „Was hier in Göttingen entsteht, ist genau das richtige Projekt zur richtigen Zeit. Machen Sie es und machen sie es so, wie Sie es geplant haben!”

Der Sprecher des Beirats, Prof. Dr. Bernhard Graf, hebt Bedeutung des Wissensmuseums hervor.

Es hat sich gelohntоформить кредит на покупку квартиры

Nachdem sich die angereisten Gäste schon wieder auf den Weg gemacht haben, löst sich langsam unsere Spannung. Vor Corona-Zeiten waren die Beiratssitzungen auch immer ein Ereignis, das viel Vorbereitung forderte und auf das große Aufmerksamkeit gerichtet war. Die Sorge, ob die Technik auch funktioniert und nicht plötzlich „Funkstille“ zwischen dem Vortragssaal der SUB und den Büros in New York, Stockholm, Glasgow, Frankfurt und Kassel herrscht, war uns anzumerken. Umso erleichterter waren alle, diese Herausforderung gut gemeistert zu haben.

Die Autorin ist Referentin für kulturelle Kooperationen in der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen.

 

 

 

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Durch Aula und Karzer am Wilhelmsplatz

Sonntagmorgen: Normalerweise schwinge ich mich jetzt auf mein Rad und fahre von Weende in Richtung Innenstadt, um eine Führung durch das Aulagebäude und den Karzer am Wilhelmsplatz zu geben. Da dies momentan nicht möglich ist, lade ich Sie herzlich zu diesem kurzen Online-Rundgang ein, damit Sie nicht ganz auf den Besuch verzichten müssen.

Wilhelmsplatz mit Aulagebäude und Denkmal für Wilhelm IV. Foto: Marc Oliver Schulz

Hallo und herzlich willkommen zur heutigen Führung …

Unsere Führung beginnt am „Willi“, einem der Lieblingstreffpunkte der Studierenden – neben dem Gänseliesel oder dem Nabel in Göttingen. Hier wurde die Aula am Wilhelmsplatz anlässlich des 100. Jubiläums der Universität Göttingen 1837 feierlich eröffnet. Das Gebäude sollte nicht nur ein repräsentativer Ort für Feierlichkeiten sein, sondern gleichsam als Versammlungsort, Arbeitsplatz und Studentengefängnis dienen. Die Universität war am Ende des 18. Jahrhunderts stark expandiert; es mangelte an Räumen für Lehre, Forschung und Verwaltung und eben auch an Orten zum Feiern.

Das Aulagebäude wurde auf dem „Neue Markt“ errichtet, der erst wenige Jahrzehnte vorher städtebaulich entwickelt worden war. Damit setzte sich die Universität ins urbane Leben und war sogleich in allen Ecken der Stadt durch repräsentative Bauten vertreten. König Wilhelm IV. von Großbritannien und Hannover stiftete die Aula. Als Dank errichteten ihm die Bürger der Stadt ein Standbild, das Sie noch heute auf dem Wilhelmsplatz sehen können. Erst mit der Aufstellung der Statue erfolgte dann die Umbenennung in „Wilhelmsplatz“. Heute kennt man ihn auch unterm liebevollen Kosenamen „Willi“.

Der Giebel mit den Fakultäten Medizin, Theologie, Jura, Philosophie. Foto: Gisa Kirschmann-Schröder

Bevor wir jetzt ins Innere des Gebäudes gehen, lohnt sich ein Blick auf den Giebel. Er zeigt die vier Gründerfakultäten, die den geflügelten Genius der Wissenschaft umgeben. In der im Zeichen der Aufklärung gegründeten Georgia Augusta waren alle Fakultäten gleichberechtigt, was bedeutet, dass die Theologische Fakultät kein Aufsichtsrecht gegenüber den anderen Fakultäten hatte – wie es andernorts üblich war; ganz nach dem Motto „In publica commoda – zum Wohle aller“!

Kleine Aula mit Büste Albrecht von Hallers. Foto: Ingo Bulla

Das Aulagebäude

Das Herzstück des Gebäudes sind die beiden Aularäume im ersten Obergeschoss. Die Kleine Aula wurde damals als Sitzungszimmer genutzt und dient bis heute als Expansionsmöglichkeit für die Große Aula. Durch die Büsten verschiedener Göttinger Wissenschaftler*innen sowie die Tafeln zum Gedenken an die Göttinger Sieben und die vertriebenen Göttinger Forscher*innen während das Nationalsozialismus ist sie zudem ein wichtiger Ort der Erinnerung.

Große Aula mit Königswand. Foto: Frank Stefan Kimmel

Die Große Aula samt Galerie bietet Platz für etwa 550 Personen. Die Königswand ist hier der Blickfang: Auf den Gemälden sehen Sie zum Beispiel den Gründer und Namensgeber unserer Universität, Georg II., den Stifter des Aulagebäudes, Wilhelm IV., und den ersten Deutschen Kaiser und König von Preußen, Wilhelm I. Er war der erste, der sich als Landesherr nicht mehr zugleich „Rector magnificentissimus“ nannte, also Rektor der Georgia Augusta. In Göttingen ließ sich dieser ohnehin von einem Stellvertreter vertreten, dem Prorektor, der aus den Reihen der ordentlichen Professoren gewählt wurde.

„Hotel zur akademischen Freiheit“

Wenn wir jetzt einer verwinkelten Treppe folgen, gelangen wir zum einstigen Universitätsgefängnis. Seine Geschichte beginnt im Prinzip mit der Gründung der Universität 1737. Denn die Georgia Augusta erhielt mit Ihrer Gründung gleichsam ihre eigene akademische Gerichtsbarkeit, also die alleinige Ausübung der Rechtsprechung in Zivil- und Strafrechtssachen. Dies bedeutet, dass jeder Universitätsangehörige und Studierende bei einem Vergehen vor das Universitätsgericht gestellt wurde. Der Richter war einer der ordentlichen Professoren der Juristischen Fakultät. Je nach Ausmaß der Tat kam die Isolationshaft im Karzer in Frage.

Ab 1837 befand sich dieser im neuen Aulagebäude. Mit Karzerhaft wurden zum Beispiel sexuelle Übergriffe, Schulden (Kolleggelder), ständiger Unfleiß, das Austreten von Laternen oder zu schnelles Reiten in der Stadt bestraft. Auch unerlaubtes Schwimmen in der Leine (außerhalb der gekennzeichneten Badeareale), die Haltung von sehr großen Hunden und deren Mitnahme zu Vorlesungen, Duelle, Glücksspiel, Trunkenheit und nächtliche Ruhestörung brachten die Studenten oft ins Gefängnis. Selbst das Trinken von auswärtigem (also nicht Göttinger) Bier war verboten!

Blick in einen Karzerraum. Foto: Frank Stefan Kimmel.

Stadtansichten, Wappen studentischer Verbindungen, Schmähgedichte, Silhouetten (die damalige Variante des Selfies) – die beschrifteten und bemalten Wände, Türen und Decken des Karzers, die Einritzungen in Boden und Fensterscheiben deuten darauf hin, dass die Karzerstrafe vor allem am Ende des 19. Jahrhunderts seine abschreckende Wirkung verloren hatte. Auch Isolationshaft gab es nicht mehr. Sie aber können in den acht erhaltenen Karzerräumen zukünftig noch viel entdecken.

Ausblick

Ich hoffe, mein kurzer Rundgang hat Ihnen gefallen und ich kann Sie bald wieder persönlich in der Aula am Wilhelmsplatz begrüßen. Dann werfen wir auf jeden Fall auch noch einen Blick in den Akademiesaal. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und bleiben Sie gesund!

Während der Führung stelle ich auch den Akademiesaal vor. Foto: Anna Rusteberg

Autorin
Friederike Röpke, Studentin der Kunstgeschichte und Komparatistik an der Universität Göttingen und studentische Hilfskraft in der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen
Kontakt: roepke@kustodie.uni-goettingen.deмикрозайм на карту онлайн срочно

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Rede, Buch, Ausstellung und Bühne

Wie Wissenschaftler*innen sich selbst darstellen, beschreibt der neue Band „Gesichter der Wissenschaft. Repräsentanz und Performanz von Gelehrten im Porträt“. Daniela Döring hat – noch vor Corona – die Präsentation des Buches in der Sammlung der Gipsabgüsse antiker Skulpturen besucht.

Katharina Müller in der Sammlung der Gipsabgüsse antiker Skulpturen.

Die Inszenierung

Der Wissenschaftler durchquert in lockerem Schritt den Raum, tritt an das Pult, stützt die Hände auf und wird größer, gewichtiger. Er räuspert sich. Sein Blick schweift über das zahlreich erschienene Publikum, das zu ihm aufsieht. Mit sicherer Stimme hebt er an zu sprechen, er begrüßt seine Zuhörenden und nach einer kleinen, bedeutungsschwangeren Pause, beginnt er seinen Vortrag mit einem Zitat eines allseits bekannten Wissenschaftlers.

Dieses Szenarium ist im Wissenschaftsbetrieb nur allzu bekannt. Wenngleich es in ganz unterschiedlichen Formen auftritt – etwa in Abhängigkeit von Herkunft oder Geschlecht –, gilt es für alle Statusgruppen, diesen traditionell männlich und bildungsbürgerlich konnotierten Habitus einzuüben, um die eigene wissenschaftliche Expertise, Autorität und Souveränität – im wahrsten Sinne des Wortes – zu verkörpern. Unzählige Male konnten wir diesem Schauspiel im universitären Alltag bereits beiwohnen, freilich ohne es genau zu sehen. Denn erst durch die Unsichtbarmachung entfaltet es seine volle Wirksamkeit.

Christian Vogel eröffnet die Veranstaltung.

Die Präsentation

Mit genau dieser Szene beginnt die Präsentation des Buches. Schon während sich Christian Vogel, der gemeinsam mit Sonja Nökel den Band herausgegeben hat, auf den Weg zum Pult macht, um den Eröffnungsvortrag zu halten, beschreibt die Schauspielerin Katharina Müller vom Deutschen Theater Göttingen jede seiner Gesten. Ihr Metakommentar macht aufs unterhaltsamste deutlich, wovon das Buch handelt: der performativen Herstellung von Wissenschaftler*innen im Porträt in seinen historischen wie gegenwärtigen Formen.

Von Gelehrten im Talar, arrangiert als Ahnengalerie, über Kupferstiche, Gemälde, Scherenschnitte, Cartes des Visites und Karikaturen bis hin zu aktuellen Plakaten und Social Media-Kanälen reicht das Spektrum, das in der Ausstellung „Face the Fact. Wissenschaftlichkeit im Porträt“ aufgefächert wurde. Die Ausstellung, die vom 27. September 2018 bis 3. März 2019 in der Kunstsammlung der Universität Göttingen zu sehen war (zur Rezension der Autorin), stellt die Vorarbeit zu diesem Band dar. Sie wurde von einer Vortragsreihe flankiert, die zusammen mit zahlreichen weiteren Essays, Eingang in die Publikation fand.

Wissenschaft und Theater

Weil der wissenschaftliche Auftritt eine enge Nähe zur Bühne aufweist, wurde das Veranstaltungsformat in Kooperation mit dem Deutschen Theater entwickelt und umgesetzt. Für die szenische Einrichtung zeichnete Johanna Schwung verantwortlich, die dafür verschiedene Elemente auf inspirierenden Weise zusammenbrachte. Bereits beim Betreten der Veranstaltungsräume ist die Schauspielerin Katharina Müller auf einem Sockel inmitten der Sammlung zu sehen. Wie eine lebende Gipsfigur setzt sie die weißen Körper der Gipsfiguren und einzelne Gesten in Szene, begleitet von einer Audio-Collage aus Zitaten des Buches und der Projektion von Porträts.

Inszenierte Gelehrsamkeit.

Müller verrät typisch akademische Verhaltens- und Sprechweisen und sensibilisiert das Publikum für die nun folgenden Lesungen. Mit schauspielerischer Qualität und souveräner Betonung werden sie zu einem besonderen Vergnügen. Zwischen jeder Präsentation werden vom Theater produzierte kurze Videoclips gezeigt, in denen Wissenschaftscoach Susanne Maier-Hofer dem Publikum nicht ganz ernst gemeinte Tipps zur Selbstvermarktung gibt. Angesichts der Tatsache, dass diese Formen der Selbstdarstellung für eine erfolgreiche Karriere unabdingbar und für so manche(n) harte und aufwendige Arbeit sind, kommt der Aufruf erfrischend daher. Zumal sich der Appell der Schauspielerin selbst nicht an die Regeln der Kunst hält, sondern vielmehr die – normalerweise entfernten – Versprecher, Ausrutscher und deplatzierten Gesten exponiert. Das Lachen darüber macht gewissermaßen den Weg frei.

Der Kustos der Sammlung, Dr. Daniel Graepler.

Die Reden

Zu hören ist Spannendes, beispielsweise von Ruth Finckh über das 1780 entstandene Porträt der gelehrten Dichterin Philippine Gatterer, in dem die zur damaligen Zeit geltenden Grenzen für das weibliche Geschlecht im Gemälde zunächst überschritten, um im darauffolgenden Stich – welcher aufgrund seiner medialen Eigenschaften weitaus größere Verbreitung erlangte – sorgsam wieder zurückgeholt zu werden. Oder von Daniel Graepler über das Porträt von Karl Otfried Müller, das 1830 entstand und Müller mit den entsprechenden Anleihen und Requisiten kunstvoll als Archäologen inszeniert.

Karsten Heck über den Mathematiker Carl Friedrich Gauß.

Wir erfahren vom Witz in einer Karikatur auf Carl Friedrich Gauß, der sich erst durch die ungemein schlaue wissenschaftliche Rekonstruktion und wortgewandte Lesung seines Autors Karsten Heck erschließt. Und schließlich liest Sonja Nökel – stellvertretend für Mario Schulze – seinen Essay über die Inszenierung des Windkanalingenieurs Carl Wieselsberger, der im Selbstversuch und Kampf gegen den Wind seine Professionalität und Männlichkeit unter Beweis stellt.

Resumee

Die Beiträge machen große Lust auf mehr und der im Wallstein Verlag erschienene Band ist aufs Wärmste zu empfehlen. Besonders aber hat der Abend dazu angeregt, das gängige Vortrags- und Präsentationsformat im akademischen Betrieb zu hinterfragen und vielleicht sogar zu verändern. Denn solch mutige Versuche mit offenem Ende müssen letztlich auch ein Stück Kontrolle sowohl über die Formen der Darstellung als auch über die Inhalte an andere Akteure abgegeben. Das in diesem Fall Inhalt und Form zusammenfielen, war nicht nur eine glückliche Fügung, sondern auch eine überaus gelungene Inszenierung.

Das Buch

Vogel, Christian / Nökel, Sonja (Hg.): Gesichter der Wissenschaft. Repräsentanz und Performanz von Gelehrten, 284 S., 111 z. T. farb. Abb., brosch., 18,5 x 27,0, ISBN 978-3-8353-3553-0, 24,90 €, Göttingen: Wallstein Verlag 2019.

Die Publikation wurde gefördert durch die Stiftung Niedersachsen.

Zur virtuellen Ausstellung „Face the Fact“ in 360°-Ansichten: facethefact.gbv.de

Fotos: Martin Liebetruth

Zur Autorin: Dr. Daniela Döring ist wissenschaftliche Koordinatorin und Postdoktorandin am Forschungskolleg „Wissen | Ausstellenбанки сделать рефинансирование“.

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Engagement

Leidenschaft, Wissen, Erfolg: promintente Frauen im Gespräch

Erfolg bedeutet, sich jeden Tag mit Freude und Leidenschaft für die Arbeit zu engagieren, Ziele zu erreichen und das zu tun, was wichtig ist. So beschreiben fünf erfolgreiche Frauen, deren Leben eng mit der Universitätsstadt Göttingen verknüpft ist, ihre berufliche Motivation.

Geballte Frauenpower – J. Amirfallah, Katrin Adt, Prof. Dr. Nivedita Mani, Dr. Margot Käßmann, und Naima Diesner.
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Ausstellung Sammlung

Der Göttinger Bernsteinschatz

Betritt man die Bernsteinausstellung, scheint es, als betrete man eine andere Welt. In schummrig-wohligem Licht wandelt man über dunkelbraunen Grund, während sich auf einem großen Banner an der Wand Säugetiere und Vögel im Dickicht von grünen Pflanzen und Bäumen tummeln.

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Ausstellung

Ihr wisst mehr, als ihr denkt! – Wissenschaft trifft Handwerk

In einer unscheinbaren Seitenstraße und beinahe versteckt hinter Bauzäunen – so präsentiert sich derzeit die Location der Ausstellung „Ihr wisst mehr, als ihr denkt!“. Sie ist im Günter-Grass-Archiv-Haus beheimatet, einem mehr als 700 Jahre alten Fachwerkhaus in der Göttinger Südstadt. Direkt nebenan entsteht derzeit ein hochmodernes Galeriehaus. Lehmfachwerk und modernste Bautechniken Tür an Tür – ein Widerspruch? Nein, definitiv nicht, wie sich im Verlauf des Ausstellungsbesuches zeigt.

Das Günter-Grass-Archiv-Haus beherbergt die Ausstellung „Ihr wisst mehr, als ihr denkt!“ (Foto: Jan Vetter)

Freiraum für Wissen

Wenn man den Ausstellungraum betritt, wechselt schlagartig die Stimmung: Sonnenlicht und Innenstadtlärm dringen nur gedämpft durch die gedrungenen Fachwerkfenster in den Innenraum des uralten Gebäudes. Aber trotz der Fachwerkbauweise läuft man nicht Gefahr, sich den Kopf an einer niedrigen Decke zu stoßen. Denn da das Haus im Zuge der Renovierung komplett entkernt wurde, bietet sich den Besucherinnen und Besuchern ein freier Blick bis in den Dachstuhl – und somit auch auf das Schmuckstück der Ausstellung: die eigens für „Ihr wisst mehr, als ihr denkt!“ angefertigte Orgel. Sie ist lediglich mit Stahlseilen an den Deckenbalken befestigt und scheint beinahe im Raum zu schweben. In Kombination mit der luftigen Raumhöhe und den leicht schummerigen Lichtverhältnissen verleiht sie den Ausstellungsräumlichkeiten eine fast sakrale Atmosphäre.

Die Orgel im offenen Dachstuhl (Foto: Benjamin W. Schulze)

Wissende Objekte

Bevor man die Orgel genauer in Augenschein nehmen kann, wird man an einer Wand mit Vitrinen entlanggeleitet. Hier werden diverse Exponate präsentiert, die zum Großteil aus den Sammlungen der Universität Göttingen stammen. Es ist eine bunte Mischung: So sind zum Beispiel anatomische Modelle und Zeichnungen zu sehen – aber auch eine Reparaturanleitung für PKWs. Anhand der Objekte wird deutlich gemacht, wie Wissen produziert, gespeichert und weitergegeben wird. Als Wissen wird hierbei aber nicht nur das verstanden, was aus Büchern und an Schulen erlernt wird, sondern auch Erfahrungswissen, welches sich durch körperliche Tätigkeiten und Sinnesnutzung angeeignet wird. Die Ausstellung steht somit für einen breiter gefassten Wissensbegriff ein und soll zeigen, dass Wissen nicht nur an der Universität zu finden ist – auch und insbesondere in einer „Stadt, die Wissen schafft.“

Besonderes Augenmerk wird auf die Bedeutung der Sinne beim Wissenserwerb gelegt – zum Beispiel den Tastsinn. (Foto: Jan Vetter)

Auch die Wand weiß mehr…

Neben dem Sehsinn können Besucherinnen und Besucher an der nächsten Ausstellungsstation auch ihre Ohren nutzen: Eine Audioinstallation mit Ausschnitten aus Interviews mit Handwerkern, die an der Renovierung des Günter-Grass-Archiv-Hauses beteiligt waren, bringt eine der Fachwerk-Lehmwände zum Sprechen. Zeitgleich verdeutlicht ein wandernder Lichtkegel, um welche Baustrukturelemente es in den Kommentaren jeweils geht. Beim Lehmbau handelt es sich nämlich um eine der beiden Handwerkstraditionen, mit denen sich das interdisziplinäre Forschungsprojekt OMAHETI (Objekte der Könner – Materialisierungen handwerklichen Erfahrungswissen zwischen Tradition und Innovation), welches hinter der Ausstellung steckt, hauptsächlich befasst hat.

Eine Wand mit viel(en) Geschichte(n) (Foto: Jan Vetter)

Klingendes Können

Die Orgel repräsentiert das zweite Forschungsfeld des Projekts, den Orgelbau. Bei diesem Exponat ist es sogar ausdrücklich erwünscht auch den Tastsinn einzusetzen: Die Besucherinnen und Besucher werden aufgefordert, die Orgel mittels Knopfdrucks zum Leben zu erwecken – die Orgel beginnt dann automatisch mit einem heimeligen Rauschen „Luft zu holen“ – und selbst in die Tasten zu greifen.

Die Orgel lädt zum Ausprobieren des eigenen Tast- und Hörsinns ein (Foto: Wiebken Nagel)

Können macht stolz

Im zweiten Ausstellungsraum sprechen Handwerkerinnen und Handwerker in auf zwei Monitoren laufenden Kurzfilmen direkt zu den Besucherinnen und Besuchern. Sie zeigen stolz ihr Wissen und ihre Könnerschaft, berichten von ihren Erfahrungen und erzählen von ihren Wünschen und Hoffnungen für die Zukunft ihres Handwerks.

In zwei Kurzfilmen reden Handwerkerinnen und Handwerker über ihre Könnerschaft (Foto: Julian Schima)

Übung macht den Meister

Texttafeln verdeutlichen anhand von Beispielen aus dem Lehm- und Orgelbau im Detail wie handwerkliches Können entsteht und welche Rolle dieses Können für Innovationen im Handwerk spielt: Durch kontinuierliches (Aus-)Üben sammeln Handwerkerinnen und Handwerker Erfahrungswissen und werden so mit der Zeit zu Könnerinnen und Könnern ihres Faches. Die Könnerschaft stellt wiederum die Basis für Innovationen dar. Diese entstehen in Handwerk meist eher unauffällig, in kleinen Schritten: nämlich beim Überwinden von im Alltagsbetrieb auftauchenden Problemen und Herausforderungen. Dann greifen Handwerkerinnen und Handwerker auf ihren reichen Erfahrungsschatz zurück, um mittels kleiner Veränderungen von Werkzeugen, Techniken und Materialien die Hürden zu überwinden. Die so entstandenen Innovationen stellen sich häufig als derart praktikabel und erfolgreich heraus, dass sie zum neuen Standard im Handwerksbetrieb werden.

Dieser Dichtring war eine Innovation im Orgelbau – entstanden aus einem Kunststoff, der eigentlich für Turnmatten gedacht war (Foto: Wiebken Nagel)

Tradition und Moderne

Tradition und Innovation sind im Handwerk also keine Gegensätze, sondern bedingen einander. Ohne den Rückgriff auf tradiertes und im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen weitergegebenes Erfahrungswissen wären Neuerungen undenkbar. Tradition ist daher im Handwerk auch nicht als der in Stein gemeißelte Status Quo zu verstehen, sondern als ein sich ständig veränderndes und erneuerndes Konstrukt – so wie die Wände des Günter-Grass-Archiv-Hauses, an denen 700-jährige Stroh-Lehm Mischungen und modernster Trockenbaulehm gemeinsam ein beeindruckendes und funktionales Ensemble bilden.

Wo und Wann?

Die Ausstellung „Ihr wisst mehr als ihr denkt!“ im Günter-Grass-Archiv-Haus in der Düsteren Straße 6 in Göttingen ist noch bis zum 17. November 2019 jeden Samstag und Sonntag von 12 bis 16 Uhr geöffnet – der Eintritt ist frei.

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Die Schwesterausstellung „Handwerkswissen: Kulturerbe mit Zukunft“ tourt noch bis Dezember durch deutsche Handwerkskammern: Vom 12.8.2019 bis 14.9.2019 wird sie in der Galerie Handwerk in Koblenz zu sehen sein, danach ist sie vom 18.9.2019 bis 18.10.2019 im Bildungszentrum der Handwerkskammer Hildesheim zu Gast. Weiterführende Informationen und die weiteren Ausstellungstermine kann man gerne von den Projektmitarbeitenden Dorothee Hemme und Benjamin W. Schulzeвзять онлайн займ на карту erfragen.

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Andrea Ruhstrat will‘s wissen

…, „weil Wissen mich stärkt und beruhigt. Das Forum Wissen wird zugleich Museum und Schaufenster von Wissenschaft und Forschung sein“.

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Engagement

Schaufenster fürs Forum Wissen

Ein Storch im Café Cortés? Seit einigen Tagen hängt das farbenfrohe Bild in der kleinen, gemütlichen Oase Göttingens, ausgewählt hat es Rahel Winterstein. „Es passt einfach zu unserem süßen Repertoire“, so die Inhaberin des Cafés. Denn hinter dem Storch, der ein Wickelkind im Schnabel trägt, verbirgt sich die Form für ein Hochzeitsgebäck aus dem 19. Jahrhundert. Das Objekt aus der Sammlung „Symbole des Weiblichen“ spiegelt die Wünsche an das einstige Brautpaar. „Das ist eine schöne Idee, genauso wie das Forum Wissen“, fügt die Göttingerin hinzu.

Was bringt die Zukunft? Storch mit Wickelkind im Café Cortés.

Auf dem Weg zum Forum Wissen

Gemeinsam mit acht weiteren Geschäften und dem Deutschen Theater unterstützt Rahel Winterstein die Kampagne „wir wollen’s wissen“: Sie alle haben in ihren Schaufenstern oder Räumen Fotoleinwände aufgestellt, die Objekte aus den Sammlungen der Uni Göttingen vorstellen. „Welchen Bezug diese zu den jeweils angebotenen Waren haben, kann jetzt jeder bei einem Stadtbummel erkunden“, so Isabel Pagalies. Die wissenschaftliche Volontärin der Zentralen Kustodie hat die Objekte, ihre Herkunft und Besonderheiten recherchiert. „Rast vor der Schenke“ aus der Mitte des 17. Jahrhunderts gehört zu ihren Lieblingsstücken: Die ländliche Wirtshauszene hat der niederländische Künstler Jan Victor gemalt. Ein Genrebild, das nun vorübergehend Bremers Repertoire erweitert.

Erfrischend! Das Schaufenster der Weinhandlung Bremer.

Stichhaltig und unbeschreiblich

Im Piercingstudio Groovy hängt dagegen das Fragment einer geschmückten Tonfigur aus präkolumbianischer Zeit. Das heißt, es wurde wohl zwischen 700 vor bis 350 nach Christus geschaffen. Der Kopf ist an den Ohren durchstochen, links ist ein vergoldeter Ring erhalten geblieben. Nach Isabel Pagalies verweist das Objekt in idealer Weise auf das geplante Forum Wissen: „Auch hier wollen wir zu Diskussionen anregen, die stichhaltig und reich an Argumenten sind“.

Stichhaltig! Kopf mit Hals-und Ohrenschmuck im Piercingstudio Groovy.
Unbeschreiblich! Tintenfass und Spitzfeder aus dem 18. Jahrhundert bei Wiederholdt.

Daher heißt es im Schaufenster von Wiederholdt auch „Unbeschreiblich! Ab 2020 – für alle, die mehr wissen wollen: Forum Wissen Göttingen”. Das hier zu sehende Tintenfass mit Spitzfeder gehörte einst dem Göttinger Historiker und Staatsrechtler August Ludwig von Schlözer; heute bewahrt es die Schlözer-Stiftung in der SUB Göttingen auf. Neben Kunst- und Alltagsgegenständen finden sich hier auch viele Bücher und Handschriften aus dem Nachlass der Familie. „Auf diese Weise können wir zugleich auf die reichhaltigen Bestände in den Sammlungen der Universität aufmerksam machen”, so die studierte Ethnologin, Kunsthistorikerin und Kulturanthropologin.

Einblicke in die Welt des Wissens

Einblicke! Isabel Pagalies und das Modell eines menschlichen Auges in der Brillen Galerie.

Die abgebildeten Objekte stammen aus unterschiedlichen Fachbereichen: Die Zentrifuge beim Elektrofachhändler GEMOG kommt aus dem Museum der Göttinger Chemie, der Kupferstich von Stempel Bergen aus der Kunstsammlung und das vergrößerte Modell eines menschlichen Auges in der Brillen Galerie aus dem „Physicalischen Cabinet“. „Georg Christoph Lichtenberg hat damit physikalische Zusammenhänge erklärt”, betont Isabel Pagalies stolz. Gemeint ist zum Beispiel der Abbildungsvorgang im Auge. Es sind Einblicke in die Welt des Wissens, die nun auch auf zehn verschiedenen Postkarten in den Geschäften, den Sammlungen und in der Zentralen Kustodie zu erhalten sind.

Noch bis Juli sind die Objekte zu entdecken, unter ihnen auch ein Regenhemd der Inuit, die in Form eines Hundes geschnitzte Kopfbank oder indonesische Schattenspielfiguren. Wo? Das verraten wir nicht, wünschen aber viel Spaß beim Suchen!