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Un | entdeckt: Göttingens botanische Lehrtafeln

Über 2.000 botanische Wandtafeln schlummerten hinter Vorhängen und in Schränken verborgen im Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Göttingen. Unbewegt und über viele Jahre kaum genutzt, waren sie im Vorraum zum Hörsaal gelagert worden – bis die Zentrale Kustodie die Sammlung übernahm, sie bewahrte und ihr neues Leben einhauchte. 2018 wurden die Tafeln in einem zweiwöchigen Sprint digitalisiert und umgesiedelt, doch bis heute ist der Bearbeitungsprozess nicht ganz abgeschlossen. Dies ist die Geschichte des un | entdeckten Schatzes der Göttinger botanischen Lehrtafeln.

Lagerung der Tafeln im Albrecht-von-Haller Institut. Foto: Friederike Röpke.

Eingerollt, eingestaubt und wiederentdeckt

Ich hob die etwa einen Meter lange Papierrolle hoch und eine Staubwolke kam mir entgegen. Nach einem kurzen Hustenanfall war ich mir sicher, dass ich beim nächsten Mal einen Mundschutz tragen werde. Mit Handschuhen und einer Leiter ausgestattet stand ich im Albrecht-von-Haller-Institut und zählte die teils eingerollten, teils aufgehangenen, teils in Schränken verstauten Lehrtafeln. Es war im Februar 2018 und meine Aufgabe als studentische Hilfskraft der Zentralen Kustodie bestand darin, die Menge und den Zustand der pflanzenwissenschaftlichen Tafeln zu sichten. Dass unter diesen verstaubten Tafeln ein regelrechter Schatz an verschiedenen Wandtafeln aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert lagerte, habe ich zu dem Zeitpunkt schon geahnt, den Umfang aber bei weitem nicht einschätzen können.

Geputzt und fotografiert: der Digitalisierungssprint 2018

Der Digitalisierungssprint begann im März 2018. Eine Gruppe von sechs Student*innen, die zwei Wochen lang von morgens bis abends die Tafeln entstaubten, entrollten, ab- und wieder aufhängten, fotografierten, inventarisierten, alles in allem: digitalisierten. Dafür bauten wir eine Digitalisierungsstation im Hörsaal des Albrecht-von-Haller-Instituts auf.

Unsere Digitalisierungsstation. Foto: Karsten Heck.

Wir waren in Gruppen eingeteilt: Zwei von uns waren für das Säubern und Eintragen der Metadaten in die Datenbank naniweb zuständig. Zwei andere arbeiteten an der Fotostation – eine Person hinter der Kamera, die andere drehte die Tafel, sodass sowohl Vorder- als auch Rückseite abgelichtet werden konnten. Zwei weitere kümmerten sich um die Logistik: Eine transportierte die Lehrtafeln vom Vorraum des Hörsaals zu den jeweiligen Stationen und die andere holte die Tafeln von der Stange bzw. brachte sie entstaubt und fotografiert – also fertig digitalisiert – wieder zurück an ihren Platz. In diesem Video von Michael Markert wurde der Sprint eingefangen.

Umzug der Tafeln aus dem Albrecht-von-Haller-Institut in die Zentrale Kustodie. Foto: Detlef Schnier.

Übrig blieben die kleineren, liegenden, in der Regel älteren Tafeln aus den Schränken. Diese brachten wir in die Zentrale Kustodie im Auditorium. Wir digitalisierten sukzessive die restlichen Tafeln, unter anderem vor Publikum am Tag der offenen Sammlung im Mai. Somit konnten die Besucher*innen live einen Einblick in die Digitalisierungsarbeit der universitären Sammlungen erhalten. Im Juli 2018 waren dann alle Wandtafeln fotografiert, in der Datenbank erfasst und konnten in den neuen Depotraum umziehen.

Geordnet und veröffentlicht: die Datenbankarbeit 2018–2020

Bei der Eingabe der Tafeln in die Datenbank waren häufig zunächst vorläufige Inventarnummern vergeben worden. Nun arbeitete ich mich durch das System zur Ordnung der Lehrtafeln hindurch. Denn die insgesamt 2.095 Tafeln stammten entweder aus verschiedenen publizierten Reihen oder waren am Institut selbst hergestellt worden: etwa 1.400 handgezeichnet und koloriert! Ein kleiner Teil davon, der älteste, enthielt einige originale Vorlagen für Publikationen von Albert Peter, Professor für Botanik in Göttingen von 1888 bis 1923. Er hatte selbst Reihen von Lehrtafeln veröffentlicht. Neben Titeln und Metadaten erfasste ich auch Angaben zu den Hersteller*innen, beteiligten Personen und/oder  Institutionen.

Ich während der Digitalisierung beim Tag der offenen Sammlungen Mai 2018. Foto: Peter Heller.

Es stellte sich heraus, dass sich unser publizierter Bestand von fast 700 Tafeln aus etwa 20 verschiedenen Reihen von botanischen Lehrtafeln zusammensetzte. Die inhaltliche Vielfalt erstreckte sich von heimischen Giftpflanzen über Zellwachstum und morphologischen Darstellungen bis hin zur Verbreitung von Pflanzenarten. Die großformatigen Blätter waren oftmals Lithographien, die Pflanzen in Ansichten, Details und Schnitten zeigten, aber auch Landschaftsdarstellungen.  Selbst wenn das in den Tafeln dargestellte Fachwissen heute teilweise obsolet sein mag, ist doch die historische Bedeutung im Hinblick auf eine spezifische Lehrpraxis und einen wissenschaftlichen Kanon durch sie in anschaulicher Weise festgehalten. Zudem beeindrucken die botanischen Lehrtafeln durch ihren visuellen Reichtum.

Eine meiner Favoriten: Taxus baccata. Aus dem Dodel-Port Atlas. Carolina Dodel-Port sec. Dr. W. Kellermann & ad nat: del., J.F. SCHREIBER.ESSLINGEN. Foto: Zentrale Kustodie.

Ausgemalt und ausgestellt: Die Zukunft der Tafeln

Die Tafeln, die nun an ihrem neuen Platz schlummern, sind zumindest digital noch lebhaft in Bewegung. Sie sind im Sammlungsportal der Universität veröffentlicht und wurden zudem kürzlich im Rahmen des Coding da Vinci Niedersachsen (ein Hackathon für offene Kulturdaten) von einem Team ausgewählt. Dieses möchte aus dem Bildmaterial einen Mandala-Generator namens „Plantala“ generieren: Die entstandenen Mandalas kann man dann herunterladen, ausdrucken und beliebig ausmalen. Ein zweites Team interessiert sich dafür, ob die hochauflösenden Bilder, in denen viel Text versteckt ist, mittels Methoden des machine learnings analysiert werden können. Vielleicht entwickeln sich noch weitere Möglichkeiten zur digitalen Nutzung der Tafeln – sei es, um diese weiter zu erschließen und zum Beispiel die heutige, aktuelle Taxonomie zu ergänzen oder gar die Schrift zu transkribieren. Im Digitalen ist der Arbeit mit den Tafeln eigentlich kein Ende gesetzt. Während die Sammlung heute im Depot schlummert, holen wir die Tafeln digital ins 21. Jahrhundert.

Die Tafeln in ihrem neuen Depot im Auditorium. Foto: Detlef Schnier.

Zudem werden einige botanische Lehrtafeln im künftigen Forum Wissenкредитная карта без отказа онлайн с доставкой sichtbar sein. Welche das sind und wo sie hängen, wollen wir an dieser Stelle nicht verraten. Sie sollen ja die Möglichkeit haben, sie selbst zu entdecken!

Die Autorin ist studentische Hilfskraft in der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen.

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Hybride Beratung fürs Forum Wissen

Der Countdown läuft: In gut zwölf Monaten soll das Forum Wissen eröffnet werden. Auf der letzten Bergetappe gilt es noch einige Weichen zu stellen. Daher ist es für die Universität besonders wichtig, den Externen Wissenschaftlichen Beirat zu befragen. Die regulär im Frühjahr des Jahres stattfindende Sitzung hatten wir coronabedingt absagen müssen.

Hybride Beiratssitzung im Alfred-Hessel-Saal der SUB Göttingen.

Der Beirat wurde 2013 gegründet, um unsere Arbeit und insbesondere die Konzeption und Umsetzung des Forum Wissen zu begleiten und zu unterstützen. Ihm gehören 15 Personen aus dem In- und Ausland an: allesamt erfahrene Wissenschaftler*innen, Direktor*innen großer Museen, Expert*innen der Konservierungswissenschaft und leitende Personen aus dem Stiftungssektor. Ihre Erfahrungen, Ideen, Ratschläge und kritischen Anmerkungen sind immer wieder hilfreich und willkommen. Je näher das Eröffnungsdatum des Forum Wissen rückt, desto wichtiger ist es nun, alles rechtzeitig zu bedenken und punktgenau zu realisieren.

Wie in Corona-Zeiten die vielfältige Unterstützung einzuholen?

Ivan Gaskell, Leiter der Focus Gallery am Bard Graduate Center in New York und Michael Conforti, ehemaliger Direktor des Clark Art Institutes in Massachusetts, dürfen aufgrund internationaler Covid-19-Reisebeschränkungen nicht anreisen – ebenso wenig David Gaimster, Direktor des Nationalmuseums in Auckland/Neuseeland und Steph Sholten, Direktor des Hunterian Museums der Universität Glasgow. Auch Marika Hedin, Direktorin der größten schwedischen Stiftung, zieht es aus Infektionsschutzgründen vor, auf Auslandsreisen zu verzichten. Dennoch tagt der Beirat am Montag, 28. September 2020, in Göttingen. Mit dabei: Bernhard Graf, ehemaliger Direktor des Institutes für Museumsforschung, Patricia Rahemipour, Direktorin des Instituts für Museumsforschung, und Anja Schaluschke, Direktorin des Museums für Kommunikation in Berlin. Auch Helmut Trischler, Leiter der Abteilung Forschung am Deutschen Museum in München, und Thomas Thiemeyer, Direktor des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft an der Universität Tübingen, reisen an.

Hybrid und mit Pioniergeist

Die Beiratssitzung findet als Hybridsitzung statt: Das bedeutet, dass wir im großen Vortragsraum der SUB Göttingen, im Alfred-Hessel-Saal, an weit voneinander entfernt stehenden Tischen sitzen – sechs Beiratsmitglieder, der Präsident der Universität, Reinhard Jahn, sowie das Team der Zentralen Kustodie. Auf der großen Leinwand im Hintergrund schalten sich sechs Beiratsmitglieder hinzu, die aus New York, Washington, Stockholm, Glasgow und Frankfurt und Kassel digital an der Sitzung teilnehmen. Die Fenster stehen während der ganzen Besprechung offen und alle halten wegen der Corona-Pandemie den erforderlichen Abstand. Sobald wir den zugewiesenen Platz eingenommen haben, dürfen wir die Masken abnehmen.

Zugeschaltet aus Stockhom, Dr. Marika Hedin, Chief Executive Officer Riksbankens Jubileumsfond.

Es hat einiges an technischer Vorbereitung dazugehört, um einerseits alle Vorkehrungen zum Infektionsschutz zu treffen und andererseits dafür zu sorgen, dass die Qualität der Diskussion möglichst genauso gut ist wie vor Corona-Zeiten. Damals traf sich der Beirat einmal im Jahr in Göttingen. Die Stimmen der Kolleg*innen, die weit entfernt an ihren Bildschirmen sitzen, sind über Raumlautsprecher zu hören. Die Teilnehmer*innen der Präsenzsitzung sprechen in Mikrofone – so sind ihre Worte in Göttingen ebenso gut zu hören wie in New York. „Die Qualität der Ton- und Bildübertragung war hervorragend. Wir konnten uns ohne technische Unterbrechungen mit den Inhalten auseinandersetzen“, so Anja Schaluschke.

Solange uns die Pandemie im Griff hat, sammeln wir Erfahrungen, wie wir derartige Sitzungen technisch optimieren können. Für den Moment entwickeln die Mitarbeiter*innen der Multimediaabteilung der Universität nicht nur technische Lösungen, sondern auch Pioniergeist.

Prof. Dr. Bernhard Graf, Prof. Dr. Thomas Thiemeyer, Dr. Patricia Rahemipour, Dr. Marie Lusia Allemeyer, Anja Schaluschke auf der Baustelle des Forum Wissen.

Brücke zwischen Universität und Gesellschaft

Einen großen Vorteil hatten diejenigen, die an der Präsenzsitzung teilnahmen: Vorab wurden sie nämlich von der Direktorin des Forum Wissen, Marie Luisa Allemeyer, durch die Baustelle geführt. Sie konnten sehen und ganz physisch erleben, wie weit das Projekt mittlerweile fortgeschritten ist. „Ich bin wirklich sehr beeindruckt. Was hier in Göttingen entsteht, ist einzigartig!“, so Bernhard Graf, Sprecher des Beirats. „Dem Forum Wissen gelingt es, eine Brücke zwischen der universitätsinternen Wissenscommunity und der außeruniversitären Wissensgesellschaft zu bilden. Es ist somit ein Tor zu den diversen Interessen einer sich wandelnden Gesellschaft. Ich freue mich sehr auf die Eröffnung.“ Thomas Thiemeyer ergänzt: „Was hier in Göttingen entsteht, ist genau das richtige Projekt zur richtigen Zeit. Machen Sie es und machen sie es so, wie Sie es geplant haben!”

Der Sprecher des Beirats, Prof. Dr. Bernhard Graf, hebt Bedeutung des Wissensmuseums hervor.

Es hat sich gelohntоформить кредит на покупку квартиры

Nachdem sich die angereisten Gäste schon wieder auf den Weg gemacht haben, löst sich langsam unsere Spannung. Vor Corona-Zeiten waren die Beiratssitzungen auch immer ein Ereignis, das viel Vorbereitung forderte und auf das große Aufmerksamkeit gerichtet war. Die Sorge, ob die Technik auch funktioniert und nicht plötzlich „Funkstille“ zwischen dem Vortragssaal der SUB und den Büros in New York, Stockholm, Glasgow, Frankfurt und Kassel herrscht, war uns anzumerken. Umso erleichterter waren alle, diese Herausforderung gut gemeistert zu haben.

Die Autorin ist Referentin für kulturelle Kooperationen in der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen.

 

 

 

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Face the Fact – Finissage und digitale Ausstellung

Die Sonderausstellung “Face the Fact. Wissenschaftlichkeit im Portrait” feierte am 3. März 2019 ihre Finissage. Seit dem 27. September 2018 war sie in den Räumen der Kunstsammlung der Universität Göttingen zu sehen. Anna Luise von Campe, Studentin der Kunstgeschichte, war beim feierlichen Abschluss dabei.

Ein Traum von Wissenschaftlichkeit

„Schon als Kind hatte ich voller Stolz meinen Eltern vorgeschwärmt, dass ich ihnen eines Tages in einer Dokumentation im Fernsehen etwas erklären und dabei mein Name eingeblendet sein würde. Dieses Bild hat meinen alten Traum von Neuem entfacht.“ So schreibt Lara Döring, die gemeinsam mit der Schreibwerkstatt der Universität des Dritten Lebensalters die Ausstellung besucht hat, über das Portrait einer Wissenschaftlerin. Ein Bild, das den Traum einer angehenden Wissenschaftlerin neu entfachen kann – diese Inspiration überkam viele Besucherinnen und Besucher der Ausstellung „Face the Fact. Wissenschaftlichkeit im Portrait“.

Das Bildnis der Dorothea von Schlözer. Foto: Christoph Mischk

Schlözer is one of my new heroes!

Christian Vogel, Referent für Wissensforschung der Zentralen Kustodie, leitete durch den Abend und stellte den Erfolg der Ausstellung heraus. Dieser ist auch durch die aktive Teilhabe der Besucherinnen und Besucher zu verzeichnen. „2.710 haben Face the Fact gesehen“, berichtet Isabel Pagalies, wissenschaftliche Volontärin der Zentralen Kustodie, stolz. Anerkennender Beifall vom Publikum folgt. Mit einigen Passagen aus dem Gästebuch bietet die Volontärin einen Rückblick auf die Stimmen des Publikums. Vorrangig wird deutlich, dass die Ausstellung nicht nur als spannend, übersichtlich und gendersensibel wahrgenommen wurde, sondern auch zur Motivation veranlasste: „Schlözer is one of my new heroes!“ – lautet es beispielsweise im Gästebuch. Dorothea von Schlözer (1770–1825) wurde als zweite Frau Deutschlands promoviert und zählt zu den sogenannten „Universitätsmamsellen“, die als Wissenschaftlerinnen an der Geschichte der Emanzipation beteiligt waren.

Kritische Blicke auf die Gelehrten. Foto: Christoph Mischke

Habitat Ausstellung

„Eine Ausstellung ist so eine Art Lebensraum“, erklärt Karsten Heck, Referent für Sammlungsmanagement. In diesem Sinne regte „Face the Fact“ besonders im Göttinger Umfeld Diskussionen um Wissenschaftlichkeit und deren Präsentation an. Bei Führungen von verschiedenen Fachbereichen habe es unter dem Eindruck der fokussierten Forschungsblicke Erkenntnisse und Diskussionen gegeben, berichtet der Referent. Beliebt waren unter anderem die sogenannten Cartes de Visite, die es in vergangenen Zeiten in Buchläden zu kaufen gab. „So konnte man sich seinen Professor kaufen“, beschreibt Heck mit einem leichten Schmunzeln.

Restaurierte Wissenschaftlichkeit

Im Zuge der Ausstellung konnte das Portrait von Johann David Michaelis (1717–1791) restauriert werden. Dr. Anne-Katrin Sors, Kustodin der Kunstsammlung und Dozentin am Kunstgeschichtlichen Seminar, dankte Dr. Martin Reulecke für seine Bildpatenschaft an dem Gemälde. Das Portrait erstrahlt nun in neuem Glanz; die Signatur ist wieder lesbar. Damit ist ein wertvoller Beitrag zur Erhaltung der Gemälde geleistet worden.

Das restaurierte Portrait von Johann David Michaelis. Foto: Anna Luise von Campe

Forum Wissen: Selbstreflexion der Wissenschaftlichkeit

Mit der „Face the Fact“-Ausstellung konnte gezeigt werden, welchen Ansatz das zukünftige Forum Wissen in Göttingen verfolgen wird. „Wir wollen ein Zentrum schaffen, in dem objektbasiert geforscht wird. Gleichzeitig soll es ein Museum werden über das Wissen-Schaffen!“, so Marie Luisa Allemeyer, Direktorin der Zentralen Kustodie. In einem Vortrag stellte sie nachvollziehbar die Planung und den Stand der Realisierung des Projekts dar. Ende 2020 soll eröffnet werden. Es werden Räume des Wissens ausgestellt und erlebbar gemacht: das Labor, die Bibliothek, der Schreibtisch, die Werkstatt, der Salon, der Markt, „…aber auch der Holzweg!“ – wie die Allemeyer berichtet. „Face the Fact“ hat bereits einen wichtigen Aspekt des Forum Wissen geteasert: die Darstellung der Selbstreflexion der Wissenschaftlichkeit.

Marie Luisa Allemeyer über das Forum Wissen. Foto: Anna Luise von Campe

Wie gelehrt dürfen Frauen gezeigt werden?

Ruth Finkh eröffnet während der Finissage eine Innenschau der Portraitierten auf das Portraitieren: In ihrem Vortrag verdeutlicht die Literaturwissenschaftlerin den Einfluss des Gemaltwerdens auf die Portraitierten und deren Umfeld. Die junge Philippine Gatterer (1756–1831) wurde von Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722–1789) portraitiert und durchlief damit eine soziale Initiation: Sie entsprach nicht dem Schönheitsideal ihrer Zeit, doch der Maler Tischbein verlieh ihr ein geschöntes Antlitz, sodass sich ihre Selbstsicht und die Sicht der Anderen wandelte. Vor allem aber malte Tischbein sie als Dichterin mit Lorbeerkranz und Harfe und verlieh ihr damit eine soziale Rolle, die damals hauptsächlich Männern vorbehalten war. Dies ist eine der vielen Fragen, die während der Finissage zum Ausdruck kommen: „Wie gelehrt dürfen Frauen im 18. Jahrhundert gezeigt werden?“.

Ruth Finkh während ihres Vortrages. Foto: Anna Luise von Campe

Face the Fact – jetzt auch digital

Zum Abschluss der Finissage wurde die digitale Ausstellung eröffnet – so können Besucherinnen und Besucher auf https://facethefact.gbv.de/start/ weiterhin virtuell „face the fact“ in einzelnen Sektionen und als 360° Rundgang erfahren. Der Sehnsucht nach alten Epochen, nach verschiedenen Klischees von Professorinnen und Professoren, nach Wissenschaftlichkeit und nach Portraits aus verschiedenen Zeiten kann nun auch digital nachgegangen werden.

 

Gäste der Finissage. Foto: Anna Luise von Campe

 

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Aufbruch aus der Repräsentation?

Diese Frage führte Daniela Döring in “Face the Fact. Wissenschaftlichkeit im Portrait“. Die Ausstellung ist noch bis zum 3. März in der Kunstsammlung der Universität Göttingen zu sehen. Die Kulturwissenschaftlerin hat sie für uns besucht.

Inszenierte Gelehrsamkeit.

Face the fact!

So der Titel der Ausstellung über Selbstdarstellungen, Bildnisse und Porträts Göttinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Er ruft mir zu, der Tatsache ins Auge zu sehen! Welcher Fakt ist gemeint? Es ist eine Tatsache mit vielen Gesichtern, handelt es sich doch um einen Rundgang durch historisch gewachsene und verschiedene Vorstellungen wissenschaftlicher Tugenden und Expertisen. Die Ausstellung fragt danach, welche Selbstverständnisse und Ideale von Gelehrsamkeit, Autorität und Wissenschaftlichkeit im Porträt repräsentiert werden und welche Formen der Teilhabe, Ausgrenzungen und Machtachsen das akademische Feld selbst prägen.

So steckt im Begriff der Repräsentation nicht nur der Modus der Stellvertretung, sondern auch die performative Kraft der Darstellung. Repräsentationen sind nicht allein Abbilder gesellschaftlicher Wirklichkeiten, vielmehr liegen ihnen bestimmte historisch-kulturelle Bedingungen zugrunde. Dass Gelehrsamkeit durch Insignien, Symbole und Inszenierungsweisen überhaupt erst hergestellt wird, macht gleich das erste Bildnis von Abraham Gotthelf Kästner klar, in dem Stift, Lineal und Zirkel diese be- und erzeugen. Eine Notiz im Porträt fordert mit einem Augenzwinkern dazu auf, der Nachwelt ein gutes Bild zu hinterlassen, der Blick der Betrachtenden ist demnach immer schon eingeschrieben. Was also sehe ich, wenn ich sehe? Was soll ich sehen? Und was ist nicht sichtbar?

Face the gap!

Es empfängt mich eine wuchtige Wand voller Professorenporträts im Stil adeliger Ahnengalerien. Die altehrwürdigen Männer sind in Amtstracht und vor dunklem Hintergrund dargestellt, ihre individuellen Züge kommen angesichts der einheitlichen Inszenierung umso mehr zum Vorschein. Doch klaffen Lücken in der Galerie. Die Leerstellen sind sogar beleuchtet und erscheinen als blinde Flecken in der Geschichte: Frauen, die lange Zeit nicht zum Studium zugelassen waren, People of Colour, die nicht vorkommen, Menschen jenseits gehobener Schichten und Klassen.

Im Hintergrund: Professorengalerie mit Leerstellen.

Look at this!

Die daneben ausgestellten Grafiken entsprechen dem klassischen Porträtstil und ergänzen diesen durch das Buch und den Fingerzeig. Die Kupferstiche des in Augsburg verlegten “Bilder-sal heutiges Tages lebender und durch Gelehrtheit berühmter Schriftsteller” fallen mir dadurch auf, dass sie das Zeigen zeigen. Hände umschließen, stützen und Finger verweisen auf das Buch, das Wissen und Erkenntnis enthält, welche generiert, angeeignet und vermittelt werden können. Eine dieser Fingerhaltungen ist – so erfahre ich anhand des gegenüberliegenden Porträts von Johann Georg Roederer – eine typische Haltung der aufkommenden Geburtsmedizin. Mit ausgestrecktem Daumen und Zeigefinger wird die vaginale Untersuchung der Schwangeren durchgeführt und – wie die Abbildung in einem Buch zeigt – mithilfe einer Maßskala vermessen. Gerade diese Aufspaltung in handelndes, denkendes (männliches) Subjekt und zu vermessendes (weibliches) Objekt verdrängt das traditionelle Hebammenwissen und legitimiert die Entstehung der neuen medizinischen Teildisziplin sowie die Professionalisierung von Wissenschaft im Allgemeinen.

Die Fingerhaltung: Repräsentation der Geburtsmedizin.

Take part!

Die Ausstellungssektion über die Silhouetten manifestiert diese beiden Seiten: Typologisierung einerseits und Individualität des Wissenschaftlers anderseits. Das Porträt – und mit ihm die Wissenschaft schlechthin – wird egalisiert, indem der Schattenriss mithilfe eines Storchenschnabels (Pantograph) von jedermann erstellt werden kann. Die Porträts können aber nicht nur reproduziert, sondern auch getauscht, gesammelt und besessen werden. Als Post- und Visitenkarten geraten sie in Umlauf und versprechen die Demokratisierung des Wissenserwerbs, der Ausweisung von Kennerschaft und von kulturellem Kapital.

Professoren zum Sammeln: klein, handlich und begehrt.

Excluded!

Dies entpuppt sich schnell als ein Ver_sprechen, so ist der zentralen Themeninsel zu entnehmen. Unter dem Titel „Inklusion – Exklusion“ sind hier Beispiele von Grenzziehungen und Machtordnungen im akademischen Feld versammelt: Herrschende Geschlechterverhältnisse, die etwa Dorothea von Schlözer versagten, trotz Promotion eine akademische Karriere einzuschlagen, oder Universitätsmamsellen, die sich im Schatten ihrer Ehemänner wissenschaftlich betätigten. Sie sind die Ausnahmeerscheinungen, die die Regel bestätigen. Ihre Arbeit und Zeugnisse, ebenso wie jene der Handwerkerinnen, Technikerinnen oder Laborassistentinnen und schließlich, zur Zeit des National­sozialismus, jene jüdischer Gelehrter, bleiben ausgeschlossen aus der Repräsentation. In der Geschichtsschreibung werden sie marginalisiert. Es ist der Ausstellung hoch anzurechnen, dass es diese Machtmechanismen, die im Repräsen­tations­­modus selbst verankert sind, aufzuzeigen versucht. Weder die Zugänge noch die Inhalte von Wissenschaft können als neutral angesehen werden. Das Herstellen von Expertentum funktioniert aber gerade über die Verobjektivierung und Universalisierung von Erkenntnis. Wie lässt sich dieses Spannungsfeld ausstellen?

Themeninsel mit Blick auf strukturelle Ungleichheiten.

Die auf der Themeninsel ausgelegten Fallbeispiele liegen flach vor mir, ich muss mich über den Tisch beugen und mich gar über sie erheben. Sie erscheinen im Kontrast zu den aufrecht stehenden Porträts, die mir ein dominantes Gegenüber bieten, fast passiv und kleinteilig. Allzu leicht lassen sie sich so in eine historische Epoche verbannen, die wir heute überwunden zu haben glauben. Die Insel – ein gängiges gestalterisches Ausstellungsmittel und Charakteristikum des Museums selbst – betont indessen mehr Grenzen als Möglichkeiten der Überwindung. Vermag sie strukturelle Ungleichheiten zu veranschaulichen?

Fight it out!

Damit gelange ich in die letzten Ausstellungsbereiche, eine schwarze Wand, die mich dazu auffordert, über mein eigenes Porträt etwa auf der Website der Universität nachzudenken, aktuelle Formen der Selbstdarstellung auszumachen und sie auf der Schultafel neu zu sortieren. Dahinter verbirgt sich ein weiterer Raum mit Karikaturen, die sehr unterschiedliche Beispiele dafür zeigen, dass einmal gemachte Hierarchien verhandelbar und kritisierbar sind: der von seinem Schüler Gauß mit Rechenfehler gezeichnete Kästner, Dahlmann als Teufel, Hilberts Büste attackiert, mit rosa Farbe besprüht, vom Sockel geholt – und hier wieder auf den Sockel gebracht. Wie groß sind die Spiel- und Gestaltungsräume? Wie weit reicht Institutionskritik? Wer hat die Definitionsmacht?

Return to representation?

Am Ende der Ausstellung sehe ich auf großen schwarzen Postern aktuelle Fotoaufnahmen von Professorinnen und Professoren, betitelt unter anderem als Götterbotin, Urknaller, Luftretter oder Molekularköchin. Die Anordnung erlaubt mir einen direkten Vergleich mit der Ahnengalerie der Professoren am Eingang.

Modernes Hochschulmarketing in klassischer Repräsentation.

Verblüfft stelle ich eine ähnliche Ästhetik fest. Die Lehrenden sind vor schwarzem Hintergrund, standardisiert und entkontextualisiert abgebildet und mit einer Insignie, einem Objekt ausgestattet, das auf die jeweilige Disziplin verweist. Der Statik der Ahnengalerie ist jedoch eine fast filmisch anmutende Dynamik entgegengesetzt. Die kreative Wortneuschöpfung setzt auf ein Storytelling, deren Ausgestaltung meiner Phantasie überlassen wird. Statt Alter ist nun Jugend(lichkeit) der augenscheinliche Trumpf. Was auf den ersten Blick gendergerecht aussieht, blendet reale soziale Ungleichheiten und Grenzziehungen aus, etwa die schwierigen Bedingungen des überwiegend prekär und befristet angestellten Mittelbaus, Zugangshürden für Nicht-Akademikerinnen und -Akademiker, Barrieren für beeinträchtigte Menschen oder Kämpfe marginalisierter Studierendengruppen. Der Logik der Repräsentation scheinen wir – jedenfalls vorläufig – nicht so schnell zu entkommen.

Daniela Döring ist PostDoc und wissenschaftliche Koordinatorin am Promotionskolleg „Wissen / Ausstellen“, das die Präsentation von Erkenntnissen in Sammlungen und Museen erforscht.

Fotos: Christoph Mischke, Karsten Heck

Kugelpanorama durch die Ausstellung

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Ausstellung Forum Wissen Hinter den Kulissen

Wer sucht, der findet: vom Pitch zum Partner

Das Feinkonzept für die 13 Räume des Wissens steht! Die konzeptionelle Arbeit ist damit abgeschlossen. Nun geht das kuratorische Team daran, die Ideen für die Basisausstellung des Forum Wissen umzusetzen. Ich bin seit Juni 2018 dabei: Michael Fürst, Referent für Ausstellen an der Zentralen Kustodie, Wahlberliner und gebürtiger Göttinger! Daher fasziniert mich das Forum Wissen als neue kulturelle Attraktion der Stadt ganz besonders.

Das bin ich, in der Mitte – im Gespräch mit Britta Nagel und Tanja Zöllner vom Atelier Brückner.

Noch eine Auswahl – noch mehr Expertise

Als ich in die Arbeit an der Ausstellung im zukünftigen Forum Wissen einstieg, lief das Auswahlverfahren für die Gestaltung der Basisausstellung bereits auf Hochtouren. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Schritt für die weitere Arbeit an der Ausstellung. Die Gestalterinnen und Gestalter setzen die Ideen des Feinkonzepts in Entwürfe für die Gestaltung der Räume um. Dies geschieht natürlich in enger Abstimmung mit dem kuratorischen Team. Der Austausch ist ausgesprochen wichtig, damit die konzeptionellen Ideen richtig verstanden und entsprechend in Raumbilder umgewandelt werden können. So sieht das Feinkonzept zum Beispiel Räume wie Labor, Feld oder Reise vor. Wer schafft an diesen Orten, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zweck Wissen? Wie können wir die Forschung unter kontrollierten Bedingungen, auf einer Grabung oder während der Zugfahrt veranschaulichen? Welche Methoden wollen wir auf welche Weise in den einzelnen Ausstellungsräumen inszenieren? Das alles gilt es mit den Szenografinnen und Szenografen – wie die Gestalter auch genannt werden – zu besprechen.

So sieht es aus, wenn sich das kuratorische Team trifft.

Um den richtigen Partner für die „Räume des Wissens“ zu finden, haben wir die Aufgabe europaweit ausgeschrieben. Von den 16 Gestaltungsbüros, die sich bewarben, haben wir sechs zum Pitch eingeladen. Ein Pitch bedeutet, die Agenturen senden ein Team nach Göttingen, das den eingereichten Entwurf persönlich vor einem Gremium präsentiert. Solch ein Pitch hilft nicht nur, mehr über die Entwurfsidee zu erfahren und Fragen zu klären, sondern eignet sich hervorragend, um einen persönlichen Eindruck von den Menschen zu bekommen, mit denen man möglicherweise zusammenarbeiten wird. Dabei war uns wichtig, dass die Gestalter sich auf unsere Ideen einlassen, diese auf originelle Weise in die Gestaltung der „Räume des Wissens“ einbringen. Ihre Entwurfsskizzen sollten neugierig machen und natürlich auch bezahlbar sein. Wir erstellten eine Matrix, die alle Kriterien festlegt, und die wir veröffentlicht haben. Sie zeigt auch den Schlüssel, nach dem wir die Agenturen bewertet haben. Und damit alles mit rechten Dingen zugeht, gab es eine Vergabeanwältin, die die Vorgänge mit Adleraugen verfolgte.

Kaum vorstellbar: Das werden die Räume des Wissens! Unsere Szenografin Tanja Zöllner auf der Baustelle.

Auf diese Weise fiel unsere Wahl auf das Gestaltungsbüro Atelier Brückner aus Stuttgart. Die Agentur hatte einfach die originellsten Vorschläge, Inszenierungen, die das Wissen-Schaffen in den Ausstellungsräumen wirklich erfahrbar machen. Hinzu kam ihre langjährige, internationale Expertise in der Ausstellungsgestaltung. So hat das Atelier Brückner unter anderem die Dauerausstellung im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln, im Filmmuseum Frankfurt am Main und im Staatlichen Museum für Archäologie in Chemnitz gestaltet. Aktuell arbeitet es an der Realisierung des Grand Egyptian Museum in Gizeh. Wir freuen uns sehr, nun mit diesen Profis an unserer Seite das Ausstellungskonzept realisieren zu können.

Vom Suchen und Finden

Die größte Herausforderung, die jetzt vor uns liegt, ist es, bereits bis Ende des Jahres gemeinsam mit den Kustodinnen und Kustoden der Sammlungen erste Objekte festzulegen, die tatsächlich in der Ausstellung gezeigt werden sollen. Die Vielzahl der Göttinger Universitätssammlungen – immerhin über 70 – macht dieses Unterfangen zu einer spannenden Aufgabe. Damit diese gelingt, kommunizieren wir viel, sowohl mit den Sammlungen als auch mit dem Atelier Brücker. Wir organisieren Skype-Konferenzen und Workshops, um uns auf einen gemeinsamen Stand zu bringen.

Objekt, Farbe, Licht … alles soll zusammenpassen.

Gemeinsam mit dem kuratorischen Team suchen wir intensiv nach Objekten und ihren Geschichten: In den vergangenen Wochen haben wir zahlreiche Sammlungen besucht, Gespräche geführt, diskutiert und eine Liste unserer Entdeckungen angelegt. Denn Grundlage für die Gestaltung der Ausstellung sind nicht allein Raumideen, sondern auch Objekte, die dort gezeigt werden. Besucherinnen und Besucher sollen diese in einem faszinierenden Raumeindruck erfahren können. Aus diesem Grund sprechen wir uns thematisch und inhaltlich mit den Mitarbeiterinnen des Atelier Brückner ab. Das Büro plant die genaue Position der einzelnen Objekte und Texte und wird auch den Vorgang des Ausstellungsbaus begleiten. Jede Vitrine und Texttafel, jede Raumgrafik und Medienstation wird von den Gestalterinnen auf die Erfordernisse des einzelnen Raums abgestimmt. Am Ende soll jeder Raum ein Erscheinungsbild bekommen, das unsere Besucherinnen und Besucher überzeugt.

Lassen Sie sich überraschen: ab 2020 für alle, die mehr wissen wollen.

Und wenn Sie jetzt fragen, welche Objekte wir denn nun in der Ausstellung zeigen, dann bitte ich Sie noch um etwas Geduld. Das verrate ich Ihnen gern beim nächsten Mal.

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Ausstellung Sammlung

Da steckt der Wurm drin…

Unser Wurm steckte tatsächlich in einem Präperateglas und war in Alkohol eingelegt. Aber das ist bei Würmern nicht der Normalfall. Für gewöhnlich leben sie – wie jeder weiß – im Boden. Und um den Boden, oder vielmehr um die Bodenkunde, ging es in der vergangen Woche bei der Verleihung des CULTURA-Preises, die wir mit einer Mini-Ausstellung begleitet haben.

Unterschiedliche Perspektiven auf den Boden

Der CULTURA-Preis der Alfred-Töpfer-Stiftung wird jedes Jahr an der Georg-August-Universität Göttingen für besondere wissenschaftliche Leistungen in den Gebieten Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft verliehen. Und jedes Jahr steuern wir eine kleine Ausstellung bei, die das Forschungsthema des Preisträgers aufgreift. Da in diesem Jahr der „Boden-Brücken-Bauer“ Prof. Dr. Georg Guggenberger den Preis bekam, haben wir in uns in den Universitätssammlungen umgeschaut und einige interessante Objekte zum Thema “Boden” gefunden. Der ein oder andere Wurm war auch dabei.

Die Ausstellung wird aufgebaut.
Die Ausstellung wird aufgebaut. Drei präperierte Würmer haben ihren Weg in die Vitrine schon gefunden.

Wie in den vergangen Jahren haben wir auch diesmal versucht, ein wenig um die Ecke zu denken und die Exponate aus den unterschiedlichen Sammlungen so auszuwählen, dass sie eine andere Perspektive auf das Thema ermöglichen. Und was könnte passender sein, bei einem Preiträger der insbesondere deshalb ausgewählt wurde, weil er “Fachdisziplinen, Nationen und Bevölkerungsgruppen überwindet” (Zitat aus des Cultura-Kuratoriums) und so Brücken baut.

Zur diesjährigen Preisverleihung wählten wir Objekte aus der Agrarpedologie (Bodenkunde), dem Zoologischen Museum und der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen aus. Mit einem ca. zwei Meter hohen Lackprofil vom Hohen Hagen bei Dransfeld war ein klassisches Objekt der Bodenkunde im Foyer des Zentralen Hörsaalgebäudes der Universität zu sehen und holte die Umgebung Göttingens an den Tagungsort. Ein Lackprofil zeigt naturgetreu den Aufbau der unterschiedlichen Schichten im Boden.

Ein Teil des Hohen Hagens zu Besuch in Göttingen. Lackprofil aus der Agrarpedeologischen Sammlung

 Boden und Würmer

Ein grundlegendes Buch von Charles Darwin lenkte unseren Blick auf die alltäglichen, kleinen Bodenbewohner: die Regenwürmer. In seinem Buch Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer, das 1882 erschien, hatte Darwin die Bedeutung der Regenwürmer betont und sie so vom Ruf der Schädlinge befreit. Zwei Nasspräparate von Würmern, eine Wurmnachbildung sowie zwei anatomische Lehrtafeln veranschaulichten Anatomie und Lebensweise der Würmer.

Die Preisverleihung fand im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft Deutschland im Zentralen Hörsaalgebäude der Universität Göttingen statt. Zu sehen sind Objekte aus der Zoologischen Sammlung, der Agrarpedeologie (Bodenkunde) und der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

Chemie und Boden

Viel Aufmerksamkeit erregte auch die ausgestellte Erstausgabe eines richtungsweisenden Buches von Justus von Liebig aus dem Jahr 1840. In seinem Werk mit dem Titel Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie – kurz Agriculturchemie genannt – hob Liebig die Bedeutung der Mineraldüngung für Qualität und Ertrag der Pflanzen hervor. Das Buch erschien in  mehreren Auflagen und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. In unserer Vitrine lag es neben einem Modell zur Feinbodenstruktur, das eine 70-fache Vergrößerung darstellt.

Feinbodenstruktur in 70-facher Vergrößerung: Von allen Seiten einzigartig

Beim Boden, so scheint es, muss man genau hingucken!

 

Die Autorin Amelie May ist Praktikantin im Rahmen des Programms “Wissensdinge online”. Gemeinsam mit anderen Studierenden aus unterschiedlichen Disziplinen unterstützt sie die Digitalisierung der Göttinger Sammlungen. Außerdem ist sie während ihres Praktikums als “rasende Reportin” in den Sammlungen unterwegs.