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Forum Wissen Hinter den Kulissen Sammlung

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Studentinnen der Kunstgeschichte praktizieren Provenienzforschung

Annika Zinger, Jana F. Schulz und Pia Mara Denkmann sind die ersten Studentinnen, die ein Objekt aus dem neuen Sammlungsschaufenster im Forum Wissen untersuchen. Es handelt sich um ein Genregemälde aus der Kunstsammlung der Universität Göttingen. Im Rahmen eines Seminars zur Provenienzforschung bei der Kustodin Dr. Anne-Katrin Sors suchen sie nach Spuren, die etwas über die Geschichte des Objekts verraten ─ etwa wann das Gemälde in wessen Besitz war.

Karsten Heck, Referent für Sammlungsmanagement beim Forum Wissen, öffnet die Glasvitrine. Annika Zinger hebt das Bild mit ihren weiß behandschuhten Fingern vorsichtig heraus. Sie legt es behutsam auf einen Tisch im Inneren des Sammlungsschaufensters, das als Seminarraum dient.

Schwierige Recherche

Die Informationen, die die Studentinnen bislang haben, sind dünn: Die Kunstsammlung hatte das Gemälde 1966 von der Witwe des Schauspielers Eugen Dumont angekauft. Der Titel: Dorflandschaft mit zechenden Bauern. Der Künstler: Unbekannt. Die abgebildete Szene ist typisch für die niederländische Genremalerei des 16. und 17. Jahrhunderts, doch hat eine frühere Prüfung ergeben, dass es sich um eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts handeln muss. In dieser Zeit waren solche Szenen beliebt; d. h. es gibt viele ähnliche Bilder, was es nicht gerade leichter macht, das Bild genau zu identifizieren. Es hat etwas von der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Übrigens werden solche Prüfungen in der Fachsprache auch „Autopsien“ genannt. Ein Hinweis darauf, dass die Recherchen der Studentinnen der Kunstgeschichte durchaus Ähnlichkeiten mit den von Kriminolog*innen haben.

Spurensuche am Objekt

Annika Zinger legt das Gemälde so ab, dass die Rückseite des Rahmens sichtbar ist. Auf dem dunklen Holz ist eine Bleistiftnotiz zu erkennen: „Rahmen verkleinern“. Die drei Studentinnen vermuten, dass sie von einem Restaurator stammt, der das Werk im Auftrag der Universität begutachtete. Ansonsten gibt es kaum Hinweise, die etwas über die Identität des Bildes verraten könnten.

Jetzt dreht Pia Mara Denkmann das Gemälde vorsichtig herum. Die Dorflandschaft mit den zechenden Bauern ist zu sehen, eingefasst in einen breiten goldfarbenen Holzrahmen. Die Studentinnen betrachten die Oberfläche eingehend aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. „Man sieht nochmal viel mehr, wenn man das Bild direkt vor sich auf dem Tisch hat“, sagt Pia Mara Denkmann. „Der pastose Farbauftrag ist gut zu erkennen, wenn man sich über das Bild beugt“. An zwei Stellen ist die Schutzschicht, der über dem Ölgemälde liegende Firnis verändert. Diese sogenannten Fehlstellen könnten bei der weiteren Recherche einen Hinweis auf die Identität des Bildes liefern. Dazu werden sie in den nächsten Wochen Kataloge von Auktionshäusern und Bilddatenbanken durchforsten. Ihre Erkenntnisse finden wiederum Eingang in das Sammlungsportal der Universität Göttingen.

Recherche am Original

„Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Studierende der Kunstgeschichte an Originalen arbeiten,“ sagt Jana F. Schulz. An vielen anderen Universitäten, die nicht über eigene Sammlungen verfügen, gebe es diese Möglichkeit nicht. Die Kunstsammlung der Universität Göttingen ist nicht nur die älteste Kunstsammlung ihrer Art in Deutschland, sie ist auch in erster Linie eine Lehrsammlung. Bei Neuankäufen wird u. a. darauf geachtet, dass sie um bestimmte Epochen und Themen erweitert wird, die bislang nicht vertreten sind.

Die Arbeit am Objekt ist für heute abgeschlossen. Die zechenden Bauern werden wieder vorsichtig in die Vitrine gestellt. „Die Atmosphäre hier im Innern des Sammlungsschaufensters ist inspirierend“, sagt Jana F. Schulz, „umgeben von so vielen verschiedenen Objekten zu sein, ist toll, wenn man so objektverliebt ist wie wir“.

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Forum Wissen

Der Wal ist zurück! Großer Walaktionstag am 19. März 2023

Save the date – Walaktionstag am 19. März

Das imposante Pottwal-Knochen-Puzzle hat ein Ende gefunden. Jetzt hängt das Pottwal-Skelett sicher an der Decke des Atriums im Forum Wissen. Wir freuen uns riesig über dieses großartige Exponat und wollen den neuen Einzug des Wals mit euch feiern. Am Sonntag, 19. März, bei uns im Forum Wissen könnt ihr das Pottwal-Skelett live erleben und viele interessante Dinge über Pottwale erfahren.

Der Aktionstag beginnt um 11 Uhr mit Kurzvorträgen von Expert*innen, die den Wal schon lange begleiten – wie der Präparator Carsten Wortmann. Auch für Maria Teresa Aguado gehören Pottwale zu den beeindruckendsten Tieren. Die Direktorin des zukünftigen Biodiversitätsmuseums wird am Sonntag nicht nur auf den Walaktionstag einstimmen, sondern auch  Einblicke in ihre ganz besondere Beziehung zu dem ‚Göttinger‘ Wal geben. Darüber hinaus gibt es am Aktionstag viele Angebote für unsere jüngsten Gäste, unter anderem eine Wal-Rallye und Bastelaktionen. Auch der Shop und das Café Liesels …könnt ihr ab Sonntag wieder besuchen und dabei das Highlight der Zoologischen Sammlung aus nächster Nähe betrachten.

3, 2, 1 …

Das mit Abstand größte Objekt im Forum Wissen ist jetzt schon ein Publikumsliebling. Das zeigen auch die zahlreichen Bilder, die uns zum Malwettbewerb ‚Walheimat Göttingen‘ erreicht haben. Insbesondere Kinder und Jugendliche haben sich von unserem Aufruf inspirieren lassen. Dabei haben sich nicht nur Göttinger*innen an dem Wettbewerb beteiligt: uns haben sogar Beiträge aus Schweden und Spanien erreicht!

Viele der Teilnehmenden haben Ihre Bilder gespendet und zur Versteigerung freigegeben. Die Stille Auktion ist aktuell in vollem Gange. Dabei können Bildspenden des Malwettbewerbs ersteigert werden, der Erlös finanziert die Arbeiten rund um den Wal. Die Stille Auktion ist aktuell in vollem Gange. Eine Teilnahme ist bis zum 14. April möglich. Geboten werden kann vor Ort und online.

Der ‚Göttinger Wal‘ in euren Bildern

Alle der über 500 eingereichten Bilder aus Göttingen und der ganzen Welt sind noch bis zum 14. April 2023 auf der Sonderausstellungsfläche im Forum Wissen zu betrachten. Diesen Sonntag findet beim Walaktionstag ab 13 Uhr die große Preisverleihung des Malwettbewerbs ‚Walheimat Göttingen‘ statt. Ein Besuch lohnt sich!

Final Countdown!
Auf dem YouTube-Kanal der Uni Göttingen könnt ihr mitverfolgen, wie der Wal bei uns im Forum Wissen nach der Restaurierung in Holtensen wieder zusammengebaut und aufgehängt wurde. Wir wünschen euch viel Freude dabei!



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Forum Wissen Sensible Objekte

“The history of repatriation of Maori and Moriori ancestors is more than 3,000 years old” – Interview with Fellow Te Herekiekie Herewini

The current debate on cultural property from colonial contexts also affects museums and academic collections of human remains. The “Sensitive Provenances Project” at the University of Göttingen aims to open up new avenues for the repatriation of human remains to former European colonies. More specifically, it addresses the human remains of 100 individuals from New Zealand, Palau, Tanzania and Cameroon that are currently housed in the Blumenbach Skull Collection and the Anthropological Collection of the University of Göttingen.

Te Herekiekie Herewini is the Head of Repatriation at the Museum for New Zealand Te Papa Tongarewa. He is one of the fellows involved in the project. In the following interview, he talks about the research he is doing in Göttingen, his connection with the human remains from Maori und Moriori communities in New Zealand and his country’s history of repatriation.

The audio includes a chant performed by Te Herekiekie Herewini to honour his ancestors whose human remains are currently still part of the Blumenbach collection in Göttingen.

Interview with Fellow Te Herekiekie Herewini
Te Herekiekie Herewini giving a Lecture at the University in Göttingen
Credits: Sofia Leikam
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Baustelle Forum Wissen

Whale Watching im Forum Wissen!

Endlich ist es soweit!
Der Einzug des Walskeletts ins Forum Wissen ist seit dieser Woche in vollem Gange und kann bei uns im Haus live mitverfolgt werden. Nach mehrjähriger Restaurierung in der Außenstelle des Zoologischen Museums der Universität Göttingen in Holtensen kommt der “Göttinger” Pottwal jetzt zurück ins Forum Wissen. Der 500 Kilo schwere Schädel wurde am Montag erfolgreich transportiert, kein leichtes Unterfangen! Nun folgt der Rest des insgesamt über 17 Meter langen Skeletts. Ein Team an Expert*innen arbeitet aktuell im Forum Wissen an der Deckenkonstruktion für die Anbringung des Wals im Atrium. Wir berichten auf unseren Social-Media-Kanälen über die weiteren Arbeiten und die neue “Walheimat” im Forum Wissen.

Fotos: Peter Heller

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Ausstellung Baustelle Forum Wissen Hinter den Kulissen

Jahresrückblick Forum Wissen – immer in Bewegung

Prolog-Raum am Eröffnungswochenende

Nichts bleibt, wie es ist. Alles verändert sich. So lässt sich beschreiben, was sich in den vergangenen zwölf Monaten im neu eröffneten Forum Wissen abgespielt hat: Im Januar war hier noch weitgehend Baustelle.

Eingangsportal im Januar 2022

Dennoch begann das Team schon in dieser Zeit mit dem Aufbau der Basisausstellung „Räume des Wissens“. Ab März zogen die ersten Exponate in die Vitrinen ein. Pünktlich zur feierlichen Einweihung am 31. Mai waren dann auch die Ausstellungsgrafiken fertiggestellt und die rund 1.300 Objekte eingeleuchtet. An diesem Tag erkundeten 500 geladene Gäste aus Politik, Wissenschaft und Kultur die „Räume des Wissens“, unter ihnen Ministerpräsident Stephan Weil. Am langen Pfingstwochenende standen die Türen erstmals für die Allgemeinheit offen – 3.200 Menschen füllten das Forum Wissen an diesen drei Tagen endlich mit Leben.

Offizielle Einweihung mit geladenen Gästen

Die Resonanz der Besucher*innen ist auch weiterhin groß. Seit der Eröffnung haben fast 33.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihren Weg ins Forum Wissen gefunden. Die allermeisten von ihnen sind auf eigene Faust gekommen, nicht im Rahmen organisierter Führungen. Doch auch das Team der Kommunikator*innen, das sich aus knapp 20 Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen und Nationalitäten zusammensetzt, hat gut zu tun: Insgesamt führten sie bislang 377 Gruppen durch das Forum Wissen, die meisten von ihnen Erwachsene, darunter viele auf Betriebsausflug, aber auch zahlreiche Studierende und Schulklassen.

Blick in den Raum “Schreibtisch”

Die Rückmeldungen der Schüler*innen sind positiv: Zum Beispiel kommentiert Lisa von der Montessori-Schule im Besucherbuch „Ich freue mich, dass man hier Schönes und Nützliches verbinden kann: Wissen und Spaß“. Tatsächlich lädt der Raum Schreibtisch mit dem überdimensionalen Laptop Menschen jeden Alters zum Herumhüpfen auf der Tastatur ein. Die digitalen Angebote wie die Forum Wissen App und die Medientische werden gut angenommen, gerade von älteren Besucher*innen. Auch das Mini-Mathematikum erfreut sich großer Beliebtheit. Hier sind Kinder zwischen 3 und 9 Jahren eingeladen, Zahlen, Formen und Muster spielerisch zu entdecken.

Die Stationen im Mini Mathematikum werden regelmäßig durch neue Knobeleien ausgetauscht.

Das Forum Wissen steht allen offen. Das Team Bildung und Vermittlung arbeitet ständig daran, Angebote für die unterschiedlichsten Zielgruppen zu schaffen, um möglichst viele Menschen zu erreichen: So sind die Ausstellungstexte in deutscher und englischer Sprache sowie in weiten Teilen in Gebärdensprache und Leichter Sprache verfügbar. Das Forum Wissen bietet auch Führungen auf Deutsch, Englisch, Französisch und in weiteren Sprachen an. Demnächst ist auch der Katalog zur Basisausstellung “Räume des Wissens” in englischer Sprache erhältlich – sowohl in unserem Shop, als auch beim Wallstein Verlag.

Hands on-Station im Raum “Werkstatt”

Wir arbeiten auch daran, unser barrierefreies Angebot stetig auszubauen. Alle Gebäudeteile sind schwellenfrei und über Fahrstühle zugänglich. In den Ausstellungen laden verschiedene Hands-on-Stationen zum Tasten, Sehen, Hören und Riechen ein. Einige Stationen sind auch mit Rollstühlen unterfahrbar. Für Menschen mit Demenz wurde gerade ein spezielles Angebot entwickelt.

Schon im April 2022 hatte das Forum Wissen das Museumsgütesiegel 2022 bis 2028 des Museumsverbandes für Niedersachsen und Bremen erhalten. Das Konzept sei „beispielhaft vorbereitet“, heißt es in der Begründung der Jury. Besonders beeindruckend seien der wissenschaftskritische Ansatz und die Räume zur Selbstreflexion.

Unerwartete Nachbarschaften – Objekte im neu eröffneten Sammlungsschaufenster

Allein von Juni bis Dezember konnten Besucher*innen fünf Sonderausstellungen zu verschiedenen gesellschaftsrelevanten Themen besuchen. Und vor ein paar Tagen erst wurde das Sammlungsschaufenster im Atrium des Forum Wissen eröffnet. Es handelt sich um einen gläsernen Kubus mit 164 einzelnen Vitrinen, die mit Objekten aus den verschiedenen Sammlungen der Universität bestückt sind. Auf diese Weise werden hier die an den Fakultäten und Instituten angesiedelten Sammlungen exemplarisch an einem Ort zusammengeführt. Dabei trifft Gewöhnliches auf Seltenes, unerwartete Querverbindungen ermöglichen überraschende Assoziationen.

Café und Shop im Atrium haben sich dank des lichten Ambientes zu einem Raum entwickelt, in dem sich unsere Besucher*innen gerne aufhalten. Dort wird ab dem Frühjahr 2023 sogar „Whale Watching“ möglich sein, wenn das 15 Meter lange Pottwalskelett über den Köpfen der Besucher*innen schwebt.

Visualisierung des Pottwalskeletts im Atrium

Im nächsten Jahr freuen wir uns nicht nur auf den Einzug des Wals, sondern auch auf neue Sonderausstellungen, darunter „Voices“ über Sprachforschung an Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkriegs mit einem Theaterstück, das das BoatPeopleProjekt eigens zum Thema konzipiert hat, und auf die Zusammenarbeit mit unseren Projektpartner*innen. Vor allem aber freuen wir uns auf die Begegnungen mit unseren Besucher*innen, mit denen, die zum ersten Mal hier sind und mit denen, die ein zweites oder drittes Mal kommen. Schließlich gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Denn: Nichts bleibt, wie es ist.

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Forum Wissen

„Viel mehr als nur Texte und Gedichte“ – Workshop mit dem Sprachkünstler Bas Böttcher

Collage, die im Rahmen des Workshops entstanden ist

„Wir hatten gedacht, wir würden nur mit Texten und Gedichten arbeiten, dabei haben wir viel mehr gemacht!“, sagt Sarah, die zusammen vor kurzem mit ihrer Freundin Juna an „ Vom Tagtraum zum Traumtag“ teilgenommen hat. Der Workshop mit dem Schriftsteller und Slam Poeten Bas Böttcher wurde gemeinsam vom Forum Wissen in Kooperation mit dem Literarischem Zentrum Göttingen organisiert.

Die Formen, die die beiden Sechstklässlerinnen zusammen mit Samreen, Nuri, Zarak und den anderen Jugendlichen ausprobiert haben, waren vielfältig. Workshop-Leiter Bas Böttcher fasst den Begriff Sprache sehr weit: Beim Beatboxen haben die Teilnehmer*innen ihre Stimme als Percussion-Instrument eingesetzt, Songtexte verfasst und mit Unterstützung der Theaterpädagogin Karo Löwenstein Schauspieltechniken ausprobiert, um Gefühle ohne Worte auszudrücken. Außerdem haben Sarah und Juna lustige Memes zu Objekten aus dem Forum Wissen produziert.

„Mir hat sehr gefallen, dass wir im Vergleich zu dem, was man in der Schule macht, weit über den Tellerrand hinausschauen konnten“, sagt Sarah. Zuerst habe sie sich nicht getraut, das Beatboxen auszuprobieren. Gereizt habe es sie aber schon. Sie wartete also, bis alle weg waren und hat es dann einfach ausprobiert – an den folgenden Tagen dann sogar vor den anderen.

Bas Böttcher freut sich jedes Mal, wenn die Jugendlichen im Lauf des Workshops ein wenig aus sich rauskommen und sich auch mal was trauen. Er selbst lernt auch immer wieder von ihnen, sagt er – zum Beispiel den „Cup Song“, bei dem man mit Bechern einen Beat erzeugt.

Zum Abschluss fand auf Wunsch der Jugendlichen ein Comic-Workshop statt. Die Comic-Sprache ist wie die Comics selbst reduziert, aber ausdrucksstark. „Boom!“ „Krach!“ „Wumms!“ Die Jugendlichen hatten auch dabei viel Spaß.

Am letzten Tag waren Sarah und Juna fast schon traurig, dass der Workshop vorbei war. „Wir haben wirklich Neues gelernt, es war nicht einfach nur reine Beschäftigung“, sagt Sarah. „An manchen Tagen sind wir sogar länger geblieben und haben freiwillig Überstunden gemacht“, ergänzt Juna.

Bestimmt wird es im nächsten Jahr wieder Gelegenheit im Forum Wissen geben, mit Bas Böttcher Sprachkunst in vielfältiger Form zu produzieren. Unterstützt wurde die Kooperation im Rahmen des BMBF-geförderten Programms “Kultur macht stark” des Forum Wissen mit dem Literarischen Zentrum durch den Friedich-Bödecker-Kreis und durch den Evangelischen Verein für Dialog und Bildung e.V.

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Ausstellung Forum Wissen

Moving Things – bewegte und bewegende Dinge rund um Flucht und Migration

Von Louisa Marie Hartmann und Eva Völker –

Foto: Martin Liebetruth

Welche Geschichten erzählt ein Smartphone? Welche Hoffnungen sind mit einem Paar abgelaufener Schuhe verbunden? Was bedeuten solche und andere Dinge für Menschen auf der Flucht? Wie kommt es, dass alltägliche Dinge so eine besondere Bedeutung bekommen? Unsere Sonderausstellung MOVING THINGS nähert sich den Themen Flucht und Migration, in dem sie einfache Dinge in den Fokus rückt.

Foto: Martin Liebetruth

Ein zentrales Objekt, das die Sonderausstellung untersucht, sind Schuhe. Diese unscheinbaren Alltagsgegenstände sind intime Zeugnisse von Flucht und Migration. Sind sie doch eng mit den Menschen verknüpft, die sie zum Schutz ihrer Füße trugen, während sie über Grenzen hinweg ihren Weg gegangen sind – oft trugen sie auch nicht nur die Menschen selbst, sondern auch ihre Hoffnung auf ein neues Leben, auf eine bessere Zukunft. Drei Fotografen haben ihren Blick auf die Schuhe von Geflüchteten und die ihnen eingeschriebenen Geschichten gelenkt.

Foto: Martin Liebetruth

Die Ausstellung widmet sich auch dem sinnlichen Thema Essen. Essen kann Verbindung schaffen zwischen Menschen, zum Beispiel wenn man zusammen kocht oder gemeinsam isst. Es kann aber auch zum Spannungsfeld werden, etwa wenn man sich an ungewohnte Kost und an festgelegte Essenszeiten gewöhnen muss. In Geflüchtetenunterkünften bewegen sich Migrant*innen zwischen Schutz und Fremdbestimmung – in kaum einem anderen Bereich wird das deutlicher als beim Thema Essen. Essen kann Menschen ausgrenzen, aber auch eine Brücke in die Heimat darstellen.

Foto: Martin Liebetruth

So etwas wie eine Brücke in die Heimat ist für viele Migrant*innen auch das Smartphone. Es ist häufig viel mehr als ein Kommunikationsmittel, verbindet es die Menschen, die unterwegs sind, doch mit allen und allem, was sie zurückgelassen haben – mit Familie und Freunden, mit der oft gehörten Lieblingsmusik. Das Smartphone wird so gewissermaßen zu einem Zuhause in der Hosentasche. MOVING THINGS wirft einen ganz neuen Blick auf diesen täglichen Begleiter.

Foto: Martin Liebetruth

Berührend ist auch das raumfüllende Schlauchboot, das so gezeigt wird, wie es 2017 von der Hilfsorganisation Sea Eye auf dem offenen Meer aufgefunden wurde – als graue, schlaffe Hülle, ohne Luft, ohne Leben, trieb es auf dem Mittelmeer. Wie viele Menschen an Bord waren, was aus ihnen geworden ist, darüber ist nichts bekannt. Das Boot ist Teil einer Kampagne der Seenotrettungsorganisation Seebrücke, die für sichere Fluchtwege, die Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine humanitäre Aufnahme für Geflüchtete wirbt. In diesem Zusammenhang ist das Boot zum Ausstellungsobjekt geworden.

Foto: Martin Liebetruth

Einen sehr passenden Epilog zu MOVING THINGS bildet die künstlerische Arbeit HELPERS CHANGING HOMES von Yuka Oyama aus Berlin. Sie geht der Frage nach, wie man die Leere ausfüllt, die dadurch entsteht, dass man sein Zuhause verlassen hat. Dazu hat Yuka Oyama Menschen befragt, die wie sie selbst ein nomadisches Leben führen. Die Künstlerin kommt zu dem Ergebnis, dass es in erster Linie materielle Dinge sind, viel mehr als Kultur, ethnische Communities, Geschlechterrollen oder Traditionen, die den Menschen, die unterwegs sind, Stabilität und Identität schenken.

Die Ausstellung ist das Ergebnis des Forschungsprojektes „Zur Materialität von Flucht und Migration“, das von drei Verbundpartnern getragen wurde: dem Institut für Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen, dem Museum Friedland und dem Berliner Ausstellungsbüro Die Exponauten. Ausstellungen et cetera. Ausgangspunkt für das Projekt waren ethnografische Forschungen im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen. Die Wege der Recherche, die Gespräche und Begegnungen führten nach Moria und in die Türkei, nach Syrien und zu afghanischen Communities im Iran. In Göttingen laufen nun die Fäden zusammen. MOVING THINGS läuft noch bis zum 15.01.2023.

Foto: Martin Liebetruth

Unter dem Titel MOVING THINGS ist auch eine Publikation erschienen, die die Themen der Ausstellung zum Teil vertieft, zum Teil ergänzt. Das Buch ist online beim Wallstein Verlag erhältlich und in unserem Shop, direkt im Forum Wissen. Die Autor*innen schreiben über bewegte und bewegende Dinge im Kontext von Flucht und Migration und liefern Hintergrundinformationen zu den Ausstellungsthemen.

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Forum Wissen

Walheimat Göttingen – der Wal kommt zurück! Start von Spendenkampagne und Malwettbewerb

Die Spannung steigt! Anfang 2023 soll das mit Abstand größte Objekt ins Forum Wissen einziehen – das 17 m lange Skelett eines Pottwals. Einige Göttinger*innen kennen es noch aus der Alten Zoologie. Der Wal soll in seinem alten und zugleich neuen Zuhause hoch hinaus: Er wird unter der Decke des Atriums angebracht und kann zukünftig über den Köpfen schwebend bestaunt werden.

Doch dieses Vorhaben hat seinen Preis: Der Umzug aus dem Lager in Holtensen – wo das riesige Skelett derzeit restauratorisch aufbereitet wird – ins Forum Wissen ist eine logistische Herausforderung. Auch wegen des gewaltigen Schädels, der allein schon fünf Meter lang ist und über 500 kg wiegt.

Der Förderkreis Forum Wissen unterstützt das Projekt und hat im November 2022 ein Scheck über 30.000 Euro an das Team der Walkampagne übergeben. Darüber hinaus ruft der Förderkreis gemeinsam mit dem Verein Alumni Göttingen zu weiteren Spenden auf. Eine Website mit Spendenaufruf für die Walkampagne ist nun öffentlich.

Wer lieber kreativ werden und ein Bild spenden möchte, kann am Malwettbewerbs teilnehmen, den der Förderkreis gemeinsam mit der Universität auslobt. Unter dem Motto „Walheimat Göttingen“ können Teilnehmende jeden Alters ihr Bild für die Spendenkampagne zur Verfügung zu stellen. Sharing is caring! Alle gespendeten Bilder werden versteigert. Der Erlös kommt der Restaurierung und dem Umzug des Wals zugute. Wir freuen uns über jede Unterstützung und werden auf unseren Kanälen weiter berichten.

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Forum Wissen

Good News! Pachtvertrag unterzeichnet


Bild: Universität Göttingen/Peter Heller

Die Universität Göttingen hat Pachtverträge mit den Betreibern des Museumscafés und des Museumsshops im Forum Wissen an der Berliner Straße unterzeichnet. Beide Einrichtungen befinden sich im Atrium des Forum Wissen und stehen den Besucher*innen offen. Das Café Liesels wird von der Hotel Freizeit In Unternehmensgruppe betrieben und stellt den Besucher*innen des Forum Wissens rund 30 Sitzplätze im Atrium und weitere 60 Sitzplätze auf der Außenterrasse hinter dem Gebäude zur Verfügung. Museumsgäste und auch externe Besucher können hier entspannt verweilen.
Betreiber des Museumsshops ist Thomas Baumgärtl, der auch Inhaber des Unishops am Platz der Göttinger Sieben ist. Im Museumsshop finden sich Museums- und Universitätsartikel, Wissensspiele für Groß und Klein, hochwertige Schreibutensilien und natürlich der Ausstellungskatalog zur Basisausstellung des Wissensmuseums.

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Interview mit Marie Luisa Allemeyer

Gemeinsam mit dem Team der Zentralen Kustodie hat Marie Luisa Allemeyer das Forum Wissen im Lauf der vergangenen zehn Jahre aufgebaut. Im Gespräch erläutert sie einige der Leitthemen der Basisausstellung, die unter der Leitung des Berliner Ausstellungsbüros “Die Exponauten” erarbeitet wurde. Sie erzählt, wie die einzelnen Objekte für die Ausstellung ausgewählt wurden und wie das Forum Wissen in Zeiten von Fake News und sogenannten alternativen Fakten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft stärken kann.

“Es ist wichtig zu zeigen, wie sich wissenschaftliche Erkenntnisse von gefühlten “Fakten” unterscheiden.” – Marie Luisa Allemeyer, langjährige Projektleiterin beim Forum Wissen, die im September 2022 die Leitung des Freilichtmuseums Detmold übernimmt

Musik: Space Orbit by Scott Holmes Music, CC BY-NC 4.0