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Sammlungsschaufenster

Holz, Pollen und das Klima der Eiszeit

Sie sieht aus wie eine normale Holzscheibe, ist es aber nicht: Denn dieses Stück gehörte einst zu einer Wasserleitung in Stralsund. Das war im 18. Jahrhundert, genauer gesagt 1747. Aus dieser Zeit stammt das Objekt, das jetzt im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt ist.

Durch das Loch in der Mitte der Holzscheibe lief einst das Wasser. Foto: Uni Göttingen

Geschichte im Holz

Archäolog*innen haben den dazugehörigen Baumstamm gefunden. Sie brachten ihn zu uns, um anhand der Ringe das Alter bestimmen zu lassen. Ausschlaggebend sind Breite und Abfolge der Ringe, die an der Baumscheibe gut zu erkennen sind. Diese Methode nennt sich Dendrochronologie (altgriechisch: Dendron = Baum, Chronos = Zeit). Mittlerweile haben wir ein Archiv mit über 20.000 Hölzern, alle aufs Jahr genau datiert. Sie ermöglichen es uns, andere Funde historisch einzuordnen.

Dr. Jörg Christiansen am Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Uni Göttingen

Fluch und Segen

Doch es gibt noch weitere Sammlungen in der Abteilung für Palynologie und Klimadynamik: Unter anderem eine mit Pollen und Sporen sowie eine mit Makroresten, wie Samen und Früchte. Das ist für uns wichtiges Vergleichsmaterial, durch das wir Aussagen über die Geschichte von Vegetation und Klima treffen können. Der unscheinbare Stein im Sammlungsschaufenster ist ein Beispiel dafür (siehe erstes Bild ganz oben). Er stammt vom Ufer einer Talsperre in den Vogesen. Auf ihm könnt ihr sehen, was sonst unsichtbar bleibt: Millionen von Pollenkörnern angeschwemmt durch Regen und dann auf dem Stein eingetrocknet.

Was für Allergiker*innen ein Fluch, ist für Palynolog*innen ein Segen: Jedes Jahr fliegen unzählige Pollenkörner durch die Luft. Geraten sie unter Luftabschluss – zum Beispiel am Boden eines Sees – können sie über Jahrtausende erhalten bleiben. Ähnlich wie die Ringe bei den Bäumen bildet sich jedes Jahr eine neue Schicht am Grunde des Sees. Ändert sich nun die Vegetation, ändert sich auch das Pollenspektrum. Nehmen wir dann einen Bohrkern aus dem See, dann verraten die Pollen, welche Pflanzen die Menschen einst anbauten oder was sie aßen. Daher wissen wir auch, dass sich nach der letzten Eiszeit in der Region um Göttingen die Vegetation stetig verändert hat. Auf Birken- und  Kiefernwälder folgten Eichenmischwälder und letztendlich Buchenwälder. Diese wurden aber zum größten Teil vom Menschen gerodet, um Ackerbau zu betreiben.

Das Mikroskop (1965) ermöglicht einen dreidimensionalen Blick. Foto: Martin Liebetruth

Sehen und verstehen

Mit dem bloßen Auge sind die Pollen nicht zu erkennen. Daher gehört das Mikroskop zum wichtigsten Equipment der Palynolog*innen. Wir präparieren die Pollen, bestimmen sie und haben auf diese Weise eine umfangreiche Datenbank angelegt. Einige der Präparate könnt ihr neben dem Mikroskop sehen – darunter auch “Astrantia minor”. Die kleine Sterndolde ist in den Wäldern Europas und Asiens zu Hause, blüht aber auch auf Alpenwiesen.

Präparate im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth

Wenn ihr noch ein wenig weitersucht, findet ihr auch „Aegopodium podagraria“. Das kennt ihr sicher: Es ist ein lästiges Unkraut, bekannt als Gemeiner Giersch. Den lasse ich gern die Studierenden untersuchen. Danach können sie sich nämlich das Original im benachbarten Alten Botanischen Garten ansehen. Hier am Eingang zur Wilhelm-Weber-Straße forschen und lehren wir. Falls ihr einen Einblick davon bekommen wollt, dann kommt am besten zum Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.

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Forum Wissen Sammlung Sammlungsschaufenster

Archäologie und Naturwissenschaften

Im Sammlungsschaufenster der Ur- und Frühgeschichte findet ihr eine Vielzahl von interessanten und anschaulichen Objekten. Diese geben euch einen Einblick in das Leben und die Kultur der zurückliegenden ca. 7.500 Jahre. Besonders aufschlussreich sind dabei die Tierzähne. Sie zeigen euch, welche Haustiere bereits in einer frühen Phase der Seßhaftwerdung gehalten wurden. „Daneben stehen Tierfiguren, um gerade auch Kindern im Vorschulalter zu veranschaulichen, welche Tiere in der damaligen Zeit von Menschen gehalten wurden“, erklärt Dr. Immo Heske, der Kustos der Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte.

Zähne eines Hausschweins aus dem Kreis Helmstedt, Bronzezeit und Eisenzeit. Foto: Martin Liebetruth

Zugleich könnt ihr sehen, welche Tiere auf dem urgeschichtlichen Bauernhof zu Beginn noch fehlen. Die Tierzähne sind auch ein Verweis auf die Naturwissenschaften, die eng mit der Archäologie verbunden sind. Denn ohne archäozoologische Bestimmungen können Wissenschaftler*innen die Tierarten nicht unterscheiden. Anhand der Tierzähne können sie feststellen, wie alt die Tiere zum Zeitpunkt ihres Todes waren und ob sie im laufe ihres Leben gereist sind.

Metallanalysen und Handel

Ein weiteres Highlight der Ausstellung sind Objekte aus der Bronzezeit: Ösenhalsringe und Spangenbarren, stehen für eine frühe Phase des Handels. Denn mit diesen Ringen und Barren haben die Menschen damals ihre Waren bezahlt. Auch das Metall selbst lässt weitere Auskünfte zu.  Die Zusammensetzung der Metall-Legierungen können Spezialist*innen bestimmen. Manchmal gelingt es sogar, die Herkunftsregion einzelner Bestandteile aufzuschlüsseln. Die Wissenschaftler*innen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte haben sich in den zurückliegenden Jahren stark auf die Bronzezeit konzentriert. Diese zeigt uns, wie wichtig der überregionale Warentransfer für die Versorgung der Menschen mit Rohstoffen war. Durch Handel und Austausch von Rohstoffen kamen die Menschen in Kontakt mit anderen Kulturen und konnten von deren Kenntnissen sowie Fertigkeiten profitieren. Die Objekte in der Ausstellung zeigen uns eindrucksvoll, wie international die Kontakte der europäischen Menschen bereits zu dieser Zeit waren.

Ösenhalsringe, Bronzesichel und Spangenbarren aus der frühen und jungen Bronzezeit. Foto: Lena Heykes

Anthropologie und Bestattungen

Besonders spannend sind auch die Ausstellungsstücke zum Thema Bestattungssitten. Die Leichenbrände zeigen uns, wie die Menschen der Vergangenheit mit dem Tod umgegangen sind und welche Bestattungsformen sie gewählt haben. Hier ist die Anthropologie eine große Unterstützung, um Details über Geschlecht, Alter und vieles mehr herauszufinden – zum Beispiel über Arbeitsbelastung und gewalttätige Konflikte. Die Bestattungsmethoden änderten sich im Laufe der Zeit deutlich, besonders ab der Bronzezeit und europaweit ab dem 11. Jahrhundert v. Chr. Die Vielfalt der Bestattungsmethoden und -rituale zeigt, wie unterschiedlich die Menschen damals das irdische Leben im Jenseits weiter dachten. Heute kann jeder selbst entscheiden, ob er eine Brandbestattung in einer Urne oder eine Körperbestattung in einem Sarg bevorzugt.

Urne mit Leichenbrand aus der Eisenzeit. Foto: Uni Göttingen

„Es ist erstaunlich, dass die Bestattungen in Niedersachsen bis zur Einführung des Christentums fast ausschließlich bei Brandbestattungen blieben.“, meint Immo Heske. Die Hausurnen, die ganz oben in der Ausstellung stehen, zeigen uns auch, dass einige Gefäße ausschließlich für die Bestattung angefertigt wurden. Für normale Urnen verwendeten die Menschen damals oft einfache Gefäße aus dem Haushalt. Diese Urnen gab es häufig. Hausurnen finden Archäolog*innen hingegen seltenen. Sie lassen sich aber inselartig europaweit nachweisen. Ein Hinweis auf vielfältige Einflüsse und Kontakte zwischen dem heutigen Dänemark, Polen, Italien und dem Nordharzgebiet in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Die Ausstellung der Ur- und Frühgeschichte im Sammlungsschaufenster endet mit den Hausurnen. Diese werden an das Ende der Bronzezeit und den Übergang der Eisenzeit datiert. Die Eisenzeit in Niedersachsen ist ansonsten überwiegend mit wenig aussagekräftigen Urnen belegt.

Hausurne der frühen vorrömische Eisenzeit 8./7. Jh. v. Chr. Foto: Lena Heykes

Noch mehr zu entdecken

Insgesamt liefert das Sammlungsschaufenster der Ur- und Frühgeschichte einen faszinierenden Einblick in das Leben und in die Kultur der frühen Menschheit. Die Objekte zeigen uns, wie sich die menschlichen Gesellschaften und Glaubensvorstellungen im Laufe der Zeit entwickelt und verändert haben – aber auch, wie der Mensch überregional oder lokal lebte. Archäolog*innen erforschen die Regionen und Landschaften, in denen wir heute leben auf ihre Geschichte.

Das Mittelalter spielt im Sammlungsschaufenster zwar keine Rolle, dafür ist es in der Dauerausstellung „Räume des Wissens“ präsent, mit Objekten des Weltkulturerbes Haithabu.

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Forum Wissen Sammlungsschaufenster

Gemmen, Gipsabgüsse und Göttingen

Im Archäologischen Institut Göttingen befindet sich die 1765 gegründete Sammlung der Gipsabgüsse. Diese Sammlung gibt einen Überblick über die mehr als 1000-jährige Geschichte der griechisch-römischen Bildhauerkunst. Sie enthält nicht nur Abgüsse großformatiger Statuen, sondern auch winziger Gemmen.

Was sind Gemmen?

Gemmen sind geschnittene Schmucksteine, die aus verhältnismäßig weichen Steinen geschnitten wurden. Die verwendeten Steinsorten waren dabei Tigerauge, Bergkristall, Rosenquarz, Amethyst, Granat, Roter und Gelber Japsis, Karneol, Sarder, Achate, Chalzedon und Chrysopras. Mit viel Erfindungsgeist entwickelten die Gemmenschneider ab dem 5. bis 6. Jahrtausend vor Christi Techniken, um die relativ weichen Steine mit freier Hand zu bearbeiten. Dabei wurde das Bildmotiv von den Steinschneidern als Vertiefung eingeschnitten.

Mit den Abgüssen, die in der Antike angefertigt wurden, konnten damals Briefe und Dokumente wie Urkunden als Siegel beglaubigt werden. Aber auch Waren, Kästchen, Gefäße und Türen wurden so verschlossen. Ob aus Ton oder Wachs – das Öffnen hätte die Siegel beschädigt und verraten, dass sich jemand Zugriff verschaffen wollte!

Die Abbildung zeigt Abdrücke von Gemmen im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen
Die Abgüsse der Gemmen aus dem Archäologischen Institut Göttingen im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Eva Völker

Wofür wurden Gemmen angefertigt?

Neben Münzen waren Gemmen in der Antike die kleinsten Kunstwerke, die hergestellt wurden. Bis auf Gemmen aus Glas konnten sie nicht vervielfältigt werden und waren deshalb immer ein Unikat. Gemmen wurden zum Beispiel als Schmuckstücke, Ehrengeschenke, Glücksbringer oder Amulette angefertigt. Dabei wurden ihnen magische Kräfte zugeschrieben und Verstorbenen mit ins Grab gegeben oder auch vererbt. Es gab nicht nur einfach geschnittene Gemmen, sondern auch richtige Meisterwerke!

Die Abgüsse der Gemmen

Im 18. Jahrhundert wurden umfangreiche Sammlungen von Gemmen erstellt. Sie galten als zentrale Quelle für die Kenntnis der antiken Kunst. Die Abgüsse solcher antiker Siegelsteine in Gips, Schwefel, Siegelwachs oder Siegellack sowie Sammlungen von ihnen wurden hauptsächlich im 18. Jahrhundert angelegt. Der größte Teil der Vorlagen für die Abgüsse stammt aus der Zeit etwa vom 6. Jahrhundert vor bis zum 6. Jahrhundert nach Christus. Die detaillierten Miniaturbilder der Abgüsse sind für uns ein spannendes Zeugnis der Antike!

Die Abbildung zeigt Gipsabgüsse von Gemmen im Detail aus dem Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.
In Nahaufnahme: Antike Bildmotive. Foto: Eva Völker

Bei vertieft in die Gemmen eingeschnittenen Bildern hatten Abgüsse den Vorteil, dass dank des positiven Reliefs Details oft noch besser als im Original herausgelesen werden konnten. Sammlungen solcher Abgüsse nennt man Daktyliotheken. Viele davon sind uns gut erhalten, da sie üblicherweise in geschlossenen Kästen aufbewahrt wurden und somit meist unversehrt geblieben sind. Für diese Art der Sammlungen wurden die Abgüsse mithilfe von vergoldeten Papierrähmchen systematisch auf einer Trägerplatte angeordnet beziehungsweise in eine Schublade fest montiert.

Abgüsse von Gemmen aus der Archäologischen Originalsammlung

Das Göttinger Archäologische Institut verfügt nicht nur über eine große Zahl von Daktyliotheken sowie einzelnen Gemmenabgüssen, sondern auch über mehr als 600 originale Gemmen aus hauptsächlich römischer Zeit. Johann Friedrich Crome (1906-1962) fertigte 1931 das erste systematische wissenschaftliche Inventar dieser originalen Gemmen im Besitz des Göttinger Archäologischen Instituts an und publizierte einen Teil davon in einem Aufsatz. Crome, der damals noch keine 25 Jahre alt war, hatte allerdings wenig Erfahrung mit antiken Gemmen. Er zog daher Paul Arndt als Experten zu Hilfe, den zu der Zeit besten Kenner antiker Steinschneidekunst in München. Arndt erhielt das gesamte Originalmaterial, formte innerhalb einiger Monate alle 106 Stück ab und montierte sie auf vier Tafeln aus festem Karton. Diese Abgüsse wurden in mindestens zwei Sätzen hergestellt und: Sie sind noch heute am Göttinger Institut erhalten.

Die Abbildung zeigt Gipsabdrücke von Gemmen aus dem Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.
Die Abgüsse der Gemmen aus dem Archäologischen Institut Göttingen auf Karton montiert. Foto: Eva Völker

Die Gipsabgüsse von Gemmen

Die Nummerierungen auf dem Karton verraten uns vermutlich, dass es sich hierbei um ein Arbeitsexemplar handelt, welches dann als Fotografievorlage für die Publikation diente. Dafür wurden die endgültigen Tafeln wahrscheinlich in höchster Präzision als Ganzes fotografiert und der freie Raum zwischen den Abgüssen dann einschließlich der Goldrähmchen wegretuschiert. Da die Abgüsse auf den endgültigen Tafeln nicht nummeriert sind, können sie nur in Verbindung mit den Abbildungen in Cromes Publikation benutzt werden.

Der Kasten als solcher präsentiert uns ähnlich wie traditionelle Daktyliotheken damals die Gemmenabgüsse ein Stück der europäischen Kunstgeschichte. Im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen werden die Gemmenabgüsse in den Glasvitrinen gezeigt und die spannenden Details sind mit bloßem Auge zu betrachten!

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Forum Wissen Sammlung

Das Verborgene sichtbar machen

Wie sieht eigentlich das Herz eines menschlichen Embryos aus? In unserem Sammlungsschaufenster könnt ihr es sehen. Denn hier ist ein zerlegbares Modell eines sechs Wochen alten Embryos ausgestellt. Der ist zu diesem Zeitpunkt ungefähr sechs Millimeter groß. Mit bloßem Auge also kaum zu sehen, zumal im Mutterleib. Jörg Männer versteht sich daher als jemand, der das normalerweise Verborgene sichtbar macht – mit den Objekten aus seiner, der Humanembryologischen Sammlung Blechschmidt.

PD Dr. Jörg Männer mit dem zerlegbaren Modell eines menschlichen, embryonalen Herzens.

Wie das Blut fließt

„Bereits in der vierten Woche nach der Befruchtung beginnt das menschliche Herz Blut zu pumpen,“ erklärt der Kustos. Zu diesem Zeitpunkt ist es lediglich ein schlauchförmiges Gebilde, dessen Pumpaktion an die des Darmes erinnert. Während der folgenden drei Entwicklungswochen aber wird der embryonale Herzschlauch in ein vierkammeriges Herz umgebaut. Nun ähnelt es dem eines Erwachsenen. Welchen Weg das Blut innerhalb des Herzens nimmt, zeigen die farbigen Ausgüsse. Sie stehen für verschiedene Hohlräume im Herzen – eines Erwachsenen und eines Fetus (so wird der Embryo nach der achten Entwicklungswoche genannt). Grün heißt: Hier fließt sauerstoffarmes Blut. Gelb zeigt die Bahn für das Blut an, das reich an Sauerstoff ist.

Ausgüsse der Hohlräume im Herzen von Fetus (links) und Erwachsenem (rechts).

Auf den ersten Blick scheint das Herz eines Fetus genauso zu funktionieren wie das nach der Geburt. Schaut man aber genauer hin, sind die Unterschiede zu erkennen: Die linke und die rechte Hauptkammer des fetalen Herzens arbeiten parallel. Das heißt, beide pumpen ihr Blut in den Körperkreislauf. Nur ein sehr kleiner Anteil fließt durch den Lungenkreislauf. Das hängt mit der vorgeburtlichen Atmung zusammen, die jetzt noch über die Plazenta läuft. Nach der Geburt hingegen arbeiten die beiden Hauptkammern seriell: Die rechte pumpt das sauerstoffarme Blut in den Lungenkreislauf und die linke pumpt es von dort – nachdem es sich wieder mit Sauerstoff angereichert hat – zurück in den Körperkreislauf.

Blick in den Sammlungsraum. Foto: Michael Markert

Repliken sind öffentlich ausgestellt

So kann es der Kustos auch im Seminar erklären. „Die Objekte erleichtern es den Studierenden, die vorgeburtliche Entwicklung des Menschen zu verstehen“, so Männer. Denn gerade das Herz-Kreislauf-System erfährt mit der Geburt und dem Verlust der Plazenta einen grundlegenden Umbau. Das nachzuvollziehen, ist nun im Forum Wissen möglich. Wer darüber hinaus mehr über die Sammlung und ihre Geschichte erfahren möchte, liest am besten hier weiter. Und wer sich für 3D-Repliken von Embryos interessiert, der kann die einzigartigen, überlebensgroßen Objekte im Institut für Anatomie und Embryologie besichtigen.

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Forum Wissen Sammlung

Ein Füllhorn von Geschichten

Die Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte enthält Exponate, sowohl Originale als auch Kopien, von der Urgeschichte bis hin zur Neuzeit. Sie spielt noch heute eine wichtige Rolle für Forschung und Lehre. Vielleicht ist die Sammlung gerade deswegen mit gleich zwei Vitrinenreihen im neuen Sammlungsschaufenster des Forum Wissen vertreten. So haben neben Student*innen nun auch Besucher*innen die Möglichkeit, einige Objekte aus der Nähe zu sehen. „Die ausgewählten Objekte, die im Moment ausgestellt sind, können dabei unterschiedlich betrachtet werden, einzeln für sich oder in einem zusammenhängenden Kontext“, so Dr. Immo Heske, Kustos der Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte.

Steinzeitliche Feuersteinklingen im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth.

Von der Sesshaftwerdung des Menschen

Die erste Geschichte, die erzählt wird, ist die Veränderung der Lebensweise durch die Sesshaftwerdung des Menschen im Jungneolithikum, eine der grundlegenden Erkenntnisse der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Dies wird anhand der ersten der beiden Schaufenster nähergebracht, in denen die landwirtschaftliche Vielfalt gezeigt wird: der erste Ackerbau und die Viehzucht in Deutschland zuerst auf den Lößböden und die spätere Weiterentwicklung zu den Großsteingräber-Kulturen wie der Trichterbecherkultur. Diese Kulturen legten ihre Toten in monumentalen Grabanlagen zur Ruhe und begannen auch auf kargen Sandböden mit dem Ackerbau.

Die Ausstellung im Sammlungsschaufenster verdeutlicht diese Veränderungen durch zahlreiche Fundstücke aus dieser Epoche der Menschheitsgeschichte. Hierzu zählen unter anderem Steinwerkzeuge und Waffen sowie Gefäße aus Keramik.

Trichterbecher aus Keramik im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth.

Hebt man den Blick etwas, geht die Geschichte weiter und erzählt vom Übergang zur Bronzezeit, in der die Metallverarbeitung eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Die Waffen, Werkzeuge und der Schmuck aus Bronze werden in Gräbern gefunden und lassen Rekonstruktionen sowie die Unterscheidung von männlicher und weiblicher Tracht zu. So werden Frauen eher Schmuckgegenstände zugesprochen und Männern Waffen wie die Bronzeklingen.

Vom Übergang zur Bronzezeit

Reskonstruktionvorschlag einer bronzezeitlichen Frau im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Lena Heykes.

Neben den großen gesellschaftlichen Veränderungen werden auch kleinere Details des alltäglichen Lebens durch Fundstücke veranschaulicht. Sie sind im Sammlungsschaufenster über das Scannen des QR-Codes zugänglich. Doch nicht nur Sesshaftwerdung und Bestattungssitten im Jungneolithikum und der Bronzezeit werden als Geschichten erzählt, sondern auch die Entwicklung von Gesellschaften und Kulturen, die sich in den Epochen bilden und weiterentwickeln.

Bedeutung der Exponate im Studium

Damit beschäftigen sich die Student*innen der Ur- und Frühgeschichte tiefergehend. Anhand der Exponate lernen sie die unterschiedlichen Merkmale der verschiedenen Kulturen näher kennen. Und natürlich arbeiten sie dafür auch eng mit den Exponaten aus der Lehrsammlung.

Schwerter der Älteren Bronzezeit aus Männergräbern. Foto: Martin Liebetruth.

Dort gibt es auch einige Objekte, die noch nicht wirklich aufgearbeitet sind, die sie dann in Seminaren behandeln und bearbeiten. Andere Objekte werden für Ausstellungsprojekte wie dem Sammlungsschaufenster genutzt, um den Student*innen das Planen der Ausstellungskonzepte näherzubringen. Ebenso spielen das Zeichnen und die Recherche zur kulturhistorischen Einordnung der Artefakte eine wichtige Rolle. Mit diesen Techniken können sich die Student*innen nämlich auf ihre Abschlussarbeiten vorbereiten.

Zeichnung der Schwerter aus dem Sammlungsschaufenster. Foto: Lena Heykes.

Insgesamt ist die Sammlung für Ur- und Frühgeschichte wichtig für die wissenschaftliche Arbeit und die Vermittlung der menschlichen Geschichte. Diese möchten Immo Heske und die Student*innen den Besucher*innen durch das Sammlungsschaufenster näherbringen. So können sie sich schlaglichtartig ein Bild von der Entwicklung der Menschheit machen.

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Hinter den Kulissen Sammlung

Vom Projektor zu Indiana Jones: die Sammlung Stern

Aus dem Sammlungsschaufenster im Forum Wissen stellen wir euch heute das Altertumswissenschaftliche Filmarchiv vor. Es ist eine unserer jüngsten Sammlungen, die es erst seit rund sechs Jahren gibt.

Bell & Howell-Projektor für 16-mm-Filme. Die Audiospur liegt als sogenannter Lichtton mit auf der Rolle.

Mit diesem Gerät fing alles an: Deshalb stellt Carolin Pilz den 16-mm-Projektor auch gut sichtbar ins Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. „Der Projektor ist das Gründungsobjekt des Göttinger Filmarchivs“, erklärt die Studentin stolz. Damit hat der Archäologe Tom Stern Filme gezeigt – nicht nur zu Forschungszwecken, sondern auch in vielen Schulen oder Museen. Kaum vorstellbar, dass dieses 20 Kilo schwere Gerät jahrzehntelang als mobiles Kino beliebt war. Gerade weil es so gut zu handhaben, leicht beweglich und robust war. „Für mich ist das ein doppelter Blick in die Vergangenheit“, erzählt Carolin weiter: Denn sie erfährt durch solche Objekte nicht nur, wie die Vorführpraxis vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war. Auch die Filme selbst sieht sie gern.

Antike im Film

Denn das wollte der Archäologe und Filmforscher Tom Stern (1958–2016) wissen: Welches Bild vom Altertum erzeugt ein Film? Wie und warum werden die Geschichten erzählt? Auch Ausgrabungen hielt der Forscher im Bewegtbild fest und schuf so besondere Einblicke in wissenschaftliches Arbeiten. Carolin studiert selbst Geschichte und Klassische Archäologie und findet diese andere Art des Zugangs zu ihren Fächern enorm erfrischend.

Filmrollen, VHS-Kassette und der letzte Film von Tom Stern, den Regisseur Enzio Edschmid fertiggestellt hat.

Auch Martin Lindner, der Kurator der Sammlung Stern, freut sich über diesen Türöffner: „Noch sind nicht alle Objekte unseres Archivs digitalisiert. Mit so einem Projektor können wir Filme, die 50 oder 60 Jahre alt sind, sogar unter Originalbedingungen zeigen.“ Und damit ein wenig in die Kinoatmosphäre dieser Zeit eintauchen.

Leidenschaft: Sammeln

Das scheint umso wichtiger, je mehr die Antike aus den Lehrplänen des Unterrichts verschwindet. Doch das war wohl nur ein Grund, warum Tom Stern begann, Filme zu sammeln – vor allem jene, die er analysierte oder an denen er mitwirkte. Sein Nachlass ist heute der Grundstock des Altertumswissenschaftlichen Filmarchivs. Zu ihm gehören auch Sterns Bücher, Zeitschriften und Arbeitsmappen wie die zu Leo Frobenius – Ethnologe, Archäologe und Hauptfigur eines Stummfilms über die Ruinenstätte Groß-Simbabwe von 1929.

Zeugnisse der Filmgeschichte von Tom Stern sowie dem Kieler Regisseur und Archäologen Kurt Denzer (1939–2021).

Aber auch Klassiker wie „Indiana Jones“ oder moderne Terra X-Sendungen schlummern in der Sammlung, die längst über Sterns Aktivitäten hinausgewachsen ist.

Herzlich willkommen

Wer sich davon ein Bild machen möchte, besucht am besten das Sammlungsschaufenster im Wissensmuseum. Es ist aber auch möglich, den einen oder anderen Film zu schauen und sich auf die Suche nach den alten Zeiten zu begeben. In dem Fall bittet am besten Martin Lindner um einen Termin im Althistorischen Seminar der Uni Göttingen.

Fotos: Uni Göttingen

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Sammlung

Schaufenster der Dinge

Was haben ein Buntwaran, ein Doppelkompass und Oberschenkelknochen gemeinsam? Sie gehören zum Sammlungsschaufenster des Forum Wissen.

Blick ins Sammlungsschaufenster des Wissensmuseum.

Doch wer kennt die vielen Objekte aus den Laboren und Werkstätten, Bibliotheken und Büros der Uni Göttingen schon? Daher wollen wir euch einige von ihnen in den kommenden Wochen hier auf unserem Blog und auf Instagram, Facebook und Twitter vorstellen. Ihr könnt also gespannt sein. Soviel vorab: Alle Objekte kommen aus unseren über 40 Sammlungen. Ihr könnt sie im Sammlungsschaufenster sehen. Sie zeigen, wie an einer Universität geforscht und gelehrt wird.

Buntwaran (Biodiversitätsmuseum), Doppelkompass (Geophysik) und Oberschenkelknochen (Anthropologie).

Und wenn ihr selbst mehr über eine Sammlung erfahren möchtet, dann schreibt es uns in die Kommentare. Wir nehmen eure Fragen und Anregungen gern mit auf. Ansonsten freut euch auf den 6. März 2023. Dann starten wir und laden euch ein, jeden Montag mit uns einen Blick ins Schaufenster zu werfen. Los geht es mit der Sammlung Stern, dem Althistorischen Filmarchiv. Lasst euch überraschen!

Fotos: Martin Liebetruth