Ein Storch im Café Cortés? Seit einigen Tagen hängt das farbenfrohe Bild in der kleinen, gemütlichen Oase Göttingens, ausgewählt hat es Rahel Winterstein. „Es passt einfach zu unserem süßen Repertoire“, so die Inhaberin des Cafés. Denn hinter dem Storch, der ein Wickelkind im Schnabel trägt, verbirgt sich die Form für ein Hochzeitsgebäck aus dem 19. Jahrhundert. Das Objekt aus der Sammlung „Symbole des Weiblichen“ spiegelt die Wünsche an das einstige Brautpaar. „Das ist eine schöne Idee, genauso wie das Forum Wissen“, fügt die Göttingerin hinzu.
Auf dem Weg zum Forum Wissen
Gemeinsam mit acht weiteren Geschäften und dem Deutschen Theater unterstützt Rahel Winterstein die Kampagne „wir wollen’s wissen“: Sie alle haben in ihren Schaufenstern oder Räumen Fotoleinwände aufgestellt, die Objekte aus den Sammlungen der Uni Göttingen vorstellen. „Welchen Bezug diese zu den jeweils angebotenen Waren haben, kann jetzt jeder bei einem Stadtbummel erkunden“, so Isabel Pagalies. Die wissenschaftliche Volontärin der Zentralen Kustodie hat die Objekte, ihre Herkunft und Besonderheiten recherchiert. „Rast vor der Schenke“ aus der Mitte des 17. Jahrhunderts gehört zu ihren Lieblingsstücken: Die ländliche Wirtshauszene hat der niederländische Künstler Jan Victor gemalt. Ein Genrebild, das nun vorübergehend Bremers Repertoire erweitert.
Stichhaltig und unbeschreiblich
Im Piercingstudio Groovy hängt dagegen das Fragment einer geschmückten Tonfigur aus präkolumbianischer Zeit. Das heißt, es wurde wohl zwischen 700 vor bis 350 nach Christus geschaffen. Der Kopf ist an den Ohren durchstochen, links ist ein vergoldeter Ring erhalten geblieben. Nach Isabel Pagalies verweist das Objekt in idealer Weise auf das geplante Forum Wissen: „Auch hier wollen wir zu Diskussionen anregen, die stichhaltig und reich an Argumenten sind“.
Daher heißt es im Schaufenster von Wiederholdt auch „Unbeschreiblich! Ab 2020 – für alle, die mehr wissen wollen: Forum Wissen Göttingen”. Das hier zu sehende Tintenfass mit Spitzfeder gehörte einst dem Göttinger Historiker und Staatsrechtler August Ludwig von Schlözer; heute bewahrt es die Schlözer-Stiftung in der SUB Göttingen auf. Neben Kunst- und Alltagsgegenständen finden sich hier auch viele Bücher und Handschriften aus dem Nachlass der Familie. „Auf diese Weise können wir zugleich auf die reichhaltigen Bestände in den Sammlungen der Universität aufmerksam machen”, so die studierte Ethnologin, Kunsthistorikerin und Kulturanthropologin.
Einblicke in die Welt des Wissens
Die abgebildeten Objekte stammen aus unterschiedlichen Fachbereichen: Die Zentrifuge beim Elektrofachhändler GEMOG kommt aus dem Museum der Göttinger Chemie, der Kupferstich von Stempel Bergen aus der Kunstsammlung und das vergrößerte Modell eines menschlichen Auges in der Brillen Galerie aus dem „Physicalischen Cabinet“. „Georg Christoph Lichtenberg hat damit physikalische Zusammenhänge erklärt”, betont Isabel Pagalies stolz. Gemeint ist zum Beispiel der Abbildungsvorgang im Auge. Es sind Einblicke in die Welt des Wissens, die nun auch auf zehn verschiedenen Postkarten in den Geschäften, den Sammlungen und in der Zentralen Kustodie zu erhalten sind.
Noch bis Juli sind die Objekte zu entdecken, unter ihnen auch ein Regenhemd der Inuit, die in Form eines Hundes geschnitzte Kopfbank oder indonesische Schattenspielfiguren. Wo? Das verraten wir nicht, wünschen aber viel Spaß beim Suchen!