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Ausstellung Forum Wissen Sammlung

Geheimnisse der Göttinger Sammlungen

Die Ausstellung „Präparierte Natur. Was wissenschaftliche Objekte verbergen“ ist eröffnet. Studierende der Kunstgeschichte und der Kulturanthropologie haben in einem interdisziplinären Seminar die Ausstellungspraxis von Museen und Sammlungen analysiert und hinterfragt. Mit den Ergebnissen haben sie nun eine eigene Ausstellung entwickelt, die einen Ausblick auf das Forum Wissen gibt. Wir waren bei der Ausstellungseröffnung dabei und sprachen mit den Ausstellungsmacherinnen über Irritationsmomente, Detektivarbeit und Kuriositäten in den Göttinger Sammlungen.

Die Ausstellungsmacherinnen Melina Wießler, Frauke Ahrens, Sonja Nökel, Wiebken Nagel, Jennifer Pötzsch mit ihrer Seminarleiterin Magarete Vöhringer (v.l.n.r.) eröffnen die Ausstellung (Foto: Julian Schima)

Studierende stellen aus

Der Ausstellungsraum ist gut gefüllt, als Margarete Vöhringer vom Kunstgeschichtlichen Seminar gemeinsam mit den Studierenden des Seminars “Materialität des Wissens“ die Schau eröffnet. Die Präsentation ist in fünf verschiedene Abschnitte unterteilt, die jeweils ein Sammlungsobjekt unter die Lupe nehmen. Die Objekte werden in einem ganz neuen ästhetischen Kontext präsentiert – eine Auseinandersetzung mit der gängigen Ausstellungspraxis. Selbstsicher und souverän referieren die Studentinnen über ihre Projekte.

Die Studierenden sind tatkräftig am Aufbau beteiligt (Foto: Wiebken Nagel)

Das Potwalskelett und ein Menschenschädel zu neuem Leben erweckt

Wiebken Nagel begleitete mit einer Kamera den Umzug des Walskeletts aus dem Zoologischen Museum. Auf diese Weise konnte sie neue Perspektiven festhalten, die man in der bisherigen Ausstellung des Wals nicht fand. Die Kulturanthropologiestudentin zeigt ihre Aufnahmen in einer Videoinstallation. Ganz nah führt sie die Betrachtenden an die Einzelteile. Details werden sichtbar, die in der Präsentation vorher verborgen geblieben waren: Schrauben, die das Skelett sonst zusammenhalten, erscheinen auf einmal im Blickfeld. So wird bewusst, dass die ausgestellte Natur vom Menschen konstruiert ist: Ein Haufen Knochen, der mühsam zusammengefügt und fixiert in der Ausstellung als heiles Skelett präsentiert wird.

 

Auch Jennifer Pötzsch befasst sich mit Knochenmaterial: Sie näherte sich einem Schädel aus der Blumbachschen Sammlung über eigene Zeichnungen an. Ihr Interesse gilt der Kulturgeschichte von Totenschädeln. Sie sind und waren Kultgegenstände, Kunstobjekte oder Forschungsobjekte in der modernen Wissenschaft. Heute können Forschende mit ihren Instrumenten und Methoden die Lebensgeschichte des verstorbenen Menschen hinter dem Schädel zu neuem Leben erwecken.

Die Gestaltung der Schauvitrine zum Objekt aus dem Göttinger Herbarium (Foto: Wiebken Nagel)

Science meets art

In einem Schaukasten liegt der Roman „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann neben getrockneten Pflanzen aus dem Göttinger Herbarium. Melina Wießler, Studentin der Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften, verbindet in ihrer Anordnung gekonnt Dürer, Tucholsky und Kehlmanns Abenteuerroman mit einem 200 Jahre alten Herbarium – und reflektiert über das Beziehungsgeflecht zwischen Kunst und Wissenschaft. Hier verbinden sich die wissenschaftliche Sammel- und Dokumentationstätigkeiten mit kulturellen Erzeugnissen. Wießler interessiert sich dafür, wie Erzählungen und bildende Kunst das Bild der Forschung in der Öffentlichkeit prägen.

Der Kustos der Zoologischen Sammlung, Gert Tröster (links), bringt eigenhändig den Handschuh aus Muschelseide in die Ausstellung (Foto: Wiebken Nagel)

Natur und Kultur

Sonja Nökel ging der Objektbiographie eines Handschuhs aus Muschelseide nach, der aus der Zoologischen Sammlung stammt. Muschelseide stellte man seit der Antike aus dem Faserbart der Rauen Schinkenmuschel her, mit dem sich diese am Meeresboden festhält.  Die Kunstgeschichtsstudentin interessiert sich vor allem für das Zusammenspiel von Natur und Kultur, das durch den fertigen Handschuh verdeckt wird: Hinter der bloßen Ansicht des Materials verbergen sich gleichsam der natürliche Stoff und dessen aufwändige Beschaffung und Verarbeitung durch den Menschen. Diese sichtbar zu machen, gelingt nur mittels Recherche und Beschreibung in der Ausstellung des Objekts.

Materialität des Wissens

Vöhringer berät bei der Gestaltung der Sektionen (Foto: Wiebken Nagel)

Die Studierenden haben die Ergebnisse für ihre Ausstellung innerhalb des Seminars zu wissenschaftlichen Präparaten erarbeitet. „Im Mittelpunkt des ersten Semesters stand die Beschäftigung mit den Objekten sowie die Vermittlung theoretischer Kenntnisse zur Ausstellungs- und Sammlungspraxis“, sagt Vöhringer, Professorin für Materialität des Wissens. Zu ihrer interdisziplinären Professur gehört es, die Göttinger Sammlungen für Forschung und Lehre zu nutzen und zu untersuchen. Die Seminarteilnehmerinnen besuchten unter anderem die Zoologische Sammlung, die Blumenbachsche Schädelsammlung und das Herbarium. Sie begannen zu hinterfragen: Welche Objekte werden ausgestellt und warum? Wie werden sie präsentiert? Das führte zu Irritationsmomenten.

Nomen est omen?

Das Korallenskelett (Foto: Frauke Ahrens)

Frauke Ahrens, Studierende der Kulturanthropologie, richtete ihr Augenmerk auf die wissenschaftliche Namensbezeichnung ausgestellter Objekte. Sie fragte sich, warum es aus naturwissenschaftlicher Perspektive kein Interesse an der historischen Namensentstehung gibt. „Im Bewusstsein der Forschung ist nur der aktuelle Name des Objekts von Interesse“, sagt Ahrens. Die Studentin stellt ein Korallenskelett aus der Zoologischen Sammlung aus, für das in der Fachwelt gegenwärtig drei verschiedene Namen kursieren. „Die Beschriftung von Gegenständen in Museen suggeriert, dass ihre Namen feststehen“ erklärt die Kulturanthropologin. „Das verschweigt den Prozess und die Widersprüche in der Namensgebung.“ Mit ihren Recherchen zeigt die Studentin exemplarisch an der Namensgeschichte ihrer Koralle die Wandelbarkeit von Forschungsergebnissen auf.

Museale Perspektiven

Die Projektleiterin ist sichtlich stolz auf ihre Studentinnen: „Alle haben sich sehr intensiv im Seminar eingebracht.“ Die Erkenntnis darüber, dass die Präsentation von Wissen auch immer die Perspektive der Ausstellungsmacher widerspiegelt, ist eines der didaktischen Lehrziele, auf das Vöhringers Seminar ausgerichtet war. „In dem Seminar habe ich gelernt, Ausstellungen mit anderen Augen zu sehen“, sagt Wießler. „Mir wurde bewusst, dass ein Museum uns immer die eigene kulturell geprägte Perspektive aufdrückt.“

Wießler referiert über ihr Ausstellungsprojekt (Foto: Julian Schima)

Auf dem Weg zum Forum Wissen

Die erfolgreiche Ausstellung „Präparierte Natur“ gibt einen Ausblick auf Teile der Ausstellungspraxis des künftigen Forum Wissen: Studierende forschen an Objekten der Göttinger Sammlungen, können sich in der Ausstellungspraxis erproben und vermitteln die Entstehung des Wissens vom Beginn über Irrwege bis ans Forschungsziel – und auch das, so wissen die Studentinnen nun, ist nicht in Stein gemeißelt. Wer also wissen möchte, wie Ausstellungskonzepte im Forum Wissen aussehen können, sollte diese Ausstellung im Alten Auditorium, Raum 0.111, an der Weender Landstraße 2 nicht verpassen. Die Schau ist bis zum 30. März 2019 jeden 1. und 3. Sonntag des Monats von 11 bis 13 Uhr geöffnet.

 

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Sammlung

Blick in die Schatzkammern der Universität

Wie atmen Insekten unter Wasser? Warum läuft ein Doppelkegel bergauf? Was verraten Skelette über Krankheiten und Urkunden über das Mittelalter? Am Internationalen Museumstag können Sie es erfahren: Am Sonntag, 13. Mai 2018, haben Sie die Chance, von 10 bis 18 Uhr einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und die Schatzkammern der Universität Göttingen kennenzulernen. Die Sammlungen, Museen und Gärten heißen Sie in Göttingen herzlich willkommen!

Von der Mechanik bis zur Quantenphysik: historische Instrumente im Physicalischen Cabinet entdecken.

Ein Programm für die ganze Familie

„Wir haben zusammen mit den Kustodinnen und Kustoden der Sammlungen ein vielfältiges und spannendes Programm auf die Beine gestellt, das für alle etwas bietet“, so Marie Luisa Allemeyer. Die Direktorin der Zentralen Kustodie hebt die verschiedenen Sammlungen vom Filmarchiv bis zur Ägyptologie hervor, die ansonsten nicht öffentlich zu sehen sind und sich nur an diesem Tag im Auditorium vorstellen. Hier begrüßt die Unipräsidentin um 11 Uhr alle Gäste. Der Förderkreis Forum Wissen informiert über das zukünftige Wissensmuseum und das „boat people projekt“ präsentiert eine szenische Collage, inspiriert von den Bildern der Kunstsammlung. Auch Mitmachaktionen, Führungen, Kurzvorträge, viel Musik und leckere Waffeln gibt es.

„Wir freuen uns über alle großen und kleinen Bücherwürmer,“ erklärt Hartmut Hombrecher von der Sammlung historischer Kinder- und Jugendliteratur und lädt alle zum Stöbern, Malen und Entdecken ein. Auch in der Paulinerkirche geht es um Bücher und Bibliotheken, Karten und Handschriften. Wenn Sie sich für ihre Erhaltung interessieren, schauen Sie am besten den Restauratorinnen und Restauratoren der SUB Göttingen über die Schulter.

Im Herbarium können Sie Pflanzen entdecken, die Georg Forster während der zweiten Südseereise von James Cook sammelte.

Durch die Erdgeschichte reisen

Wie leben Algen mit anderen Lebewesen zusammen? Welche Erkenntnisse gewinnen Forschende aus getrockneten Pflanzen des 18. Jahrhunderts? Warum läuft ohne Wasser nichts? Entdecken Sie mit uns die Katakomben des Alten Botanischen Gartens und die Buntheit der Antike. Das Angebot reicht vom Schmuckbasteln über den 3D-Druck bis hin zur Versteigerung von Gemälden, deren Erlös ghanaischen Künstlerinnen und Künstlern zugutekommt.

„Mit uns können Sie durch die Erdgeschichte reisen, die Vielfalt der Gesteine kennenlernen und einen exklusiven Blick hinter die Kulissen unserer derzeit entstehenden mineralogischen Ausstellung werfen“, so Kustos Alexander Gehler, der damit nur auf einige Highlights im Geowissenschaftlichen Museum verweist. Werkstattbesuche und Flohmärkte, Entdeckungen am Sternenhimmel, Gartenspaziergänge und Schatzsuchen runden das Programm der Sammlungen am Nordcampus ab.

Auch für Kaffee, Crêpes und einen herzhaften Imbiss ist gesorgt. Wer gern selbst Objekte sammelt, kann in allen geöffneten Sammlungen das Sticker-Album „Göttinger Sammelsurium“ und die Aufkleber erhalten.

Doppelte Aufkleber? Kein Problem: Große Tauschbörse in der Zentralen Kustodie.

Musik liegt in der Luft …

Erstmals schließt sich auch die Erdbebenwarte Göttingen e.V. mit einer Führung auf dem Hainberg unseren Aktionen an. Mit dabei sind zudem viele Musikerinnen und Musiker: das Duo Corda e Ventor, die Sängerin Beray Dincay, die Hornets von der IGS Geismar sowie Katharina Trabert und Michael Frey mit ihrem Programm „Eben lacht es, bums da weint es“. Italienische Arien und barocke Sonaten, Alt-Berliner Chansons und Ohrwürmer des modernen Pop – überzeugen Sie sich am besten selbst vom besonderen Klang des #IMT18 an der Uni Göttingen.

Noch Fragen? Schauen Sie auf unsere Website www.uni-goettingen.de/museumstag oder in unsere Programmhefte, die wir in Stadt und Region verteilen.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

 

 

 

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Ausstellung Sammlung

Ausstellung “Aus der Erde” – Der Göttinger Wal bekommt Gesellschaft

Gert Tröster nimmt routiniert Maß. Eine etwa drei mal zwei Meter breite Fläche muss geräumt werden. Wenig Platz für einen Wal.

Der Göttinger Pottwal.

Dr. Gert Tröster ist Kustos, Wächter ganz im lateinischen Wortsinn. Worüber er wacht sind 120.000 präparierte Tiere. Unter seiner Ägide schlummern winzige Flusskrebse, eingelegt in Alkohol, ebenso wie pelzige Orang-Utans – drapiert, als würden sie gerade über Äste klettern.

Auch das tonnenschwere Skelett eines Pottwals gehört zur Sammlung. Eine ganze Wand musste damals aufgestemmt werden, um den Riesensäuger in das dritte Stockwerk des Zoologischen Museums zu zwängen. Dieser Wal soll nun Gesellschaft durch einen Artgenossen bekommen. Nicht aus Knochen, sondern aus Acrylfarbe und Leinwand.

Dr. Gert Tröster in der Werkstatt der zoologischen Sammlung.
Dr. Gert Tröster in der Werkstatt der zoologischen Sammlung.

Die Geburt eines Wales

Ammar Hatem arbeitet tief verborgen in den Kellergewölben des Kultur- und Aktionszentrums Göttingen. Bannt durch seinen Pinsel in Mixed Media Technik konzentriert Insekten wie Fledermäuse auf die Leinwand. „Bereits als Kind hat mich das Tierreich fasziniert. Stundenlang habe ich durch Tieratlanten geblättert“, erklärt der 25-jährige syrische Künstler die Triebfeder seines Schaffens. „Sie mit der Malerei einzufangen ist sozusagen mein Lebenstraum.“

Schon seine Abschlussarbeit an der Universität von Damaskus hatte die Evolution zum Thema. Ammar zeigt sie auf seinem Handy, denn die Bilder selbst lagern noch immer im Bürgerkriegsland.

Es ist diese Faszination, die den jungen, sportlich wirkenden Syrer mit dem Kustoden Tröster verbindet. Der einzigartige evolutionäre Weg des Wals hat es ihm besonders angetan. Aus dem Meer ans Land und danach zurück ins Meer – der Wal ist wie fast kein anderes Säugetier auf das Leben im Wasser ausgerichtet. Er kann, wie sonst nur noch die Seekuh, sogar seine Jungen im Wasser gebären.

Ammar Hatem in seinem improvisierten Atelier.
Ammar Hatem in seinem improvisierten Atelier.

Wo Kunst und Kustodie sich treffen

Die Wassergeburt der Waljungen. Auch ein Thema über das Tröster den ganzen Tag schwärmen könnte. Die Begeisterung des altgedienten Kustos hat schon etwas physisch Ansteckendes.

Warum er sich immer wieder dazu entschließt seine kostbare Sammlung auch für die Kunst zu öffnen? „Was Ammar macht und was wir hier machen, ist eigentlich gar nicht so verschieden“, erklärt Tröster. „Wir stellen beide Tiere dar. Ein Präparat ist ja auch nur ein Abbild des lebendigen Tieres.“

Dann verweist Tröster mit lockerer Geste auf eine Reihe von Affenpräparaten, die gerade in der vollgestellten Werkstatt für das Publikum aufgearbeitet werden. Als die ersten Affenfelle nach Göttingen kamen, vor über hundert Jahren, hätten viele der Präparatoren nie einen lebendigen Affen gesehen. Damit war das Präparieren, nur ausgehend von einer Außenhaut auch immer ein kreativer Prozess des Vermutens und Ableitens.

„Ist ein gemaltes Bild da etwas so Grundverschiedenes?“

Die Werkstatt der zoologischen Sammlung.
Die Werkstatt der zoologischen Sammlung.

Alle Bilder: Max Leonard Remke

 

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Aus der Erde. Eine künstlerische Intervention zur Evolution der Wale

Eröffnungsmatinée: 15. Oktober 2017, 11 Uhr
Kustos Dr. Gerd Tröster und Künstler Ammar Hatem im Gespräch

Ort: Zoologisches Museum, Berliner Str. 28
Laufzeit der Ausstellung: 15. Oktober 2017 bis 14. Januar 2018

Öffnungszeiten: sonntags, 10 bis 16 Uhr

Weitere Informationen

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