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Saujana Membumi – Nachhaltigkeit erkunden

Über die erste Sonderausstellung im Forum Wissen, die Partnerschaft mit Künstler*innen aus Indonesien und der documenta fifteen – und warum “Nachhaltigkeit” Kunst und Forschung an der Uni Göttingen verbindet.

Die Früchte der Ölpalme und deren Schalen. Foto: Martin Liebetruth

Forschung zu nachhaltiger Landnutzung

Im Zentrum der Sonderausstellung, die in Kooperation mit der documenta fifteen stattfindet, steht der Rohstoff Palmöl, der in zahlreichen Lebensmitteln und Kosmetika eingesetzt wird und eine wichtige Einnahmequelle für die lokalen Kleinbauern in Indonesien darstellt. Der Erfolg des Produkts und der Anbau der Ölpalmen in Form von Monokulturen wirkt sich jedoch negativ auf die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren aus.

Seit 2012 untersuchen Forscher*innen des Sonderforschungsbereichs “Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme” (EFForTS) an der Universität Göttingen gemeinsam mit indonesischen Partner*innen die Auswirkungen der veränderten Landnutzung in der Provinz Jambi auf Sumatra. Palmölplantagen haben hier den Regenwald weitgehend verdrängt.

Der Mensch steht im Mittelpunkt

Im Rahmen des Projekts „Nachhaltiges Dorf“ arbeiten die Wissenschaftler*innen gemeinsam mit den Kleinbauern vor Ort an der Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Strategien für den Landbau und die damit verbundene Wertschöpfungskette. Das kann beispielsweise durch das Pflanzen einheimischer Nutzbaumarten geschehen, durch neue Vermarktungsmöglichkeiten für innovative Bioprodukte oder durch die eigene Produktion von Sämlingen, Kompost oder Dünger. Die Maßnahmen werden jedoch nicht von den Forschenden angeordnet, sondern von den Dorfbewohnern selbst gewählt und an die lokalen Bedingungen angepasst.

Im Fokus der wissenschaftlichen Untersuchungen stehen die Menschen und ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Lebensbedingungen. Sie werden nicht einfach zu Objekten der Forschung gemacht, wie lange Zeit in den westlichen Wissenschaften üblich, sondern sind als Akteur*innen beteiligt.

Ein Dorfbewohner äußert im Video-Interview seine Gedanken zur Nachhaltigkeit, Foto: Alciro Theodoro da Silva

Als Kooperationspartnerin für dieses Vorhaben unterstützt die documenta fifteen es als eines von mehreren langfristig angelegten Nachhaltigkeitsprojekten. Aus dem Erlös jedes documenta fifteen-Tickets fließt ein Euro in die Förderung dieser Projekte.

Wissenschaft und Kunst erkunden Nachhaltigkeit

Die Darstellung der Forschung wird durch künstlerische Perspektiven des indonesischen Künstler*innenkollektivs Rumah Budaya Sikukeluang ergänzt. Das Kollektiv stellt ebenfalls die Menschen als aktiv Handelnde in den Mittelpunkt. Während eines mehrtägigen Festivals im März auf Sumatra hat das Kollektiv mit den Menschen vor Ort zahlreiche Ideen und Objekte zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt, die in der Sonderausstellung präsentiert werden. So können Besucher*innen im Forum Wissen die soziale und ökologische Dimension des monokulturellen Anbaus von Ölpalmplantagen in Indonesien aus verschiedenen Blickwinkeln erleben.

Installation „The Eagle“, die beim Festival im März in einer Kooperation des Kollektivs mit den Dorfbewohner*innen auf Sumatra entstand, Foto: Alciro Theodoro da Silva

Die Kombination künstlerischer Beiträge mit Objekten und Projektionen aus unterschiedlichen Forschungszusammenhängen zeigt die Parallelen zwischen gesellschaftsrelevanter Forschung und künstlerischem Aktivismus auf. Darüber hinaus bietet das Vermittlungsteam des Forum Wissen während der Ausstellungslaufzeit Veranstaltungen an und setzt Projekte zum Thema Nachhaltigkeit um, in die verschiedene lokale Akteur*innen, unter anderem Schulklassen, und die Öffentlichkeit eingebunden werden. Bis zum 26. Juni 2022 sind die Künstlerinnen von Rumah Budaya Sikukeluang an den Veranstaltungen beteiligt und leiten verschiedene Workshops.

Ein Mitglied des Kollektivs Sikukeluang mit einer Performance zur Eröffnung. Foto: Alciro Theodoro da Silva

Ergänzend zum künstlerischen Beitrag konnte für die Leitung der Ausstellung das renommierte Berliner Ausstellungsbüro TheGreenEyl gewonnen werden. Dieses gibt den verschiedenen Akteur*innen der Ausstellung – Menschen, Tieren und Pflanzen im indonesischen Regenwald – eine Stimme und gewährt Einblicke in die zahlreichen, interdisziplinären Forschungspraktiken, mit denen man vor Ort Daten erhebt und auswertet.

Visualisierungen des indonesischen Regenwaldes. Foto: Alciro Theodoro da Silva

Auch wenn am 25. September 2022 die documenta fifteen und die Sonderausstellung im Forum Wissen enden – das Nachhaltigkeitsprojekt in Indonesien ist noch längst nicht vorbei.

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Ausstellung Forum Wissen Hinter den Kulissen

Wer sucht, der findet: vom Pitch zum Partner

Das Feinkonzept für die 13 Räume des Wissens steht! Die konzeptionelle Arbeit ist damit abgeschlossen. Nun geht das kuratorische Team daran, die Ideen für die Basisausstellung des Forum Wissen umzusetzen. Ich bin seit Juni 2018 dabei: Michael Fürst, Referent für Ausstellen an der Zentralen Kustodie, Wahlberliner und gebürtiger Göttinger! Daher fasziniert mich das Forum Wissen als neue kulturelle Attraktion der Stadt ganz besonders.

Das bin ich, in der Mitte – im Gespräch mit Britta Nagel und Tanja Zöllner vom Atelier Brückner.

Noch eine Auswahl – noch mehr Expertise

Als ich in die Arbeit an der Ausstellung im zukünftigen Forum Wissen einstieg, lief das Auswahlverfahren für die Gestaltung der Basisausstellung bereits auf Hochtouren. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Schritt für die weitere Arbeit an der Ausstellung. Die Gestalterinnen und Gestalter setzen die Ideen des Feinkonzepts in Entwürfe für die Gestaltung der Räume um. Dies geschieht natürlich in enger Abstimmung mit dem kuratorischen Team. Der Austausch ist ausgesprochen wichtig, damit die konzeptionellen Ideen richtig verstanden und entsprechend in Raumbilder umgewandelt werden können. So sieht das Feinkonzept zum Beispiel Räume wie Labor, Feld oder Reise vor. Wer schafft an diesen Orten, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zweck Wissen? Wie können wir die Forschung unter kontrollierten Bedingungen, auf einer Grabung oder während der Zugfahrt veranschaulichen? Welche Methoden wollen wir auf welche Weise in den einzelnen Ausstellungsräumen inszenieren? Das alles gilt es mit den Szenografinnen und Szenografen – wie die Gestalter auch genannt werden – zu besprechen.

So sieht es aus, wenn sich das kuratorische Team trifft.

Um den richtigen Partner für die „Räume des Wissens“ zu finden, haben wir die Aufgabe europaweit ausgeschrieben. Von den 16 Gestaltungsbüros, die sich bewarben, haben wir sechs zum Pitch eingeladen. Ein Pitch bedeutet, die Agenturen senden ein Team nach Göttingen, das den eingereichten Entwurf persönlich vor einem Gremium präsentiert. Solch ein Pitch hilft nicht nur, mehr über die Entwurfsidee zu erfahren und Fragen zu klären, sondern eignet sich hervorragend, um einen persönlichen Eindruck von den Menschen zu bekommen, mit denen man möglicherweise zusammenarbeiten wird. Dabei war uns wichtig, dass die Gestalter sich auf unsere Ideen einlassen, diese auf originelle Weise in die Gestaltung der „Räume des Wissens“ einbringen. Ihre Entwurfsskizzen sollten neugierig machen und natürlich auch bezahlbar sein. Wir erstellten eine Matrix, die alle Kriterien festlegt, und die wir veröffentlicht haben. Sie zeigt auch den Schlüssel, nach dem wir die Agenturen bewertet haben. Und damit alles mit rechten Dingen zugeht, gab es eine Vergabeanwältin, die die Vorgänge mit Adleraugen verfolgte.

Kaum vorstellbar: Das werden die Räume des Wissens! Unsere Szenografin Tanja Zöllner auf der Baustelle.

Auf diese Weise fiel unsere Wahl auf das Gestaltungsbüro Atelier Brückner aus Stuttgart. Die Agentur hatte einfach die originellsten Vorschläge, Inszenierungen, die das Wissen-Schaffen in den Ausstellungsräumen wirklich erfahrbar machen. Hinzu kam ihre langjährige, internationale Expertise in der Ausstellungsgestaltung. So hat das Atelier Brückner unter anderem die Dauerausstellung im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln, im Filmmuseum Frankfurt am Main und im Staatlichen Museum für Archäologie in Chemnitz gestaltet. Aktuell arbeitet es an der Realisierung des Grand Egyptian Museum in Gizeh. Wir freuen uns sehr, nun mit diesen Profis an unserer Seite das Ausstellungskonzept realisieren zu können.

Vom Suchen und Finden

Die größte Herausforderung, die jetzt vor uns liegt, ist es, bereits bis Ende des Jahres gemeinsam mit den Kustodinnen und Kustoden der Sammlungen erste Objekte festzulegen, die tatsächlich in der Ausstellung gezeigt werden sollen. Die Vielzahl der Göttinger Universitätssammlungen – immerhin über 70 – macht dieses Unterfangen zu einer spannenden Aufgabe. Damit diese gelingt, kommunizieren wir viel, sowohl mit den Sammlungen als auch mit dem Atelier Brücker. Wir organisieren Skype-Konferenzen und Workshops, um uns auf einen gemeinsamen Stand zu bringen.

Objekt, Farbe, Licht … alles soll zusammenpassen.

Gemeinsam mit dem kuratorischen Team suchen wir intensiv nach Objekten und ihren Geschichten: In den vergangenen Wochen haben wir zahlreiche Sammlungen besucht, Gespräche geführt, diskutiert und eine Liste unserer Entdeckungen angelegt. Denn Grundlage für die Gestaltung der Ausstellung sind nicht allein Raumideen, sondern auch Objekte, die dort gezeigt werden. Besucherinnen und Besucher sollen diese in einem faszinierenden Raumeindruck erfahren können. Aus diesem Grund sprechen wir uns thematisch und inhaltlich mit den Mitarbeiterinnen des Atelier Brückner ab. Das Büro plant die genaue Position der einzelnen Objekte und Texte und wird auch den Vorgang des Ausstellungsbaus begleiten. Jede Vitrine und Texttafel, jede Raumgrafik und Medienstation wird von den Gestalterinnen auf die Erfordernisse des einzelnen Raums abgestimmt. Am Ende soll jeder Raum ein Erscheinungsbild bekommen, das unsere Besucherinnen und Besucher überzeugt.

Lassen Sie sich überraschen: ab 2020 für alle, die mehr wissen wollen.

Und wenn Sie jetzt fragen, welche Objekte wir denn nun in der Ausstellung zeigen, dann bitte ich Sie noch um etwas Geduld. Das verrate ich Ihnen gern beim nächsten Mal.