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Ein Blick in die Sammlung Mathematischer Modelle der Uni Göttingen

Abstrakte Formen, glatte Oberflächen, klare Linien – die Objekte aus der Sammlung mathematischer Modelle und Instrumente der Universität Göttingen erinnern ein bisschen an moderne Kunst. Doch hinter ihrer ästhetischen Erscheinung verbirgt sich ein tieferer Sinn: die Veranschaulichung komplexer mathematischer Konzepte. Die Modelle machen Mathematik begreifbar. Verwendet wurden Sie im Unterricht beispielweise im Bereich der Geometrie und der angewandten Mathematik.
Die Sammlung mathematischer Modelle der Universität Göttingen ist heute nicht nur eine der bedeutendsten in Deutschland, sondern auch die umfangreichste. Ihre Geschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert, in die Zeit bedeutender Mathematiker wie Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und Alfred Clebsch (1833–1872).

Objekt aus der mathematischen Sammlung der Uni Göttingen
Stangenmodell eines beweglichen einschaligen Hyperboloid, Hermann Wiener, 1912

Historische Wurzeln und Entwicklungen

Zu Lebzeiten von Carl Friedrich Gauß (1777-1855), einem der herausragendsten Mathematiker seiner Zeit, gründete die Hannoversche Regierung das Mathematisch-physikalische Seminar in Göttingen. Daraus entstand 1922 das heutige Mathematische Institut.

Die Gründung des Instituts war der Beginn der Göttinger Sammlung Mathematischer Modelle und Instrumente. Hermann Amandus Schwarz (1843–1921) gilt als Gründer der Sammlung. Er und seine Zeitgenossen ließen Instrumente und Modelle für ihre Forschung anfertigen, die später  in die Sammlung eingingen. Im Zentrum der Sammlung stehen geometrische Modelle aus verschiedenen Materialien wie Gips, Holz, Karton und Metall. Besonders faszinierend sind die Hyperboloid-Modelle, die durch ihre einzigartige Form hervorstechen. Die Modelle wurden zur Veranschaulichung von Flächen und anderen mathematischen Objekten konstruiert. Viele wurden serienmäßig hergestellt und auch von anderen Universitäten zu Unterrichtszwecken erworben.

Mathematik zum Anfassen!

Die Objekte der Göttinger Sammlung bieten einen faszinierenden Einblick in die Mathematik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Von Kartonpolyedern, also dreidimensionalen Körpern mit ebenen Flächen, aus dem 18. Jahrhundert bis hin zu Rechenmaschinen und Zeichengeräten dokumentieren die Objekte der Sammlung die Entwicklung der Mathematik an der Universität Göttingen. Die meisten davon stammen aus der Zeit zwischen 1870 und 1920 und geben einen guten Einblick in die Mathematik aus dieser Zeit, in der sich die Universität Göttingen zu einem der bedeutendsten mathematischen Zentren in Deutschland Entwickelte.

Einschaliges Hyperboloid aus der mathematischen Sammlung der Uni Göttingen
Einschaliges Hyperboloid und konfokales zweischaliges Hyperboloid aus Gips, um 1900

Ein Schaufenster in die Geschichte der Mathematik im Forum Wissen

Im Sammlungsschaufenster sind verschiedene Hyperboloid Modelle ausgestellt. Das Wort „Hyperboloid“ bedeutet, dass die Fläche aus einer Hyperbel entsteht, die man um eine senkrechte Achse dreht. Dabei handelt es sich also um den Rotationskörper einer Hyperbel. In der Geometrie ist die Hyperbel stark vereinfacht erklärt eine spezielle Kurve, die aus zwei zueinander symmetrischen, sich ins Unendliche erstreckenden Ästen besteht. Das Hyperboloid Modell sieht aus wie ein in sich verdrehter Zylinder, es gibt ein- und zweischalige Hyperboloid, die durch verschiedene Gleichungen gebildet werden. Typisch für diese geometrische Form in der Mathematik sind die Bögen, die am linken und rechten Rand der Figur zu erkennen sind, sowie ihre Taille.

Die Sammlung mathematischer Modelle der Universität Göttingen ist heute auch ein wertvolles Zeugnis der wissenschaftlichen Forschung und Lehre aus verschiedenen Epochen. Durch ihre Vielfalt und historische Bedeutung bietet die Sammlung die Möglichkeit, mathematische Entwicklungen und Innovationen vergangener Zeiten zu erkunden. Heute sind die mathematischen Modelle vor allem auch wissenschaftshistorisch von großem Interesse.

Objekt aus der Sammlung mathematischer Modelle und Instrumente
Modell eines Hyperboloid-Getriebes

Mehr aus dem Sammlungsschaufenster gibt es auf unserem Blog!

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Waldstillleben mit Reptilien und Insekten

Alles andere als „tot“

Der französische Ausdruck für Stillleben ist „Nature morte“, wörtlich übersetzt: Tote Natur. Das Waldstillleben des niederländischen Malers Otto Marseus van Schrieck (1619-1678) ist jedoch alles andere als „tot“: Es kreucht und fleucht auf dem Waldboden, wo sich Reptilien und Insekten tummeln. Das Besondere daran: Die dargestellten Tiere und Pflanzen sind bis ins Detail naturgetreu ausgearbeitet.

Sommerliche Tierwelt

Die Verhaltensweisen der Tiere sind aber unnatürlich: Schlangen machen naturgemäß keine Jagd auf Schmetterlinge. Marseus muss das gewusst haben. Er soll sowohl hinter seinem Haus als auch außerhalb Amsterdams in umschlossenen Gehegen Schlangen und andere Tiere gehalten haben, die ihm als Modelle seiner Gemälde dienten. Auch habe er Insekten und anderen Kleintieren eifrig nachgespürt. Tatsächlich zeigt das Bild eine Tierwelt, wie man sie in dieser Zusammenstellung im Monat August begegnet.

Wenn Kunst die Natur übertrifft

„Es steckt bestimmt auch hier die Idee jeden Stilllebens drin, dass die Kunst die Natur zu übertreffen vermag“, sagt Anne-Katrin Sors, Leiterin der Kunstsammlung der Universität Göttingen, aus der das Gemälde stammt. „Weil die Kunst imstande ist – vor der Zeit der beheizten Gewächshäuser – z.B. einen alle Jahreszeiten umfassenden Blumenstrauß zu kombinieren und zu malen.“

Wie der Künstler sein Werk schuf

Interessant ist auch die Technik, die Marseus anwandte. Eine mikroskopische Untersuchung ergab, dass die Flügel der Schmetterlinge nicht gemalt, sondern im Abklatschverfahren hergestellt sind: Auf die in hellen Farben gehaltenen Schmetterlingssilhouetten sind die jeweiligen Flügelteile aufgelegt und vorsichtig angedrückt worden, so dass beim Entfernen die Schuppen in der feuchten Paste hafteten. Lediglich Fehlstellen und Adern wurden mit dem Pinsel nachgearbeitet.

Für die Struktur des Bodens stempelte der Maler einen Moosabdruck in die Farbe. Auch zumindest eines der Fliegenbeine ist nicht gemalt, sondern in die Paste eingelegt.

In diesem Schaukasten sind die Schmetterlingsarten zu sehen, die sich auch im Gemälde finden lassen.

Kein „Phantast mit realistischen Mitteln“

Marseus zielt in der Wiedergabe des Lebensraums Waldboden auf höchste Naturtreue, er kombiniert nicht Tiere nach seinem Belieben. Dies weist auf Marseus‘ wissenschaftliches Interesse an den dargestellten Wesen hin. Damit ist er nicht der „Phantast mit realistischen Mitteln“, als der er lange Zeit in der Kunstgeschichte galt.

Das Gemälde „Waldbodenstilleben“ ist nun im Raum „Feld“ in den Räumen des Wissens zu sehen.

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Entdeckungsreise durch die Schätze der Erde

Die Geowissenschaftlichen Sammlungen der Universität Göttingen umfassen mehr als vier Millionen Objekte aus den Bereichen Paläontologie, Mineralogie, Geologie und Meteoritenkunde. Die vier Themenbereiche werden auch im Sammlungsschaufenster des Forum Wissens präsentiert. Die Objekte verdeutlichen uns, dass in der Geologie nicht einfach nur von „Steinen“ die Rede ist. Einer der Schwerpunkte der Sammlungen sind geowissenschaftliche Funde aus Niedersachsen. Eines der Ziele der Sammlungen ist es, die Geologie, Mineralogie und Erdgeschichte Niedersachsens zu dokumentieren und zu erforschen.

Ammonit der Gattung Arietites, eine ausgestorbene Art der Kopffüßer aus Eisenerzgrube Friederike (Harz). Geowissenschaftliche Sammlungen der Uni Göttingen.
Ammonit der Gattung Arietites, eine ausgestorbene Art der Kopffüßer aus der Eisenerzgrube Friederike (Harz). Foto: Martin Liebetruth

Steinerne Chroniken der Erdgeschichte

Blicken wir tiefer in die Welt der Geowissenschaftlichen Sammlungen, die durch die Objekte Arietites, Bändererz, Calcit und Meteorit repräsentiert werden: Jedes dieser Exponate erzählt eine eigene Geschichte, sei es die erdgeschichtliche Reise des Arietites oder die mineralogische Vielfalt des Calcits. Auch die bedeutende Rolle des Meteoriten in der Entstehung des Sonnensystems wird aufgegriffen.

Der Ammonit der Gattung Arietites ist ein Zeitzeuge des unterjurassischen Sinemurium. Ein Erdzeitalter, in dem das heutige Niedersachsen von einem Meer bedeckt und von marinen Sedimenten geprägt war. Der Ammonit, den wir ganz oben im Sammlungsschaufenster entdecken können, stammt aus der Eisenerzgrube Friederike im Harz, einem Ort von besonderer Bedeutung für die Paläontologie. Diese Grube, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Abbau begann und erst 1963 beendete, ist ein einzigartiges Fenster in die geologische Vergangenheit. Sie brachte eine Vielzahl von Fossilien hervor, darunter das hier gezeigte Exemplar.

Das Bändererz hingegen gewährt uns einen Blick in die Geschichte der Harzfaltung. Die Bad Grunder Erzgänge, die sich während der Harzfaltung bildeten, bieten einen Blick in die Zeit vom späten Oberkarbon bis ins untere Perm. Das Bändererz zeigt euch die mineralogische Vielfalt dieses Blei-Zink-Bergwerks. Auch die Verbindung zwischen geologischen Prozessen und den mineralischen Schätzen, die sich im Laufe der Zeit geformt haben, werden an diesem Objekt deutlich.

Bändererz aus dem ehemaligen Blei-Zink-Bergwerk Grund, Bad Grund (Harz) aus den Geowissenschaftlichen Sammlungen der Uni Göttingen.
Bändererz aus dem ehemaligen Blei-Zink-Bergwerk Grund, Bad Grund (Harz). Foto: Lena Heykes

Kosmische Relikte und Bergbaujuwelen

Der Campo del Cielo-Meteorit ist ein außergewöhnliches Objekt. Es ermöglicht uns, die ältesten verfügbaren Materialien unseres Planeten zu betrachten. Dank ihm können wir tiefer in die Entstehungsgeschichte des gesamten Sonnensystems blicken. Meteorite sind in den Geowissenschaften von unschätzbarem Wert, da sie wichtige Informationen über die Zusammensetzung und Entwicklung unseres Planeten liefern. Der Campo del Cielo-Meteorit dient nicht nur als Ausstellungsstück im Sammlungsschaufenster, sondern auch als unverzichtbares Werkzeug in der geologischen Forschung. Er bietet Einblicke in die kosmischen Prozesse, die vor Milliarden von Jahren unsere heutige Welt geprägt haben.

Das unterste geologische Objekt aus dem Sammlungsschaufenster ist ein Calcit aus dem St. Andreasberger Erzrevier. Die vielfältigen Formen dieses Minerals repräsentieren die Schönheit und Vielseitigkeit der Minerale dieser Region. Die im Bergbau gewonnenen Calcitstufen waren nicht nur im 18. Jahrhundert begehrte Sammelobjekte, sondern sind auch heute noch Zeugnisse der einstigen Bedeutung dieses Bergwerks.

Der Campo del Cielo-Meteoirt besteht fast ausschließlich aus den Elementen Eisen und Nickel. Aus den Geowissenschaftlichen Sammlungen der Uni Göttingen.
Der Campo del Cielo-Meteoirt besteht fast ausschließlich aus den Elementen Eisen und Nickel. Foto: Lena Heykes

Ein Blick in die lebendige Welt der Geowissenschaflichen Sammlungen

Die Sammlungen des Geowissenschaftlichen Museums bieten die Grundlage für eine beeindruckende Ausstellung. Sie sind aber auch eine zentrale Ressource für Forscher*innen und Student*innen – nicht nur an der Uni Göttingen.

In den Geowissenschaftlichen Sammlungen dienen die Objekte als entscheidende Schlüssel zur geowissenschaftlichen Forschung. Ein Netzwerk von lokalen, nationalen und internationalen Wissenschaftler*innen greift auf diese reichhaltigen Sammlungen zurück, um aktuelle und vielschichtige Forschungsfragen zu beantworten. Die enge Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Institutionen und Industriepartnern ermöglicht interdisziplinäre Forschungsansätze. Aktuelle Projekte reichen von der Untersuchung der geologischen Struktur lokaler Lagerstätten bis hin zur Erforschung globaler geowissenschaftlicher Phänomene.

Student*innen haben die außergewöhnliche Möglichkeit, die Geowissenschaftlichen Sammlungen als lehrreiches Instrument zu nutzen. Bestimmungskurse, die Untersuchung einzelner Objekte und die nahtlose Integration der Sammlung in den Lehrplan schaffen einen praxisnahen Zugang zu den Geowissenschaften. Die Studierenden erhalten nicht nur theoretisches Wissen, sondern können auch direkt mit den Schätzen der Erde arbeiten. Dies ermöglicht einen ganzheitlichen und tieferen Einblick in die geowissenschaftlichen Zusammenhänge und fördert ein lebendiges Verständnis für die Materie.

Calcit aus dem St. Andreasberger Erzrevier (Harz), aus den Geowissenschaftlichen Sammlungen der Uni Göttingen.
Calcit aus dem St. Andreasberger Erzrevier (Harz). Foto: Lena Heykes

Geopark und Museum am Nordcampus

Das Geowissenschaftliche Museum und der Geopark bilden eine Einheit, die unter anderem die Geologie, Mineralogie und Erdgeschichte Niedersachsens in den Mittelpunkt stellt. Hier wird nicht nur rein Geologisches, sondern auch der ständige Austausch zwischen Mensch und Umwelt untersucht. Der Geopark dient als lebendige Plattform, die tiefe Einblicke in die geowissenschaftliche Vergangenheit der Region ermöglicht. Gleichzeitig wird die Verbindung zwischen geologischen Prozessen und menschlicher Geschichte verdeutlicht.

Das Geowissenschaftliche Museum der Universität Göttingen bietet euch einen Blick in die Vergangenheit und ist auch eine lebendige Ressource für die aktuelle Forschung. Die Vielfalt der Sammlungen, die enge Verbindung zur Lehre und Forschung sowie die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen machen das Museum zu einem unverzichtbaren Ort für alle, die die Geheimnisse der Geowissenschaften, insbesondere Niedersachsens, erkunden möchten. Besucher*innen sind herzlich eingeladen, sich auf eine faszinierende Reise durch die geologischen Schätze zu begeben und die spannenden Geschichten hinter den Objekten zu entdecken.