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Hinter den Kulissen

Wieder | entdeckt – PLANTALA

Wunderschöne Zeichnungen von Blüten, Fruchtständen, Blättern und ganzen Pflanzen beinhaltete der digitale Datensatz botanischer Lehrtafeln, die beim Kultur-Hackathon Coding da Vinci Niedersachsen 2020/21 von der Uni Göttingen präsentiert wurden.

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Von der Lehrtafel zum Mandala-Generator

Wir waren von der Ästhetik der Pflanzendarstellungen sofort begeistert und hatten sogleich eine Projektidee: ein Mandala-Generator aus Pflanzenteilen. PLANTALA war geboren! Im Rahmen des Hackathons entwickelten wir, Anne Mühlich und Gerd Müller, innerhalb von 14 Wochen einen Prototypen der Webanwendung, der vollständig funktionstüchtig war. Damit konnten wir aus bis zu fünf verschiedenen Pflanzenteilen eigene Mandala halbautomatisiert kreieren, ausdrucken und ausmalen.

Coding da Vinci-Stipendium

Um die Anwendung zu optimieren und für den Einsatz zum Beispiel im Schulunterricht, in der Umweltpädagogik, als potenzielle Medienstation oder für die private Freizeitgestaltung nutzbarer zu machen, bewarben wir uns mit dem Projekt auf zwei Coding da Vinci-Stipendien und hatten Glück. Die uns zugesprochenen Stipendien ermöglichten es uns, im Sommer 2021 PLANTALA zu überarbeiten und zu erweitern.
In diesem Zusammenhang besuchten wir auch Karsten Heck von der Zentralen Kustodie der Uni Göttingen, um uns die Lehrtafeln einmal im Original anzuschauen und über die Weiterentwicklung von PLANTALA zu brainstormen. Der Masterstudent Jens Kleinert begleitete uns dabei fotografisch und stellte uns die entstandenen und hier zu sehenden Bilder zur Verfügung.

Mandala-Kreationen

Wer möchte, kann mit der im Oktober 2021 veröffentlichten Version einzelne Pflanzenteile zu einem Mandala zusammensetzen und dieses dann in eine druckoptimierte Ansicht in Schwarz-Weiß umwandeln. Dafür haben wir eigens Vektorgrafiken auf der Grundlage der digitalisierten Pflanzendarstellungen erstellt.

Neben der Mandala-Kreation gibt es auch einige Informationen zu den jeweiligen Pflanzen, die sich eher an ein jüngeres Publikum richten. Zudem kann man die Pflanzenteile im Kontext ihrer Lehrtafel bewundern oder sich bei Bedarf weiterleiten lassen zur Datenbank der Uni Göttingen. Die neue Anwendung bietet auch die Option, das Mandala als Arbeitsblatt-PDF mit allen Pflanzeninfos zu speichern oder auszudrucken.

Plantala-Postkarte.

PLANTALA als Open Source

Aktuell arbeiten wir noch an einer kleinen Postkartenserie zu PLANTALA sowie an der Vernetzung mit Open Educational Ressources-Plattformen, damit sich neue Einsatzbereiche für die Webanwendung finden. Da PLANTALA als Open Source-Projekt im Rahmen des Coding da Vinci entstanden ist, läuft die Webanwendung unter einer offenen MIT-Lizenz und kann dementsprechend von jeder motivierten Person weiterentwickelt werden.

Mandalas und weitere Informationen findet ihr hier. Wenn ihr mit uns in Kontakt kommen möchtet, schreibt uns unter folgender E-Mailadresse: info@digitalwarenkombinat.de

Die Autor*innen und der Fotograf

Gerd Müller ist ein Software-Architekt und Open Source-Liebhaber aus Leipzig und
Anne Mühlich eine Europäerin, Slawistin und Kulturenthusiastin, die sich für digitale und kreative Projekte interessiert.

Jens Kleinert studiert im Master Kulturelle Musikwissenschaft und Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie an der Universität Göttingen. Seine Fotoreportage entstand im Seminar „Photographing Culture – Die Reportage“, das im Sommersemester 2021 stattfand. Dozent war Thorsten Näser.


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Sammlung

Un | entdeckt: Göttingens botanische Lehrtafeln

Über 2.000 botanische Wandtafeln schlummerten hinter Vorhängen und in Schränken verborgen im Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Göttingen. Unbewegt und über viele Jahre kaum genutzt, waren sie im Vorraum zum Hörsaal gelagert worden – bis die Zentrale Kustodie die Sammlung übernahm, sie bewahrte und ihr neues Leben einhauchte. 2018 wurden die Tafeln in einem zweiwöchigen Sprint digitalisiert und umgesiedelt, doch bis heute ist der Bearbeitungsprozess nicht ganz abgeschlossen. Dies ist die Geschichte des un | entdeckten Schatzes der Göttinger botanischen Lehrtafeln.

Lagerung der Tafeln im Albrecht-von-Haller Institut. Foto: Friederike Röpke.

Eingerollt, eingestaubt und wiederentdeckt

Ich hob die etwa einen Meter lange Papierrolle hoch und eine Staubwolke kam mir entgegen. Nach einem kurzen Hustenanfall war ich mir sicher, dass ich beim nächsten Mal einen Mundschutz tragen werde. Mit Handschuhen und einer Leiter ausgestattet stand ich im Albrecht-von-Haller-Institut und zählte die teils eingerollten, teils aufgehangenen, teils in Schränken verstauten Lehrtafeln. Es war im Februar 2018 und meine Aufgabe als studentische Hilfskraft der Zentralen Kustodie bestand darin, die Menge und den Zustand der pflanzenwissenschaftlichen Tafeln zu sichten. Dass unter diesen verstaubten Tafeln ein regelrechter Schatz an verschiedenen Wandtafeln aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert lagerte, habe ich zu dem Zeitpunkt schon geahnt, den Umfang aber bei weitem nicht einschätzen können.

Geputzt und fotografiert: der Digitalisierungssprint 2018

Der Digitalisierungssprint begann im März 2018. Eine Gruppe von sechs Student*innen, die zwei Wochen lang von morgens bis abends die Tafeln entstaubten, entrollten, ab- und wieder aufhängten, fotografierten, inventarisierten, alles in allem: digitalisierten. Dafür bauten wir eine Digitalisierungsstation im Hörsaal des Albrecht-von-Haller-Instituts auf.

Unsere Digitalisierungsstation. Foto: Karsten Heck.

Wir waren in Gruppen eingeteilt: Zwei von uns waren für das Säubern und Eintragen der Metadaten in die Datenbank naniweb zuständig. Zwei andere arbeiteten an der Fotostation – eine Person hinter der Kamera, die andere drehte die Tafel, sodass sowohl Vorder- als auch Rückseite abgelichtet werden konnten. Zwei weitere kümmerten sich um die Logistik: Eine transportierte die Lehrtafeln vom Vorraum des Hörsaals zu den jeweiligen Stationen und die andere holte die Tafeln von der Stange bzw. brachte sie entstaubt und fotografiert – also fertig digitalisiert – wieder zurück an ihren Platz. In diesem Video von Michael Markert wurde der Sprint eingefangen.

Umzug der Tafeln aus dem Albrecht-von-Haller-Institut in die Zentrale Kustodie. Foto: Detlef Schnier.

Übrig blieben die kleineren, liegenden, in der Regel älteren Tafeln aus den Schränken. Diese brachten wir in die Zentrale Kustodie im Auditorium. Wir digitalisierten sukzessive die restlichen Tafeln, unter anderem vor Publikum am Tag der offenen Sammlung im Mai. Somit konnten die Besucher*innen live einen Einblick in die Digitalisierungsarbeit der universitären Sammlungen erhalten. Im Juli 2018 waren dann alle Wandtafeln fotografiert, in der Datenbank erfasst und konnten in den neuen Depotraum umziehen.

Geordnet und veröffentlicht: die Datenbankarbeit 2018–2020

Bei der Eingabe der Tafeln in die Datenbank waren häufig zunächst vorläufige Inventarnummern vergeben worden. Nun arbeitete ich mich durch das System zur Ordnung der Lehrtafeln hindurch. Denn die insgesamt 2.095 Tafeln stammten entweder aus verschiedenen publizierten Reihen oder waren am Institut selbst hergestellt worden: etwa 1.400 handgezeichnet und koloriert! Ein kleiner Teil davon, der älteste, enthielt einige originale Vorlagen für Publikationen von Albert Peter, Professor für Botanik in Göttingen von 1888 bis 1923. Er hatte selbst Reihen von Lehrtafeln veröffentlicht. Neben Titeln und Metadaten erfasste ich auch Angaben zu den Hersteller*innen, beteiligten Personen und/oder  Institutionen.

Ich während der Digitalisierung beim Tag der offenen Sammlungen Mai 2018. Foto: Peter Heller.

Es stellte sich heraus, dass sich unser publizierter Bestand von fast 700 Tafeln aus etwa 20 verschiedenen Reihen von botanischen Lehrtafeln zusammensetzte. Die inhaltliche Vielfalt erstreckte sich von heimischen Giftpflanzen über Zellwachstum und morphologischen Darstellungen bis hin zur Verbreitung von Pflanzenarten. Die großformatigen Blätter waren oftmals Lithographien, die Pflanzen in Ansichten, Details und Schnitten zeigten, aber auch Landschaftsdarstellungen.  Selbst wenn das in den Tafeln dargestellte Fachwissen heute teilweise obsolet sein mag, ist doch die historische Bedeutung im Hinblick auf eine spezifische Lehrpraxis und einen wissenschaftlichen Kanon durch sie in anschaulicher Weise festgehalten. Zudem beeindrucken die botanischen Lehrtafeln durch ihren visuellen Reichtum.

Eine meiner Favoriten: Taxus baccata. Aus dem Dodel-Port Atlas. Carolina Dodel-Port sec. Dr. W. Kellermann & ad nat: del., J.F. SCHREIBER.ESSLINGEN. Foto: Zentrale Kustodie.

Ausgemalt und ausgestellt: Die Zukunft der Tafeln

Die Tafeln, die nun an ihrem neuen Platz schlummern, sind zumindest digital noch lebhaft in Bewegung. Sie sind im Sammlungsportal der Universität veröffentlicht und wurden zudem kürzlich im Rahmen des Coding da Vinci Niedersachsen (ein Hackathon für offene Kulturdaten) von einem Team ausgewählt. Dieses möchte aus dem Bildmaterial einen Mandala-Generator namens „Plantala“ generieren: Die entstandenen Mandalas kann man dann herunterladen, ausdrucken und beliebig ausmalen. Ein zweites Team interessiert sich dafür, ob die hochauflösenden Bilder, in denen viel Text versteckt ist, mittels Methoden des machine learnings analysiert werden können. Vielleicht entwickeln sich noch weitere Möglichkeiten zur digitalen Nutzung der Tafeln – sei es, um diese weiter zu erschließen und zum Beispiel die heutige, aktuelle Taxonomie zu ergänzen oder gar die Schrift zu transkribieren. Im Digitalen ist der Arbeit mit den Tafeln eigentlich kein Ende gesetzt. Während die Sammlung heute im Depot schlummert, holen wir die Tafeln digital ins 21. Jahrhundert.

Die Tafeln in ihrem neuen Depot im Auditorium. Foto: Detlef Schnier.

Zudem werden einige botanische Lehrtafeln im künftigen Forum Wissenкредитная карта без отказа онлайн с доставкой sichtbar sein. Welche das sind und wo sie hängen, wollen wir an dieser Stelle nicht verraten. Sie sollen ja die Möglichkeit haben, sie selbst zu entdecken!

Die Autorin ist studentische Hilfskraft in der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen.