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Vorfahren von Maori und Moriori kehren nach Hause zurück

Feierliche Restitution von Gebeinen an Maori und Moriori an Aotearoa Neuseeland, Foto: Peter Heller

In einer bewegenden Zeremonie hat die Universität Göttingen Anfang Juni Gebeine von Vorfahren – Tūpuna – der Māori und Moriori an eine Delegation aus Vertreter*innen der beiden Communities, des Nationalmuseums von Neuseeland Te Papa Tongarewa und der neuseeländischen Botschaft zurückgegeben. Hier geht es zum Live-Mitschnitt.

Die human remains waren Teil der Blumenbachschen Schädelsammlung und der Anthropologischen Sammlung der Universität Göttingen. Sie stammen von 32 Individuen, wie die Recherchen der Wissenschaftler*innen des von der VolkswagenStiftung Hannover geförderten Forschungsprojekts „Sensible Provenienzen“ ergeben haben.

Dr. Te Herekiekie Herewini, Leiter des Repatriation-Programms am Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa, war als Fellow am Projekt beteiligt. Er erklärt: „Durch unsere Untersuchungen konnten wir ermitteln, dass die ancestral remains von Moriori von Rēkohu (Chathaminseln) und Māori aus Aotearoa (Neuseeland) stammen, und wir konnten herausfinden, auf welchem Weg sie in die beiden Sammlungen gelangten.“

Der Botschafter Neuseelands Craig Hawke, der ebenfalls bei der Zeremonie anwesend war, betonte: „Die Rückführungen sind Ausdruck der engen diplomatischen Beziehungen zwischen Aotearoa Neuseeland und Deutschland, die sich seit deren Aufnahme vor 70 Jahren entwickelt haben.“

„Wir unterstützen die Initiative der Bundesregierung, dass sacred ancestral remains in Sammlungen identifiziert und in ihre Heimat zurückgeführt werden müssen“, sagte Göttingens Universitätspräsident Prof. Dr. Metin Tolan.

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Im Schaufenster: Sammlung mit Vogelorgel

Was stellen Sie sich unter dem Begriff „Musikinstrument“ vor? Ein Klavier, eine Geige, eine Klarinette? Die Musikinstrumentensammlung der Universität Göttingen beschäftigt sich genau mit dieser Frage: Was ist ein Musikinstrument? Das heißt: Was ist Musik? Und was ist ein Instrument?

Im Accouchierhaus. Foto: Alciro Theodoro da Silva.

Die Musikinstrumentensammlung der Uni Göttingen

Aufgrund ihres Bestandes zählt sie zu den größten Musikinstrumentensammlungen in Deutschland. Bedeutend ist dabei nicht nur die Vielfalt ihrer kulturellen Artefakte, die Erkenntnisse über verschiedenste Klangwelten bietet, sondern auch ihr Standort: Göttingen, eine Stadt, die Wissen schafft. Hier befindet sich die Sammlung im historischen Accouchierhaus. Diese Gegebenheit birgt einen zusätzlichen Denkanstoß: Denn im Accouchierhaus hat die akademische Geburtshilfe im deutschsprachigen Raum ihren Ursprung; sie entstand zur Zeit der Aufklärung. Hier war auch eine Station für die Experimente von Gauß und Weber zum elektromagnetischen Telegraphen (1833). Die Frage „Was ist ein Musikinstrument?“ wird in diesem Kontext noch vielschichtiger. Die Wissenschaft, die musikwissenschaftliche Instrumente erforscht, heißt übrigens Organologie. Sie ist ein Fachbereich der Wissensforschung und Wissenschaftsgeschichte, die sich auf das Auditive konzentriert.

Vogelorgel (Inv.-Nr. 0578) aus der Musikinstrumentensammlung. Foto: Martin Liebetruth.

Wie die Vogelorgel nach Göttingen kam

Unsere Sammlung wurde 1964 von Prof. Dr. Heinrich Husmann (1908–1983) ins Leben gerufen. Zur Gründung der Universitätssammlung für musikwissenschaftliche Forschung und Lehre erwarb er die Musikinstrumentensammlung von Hermann Johannes Moeck (1896–1982), einem Musikinstrumentenfabrikanten und Musikverleger in Celle. Dieser Bestand bildet das Kernstück der Sammlung. Aus ihr stammt auch die hier gezeigte Vogelorgel, die auch Serinette (frz.) genannt wird. Sie ist im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen zu sehen. Ihr Hersteller ist unbekannt. Vermutlich wurde sie aber im 18. oder 19. Jahrhundert in Frankreich gebaut. Die Vogelorgel ist eine einfache Form der Drehorgel. Sie war in Frankreich weit verbreitet. Ihre Mechanik und Bauweise wurden wahrscheinlich im frühen 18. Jahrhundert entwickelt. Das vorliegende Exemplar spiegelt diese Zeit wider.

Walze in der Vogelorgel. Foto: Martin Liebetruth.

Von der Serinette und anderen Orgeln

Die Vogelorgel besteht aus einer Holzwalze und neun kleinen Holzpfeifen. Die Mechanik wird mit einer Handkurbel auf der Vorderseite betätigt. Wie der Name schon sagt, erzeugt dieses Instrument einen Klang, als ob ein Vogel im Käfig singen würde. Der Name „Serinette“ leitet sich von „serin“ ab, dem französischen Wort für Zeisig. Die Holzwalze dient als Träger der Toninformationen. In diesem Zusammenhang öffnet dieses Objekt Fragen zur Mediengeschichte des auditiven Wissens (denken Sie an die Ausstellung “Räume des Wissens”).

Die Technik dieser Drehorgel wird in Bedos de Celles, L’art du facteur d’orgues (Paris, 1766–1778) beschrieben. Eine Anmerkung dazu: Diese Schrift wurde von Christhard Mahrenholz (1890–1980) herausgegeben und nachgedruckt (1936). Er war ein evangelisch-lutherischer Pastor und Musikwissenschaftler in Göttingen und hatte großen Einfluss auf die Kirchenmusik im 20. Jahrhundert. Während seiner Zeit als Hilfsgeistlicher an der St. Marien-Kirche (am Groner Tor, nur einen Steinwurf vom Forum Wissen entfernt), wurde auf seine Initiative hin die sogenannte Mahrenholz-Furtwängler-Orgel eingerichtet (1925/26). Das Konzept zielte darauf ab, den Klang und die Bauweise der norddeutschen “Barock”-Orgel wiederzubeleben. Diese Orgel bildete den Ausgangspunkt der Orgelbewegung und hat bis heute großen Einfluss auf die Praxis der Kantorei.

Die Serinette diente vor allem dem Abrichten von Singvögeln. Foto: Martin Liebetruth.

Die Wiederbelebung älterer Musikpraktiken war genau das Betätigungsfeld von Moeck, dem Vorbesitzer der Vogelorgel. Sie ist also nicht nur Träger von Toninformationen, sondern auch ein Träger von Wissen über Technik und Wissenschaften. In ähnlicher Weise ist die Musikinstrumentensammlung ein Wissensträger für die Musikwissenschaften der vergangenen Jahrhunderte, die in den Verflechtungen von Menschen und Dingen entstanden sind.

Aktuelles

Die Musikinstrumentensammlung steht derzeit für Forschungs- und Lehrzwecke zur Verfügung. Für Besuche und Untersuchungen der Objekte ist eine Terminvereinbarung erforderlich. Aufgrund von Umbauarbeiten an der Ausstellung ist bis auf Weiteres kein öffentlicher Zugang möglich. Dafür bitten wir um Ihr Verständnis.

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Eine der lebendigsten Sammlungen der Universität Göttingen – der Alte Botanische Garten

Wie lässt sich ein Garten ausstellen?


Gartenkustos Dr. Michael Schwerdtfeger erklärt uns vor Ort im Forum Wissen, dass er am liebsten etwas Lebendiges im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt hätte, vielleicht ein Terrarium mit exotischen Pflanzen aus dem botanischen Garten und Tieren … Die Spalten im Sammlungsschaufenster bei uns im Forum Wissen, die den Alten Botanischen Garten repräsentieren, sind nur ein kleiner Ausschnitt aus einer lebendigen Sammeltätigkeit.

Ein Blick zurück

Der Alte Botanische Garten gehört zur Biologischen Fakultät, er wurde schon zur Gründung der Universität Göttingen im Jahr 1736 von Albrecht von Haller gegründet. Damit gehört der Alte Botanische Garten zu den ältesten und lebendigsten Einrichtungen der Universität Göttingen. Seit fast 300 Jahren strahlt der Garten bei gleicher Funktion am gleichen Ort eine besondere Faszination aus. Der Alte Botanische Garten beherbergt eine große Vielfalt winterharter und tropischer Pflanzen, die für Lehre und Forschung der verschiedensten Bereiche des Studiums der Biologie und Biodiversität genutzt werden.

Hier ist viel los!

Nun sind in den Spalten im Sammlungsschaufenster Samentüten zu betrachten, ein Saatgutverzeichnis aus dem Jahr 1834 und bunt leuchtende Abbildungen ästhetisch und auch ökologisch wertvoller Pflanzen aus dem Alten Botanischen Garten der Universität Göttingen. Eine weitere Besonderheit der Sammlung des Alten Botanischen Gartens wird damit sichtbar: die Objekte lassen sich vermehren und verbreiten! Und das ist gut so. Zwischen den botanischen Gärten zahlreicher Universitäten gibt es ein großes Netzwerk, zum Erhalt von Artenvielfalt.

Ein Blick ins Sammlungsschaufenster mit Exponaten aus der Sammlung des Alten Botanischen Gartens, Foto: Muaz Toguslu

Dr. Michael Schwerdtfeger ist ein Vollblutbiologe und leidenschaftlicher Tattoo Künstler, eine Spalte im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen hat er mit seinen botanischen Tattoo Künsten gefüllt. Gern lassen sich die Studierenden von ihm Motive im Stil botanischer oder zoologischer Zeichnungen stechen, aber er versteht sich auch auf temporäre Tattoos mit der Pflanzenfarbe Jagua und hat darüber sogar ein Buch geschrieben. Bei Instagram gibt’s den Alten Botanischen Garten daher gleich zweimal: Über Aktuell Blühendes informiert alterbotanischergarten, und die persönlichere, künstlerische Seite des Gartenkustos lernen wir unter vollblutbiologe kennen. Doch zurück zum Alten Botanischen Garten.

Pflanzenbasierte Tattoo Kunst vom Gartenkustos Dr. Michael Schwerdtfeger, Foto: Muaz Toguslu

Von Albrecht von Hallers Universitätsgarten zum Insektenzoo….

Der Garten nimmt eine Sonderrolle in der Reihe der Sammlungen der Universität Göttingen ein, das wird auch im Sammlungsschaufenster bei uns im Forum Wissen deutlich. Er wurde gegründet, um Pflanzen zu kultivieren und systematisch zu erforschen. Über die Jahrhunderte ist der Garten aber auch ein wunderbarer Ort für Insekten und andere Tiere geworden. Eine Funktion, die sich der Gründer Albrecht von Haller, einer der bedeutendsten Gelehrten des 18. Jahrhunderts, damals sicher nicht hätte träumen lassen … In Zeiten schwindender Artenvielfalt ist der Garten zu einem wichtigen Rückzugsort für zahlreiche Insekten und andere Tiere geworden, beispielsweise für seltene Wildbienen – das erzählt uns Gartenkustos Michael Schwerdtfeger. Der Garten ist eine Insel ökologischer Vielfalt mitten in Göttingen.

Blühende Vielfalt im Alter Botanischer Garten der Universität Göttingen, Foto: Jan Vetter

Über ein Viertel der Bäume und Sträucher sind mittlerweile älter als 50 Jahre, in den Bäumen sind viele Tiere heimisch geworden. Teile des Gartens sind heute ein kleiner ‚Insektenzoo‘, wie Herr Schwerdtfeger die Flächen liebevoll nennt. In Deutschland gibt es circa 570 Arten an Wildbienen, 140 davon wurden schon im Alten Botanischen Garten in Göttingen gesichtet. Gerade läuft eine groß angelegte Kartierung der Wildbienen. Herr Schwerdtfeger ist als Experte auf dem Gebiet der Blütenökologie besonders engagiert, damit sich die Bienen wohlfühlen.

Sein Wissen vermittelt er an seine Studierenden und an alle Besucher*innen des Gartens, Führungen durch den Garten werden regelmäßig angeboten. Ein Besuch lohnt sich!

Ein verwunschener Tunnel führt zum Alten Botanischen Garten, Foto: Klein und Neumann

Alle wichtigen Informationen und die Öffnungszeiten des Gartens gibt es direkt auf der Seite des Alten Botanischen Gartens. Einen Vorgeschmack bietet euch das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.

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Archäologie und Naturwissenschaften

Im Sammlungsschaufenster der Ur- und Frühgeschichte findet ihr eine Vielzahl von interessanten und anschaulichen Objekten. Diese geben euch einen Einblick in das Leben und die Kultur der zurückliegenden ca. 7.500 Jahre. Besonders aufschlussreich sind dabei die Tierzähne. Sie zeigen euch, welche Haustiere bereits in einer frühen Phase der Seßhaftwerdung gehalten wurden. „Daneben stehen Tierfiguren, um gerade auch Kindern im Vorschulalter zu veranschaulichen, welche Tiere in der damaligen Zeit von Menschen gehalten wurden“, erklärt Dr. Immo Heske, der Kustos der Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte.

Zähne eines Hausschweins aus dem Kreis Helmstedt, Bronzezeit und Eisenzeit. Foto: Martin Liebetruth

Zugleich könnt ihr sehen, welche Tiere auf dem urgeschichtlichen Bauernhof zu Beginn noch fehlen. Die Tierzähne sind auch ein Verweis auf die Naturwissenschaften, die eng mit der Archäologie verbunden sind. Denn ohne archäozoologische Bestimmungen können Wissenschaftler*innen die Tierarten nicht unterscheiden. Anhand der Tierzähne können sie feststellen, wie alt die Tiere zum Zeitpunkt ihres Todes waren und ob sie im laufe ihres Leben gereist sind.

Metallanalysen und Handel

Ein weiteres Highlight der Ausstellung sind Objekte aus der Bronzezeit: Ösenhalsringe und Spangenbarren, stehen für eine frühe Phase des Handels. Denn mit diesen Ringen und Barren haben die Menschen damals ihre Waren bezahlt. Auch das Metall selbst lässt weitere Auskünfte zu.  Die Zusammensetzung der Metall-Legierungen können Spezialist*innen bestimmen. Manchmal gelingt es sogar, die Herkunftsregion einzelner Bestandteile aufzuschlüsseln. Die Wissenschaftler*innen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte haben sich in den zurückliegenden Jahren stark auf die Bronzezeit konzentriert. Diese zeigt uns, wie wichtig der überregionale Warentransfer für die Versorgung der Menschen mit Rohstoffen war. Durch Handel und Austausch von Rohstoffen kamen die Menschen in Kontakt mit anderen Kulturen und konnten von deren Kenntnissen sowie Fertigkeiten profitieren. Die Objekte in der Ausstellung zeigen uns eindrucksvoll, wie international die Kontakte der europäischen Menschen bereits zu dieser Zeit waren.

Ösenhalsringe, Bronzesichel und Spangenbarren aus der frühen und jungen Bronzezeit. Foto: Lena Heykes

Anthropologie und Bestattungen

Besonders spannend sind auch die Ausstellungsstücke zum Thema Bestattungssitten. Die Leichenbrände zeigen uns, wie die Menschen der Vergangenheit mit dem Tod umgegangen sind und welche Bestattungsformen sie gewählt haben. Hier ist die Anthropologie eine große Unterstützung, um Details über Geschlecht, Alter und vieles mehr herauszufinden – zum Beispiel über Arbeitsbelastung und gewalttätige Konflikte. Die Bestattungsmethoden änderten sich im Laufe der Zeit deutlich, besonders ab der Bronzezeit und europaweit ab dem 11. Jahrhundert v. Chr. Die Vielfalt der Bestattungsmethoden und -rituale zeigt, wie unterschiedlich die Menschen damals das irdische Leben im Jenseits weiter dachten. Heute kann jeder selbst entscheiden, ob er eine Brandbestattung in einer Urne oder eine Körperbestattung in einem Sarg bevorzugt.

Urne mit Leichenbrand aus der Eisenzeit. Foto: Uni Göttingen

„Es ist erstaunlich, dass die Bestattungen in Niedersachsen bis zur Einführung des Christentums fast ausschließlich bei Brandbestattungen blieben.“, meint Immo Heske. Die Hausurnen, die ganz oben in der Ausstellung stehen, zeigen uns auch, dass einige Gefäße ausschließlich für die Bestattung angefertigt wurden. Für normale Urnen verwendeten die Menschen damals oft einfache Gefäße aus dem Haushalt. Diese Urnen gab es häufig. Hausurnen finden Archäolog*innen hingegen seltenen. Sie lassen sich aber inselartig europaweit nachweisen. Ein Hinweis auf vielfältige Einflüsse und Kontakte zwischen dem heutigen Dänemark, Polen, Italien und dem Nordharzgebiet in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Die Ausstellung der Ur- und Frühgeschichte im Sammlungsschaufenster endet mit den Hausurnen. Diese werden an das Ende der Bronzezeit und den Übergang der Eisenzeit datiert. Die Eisenzeit in Niedersachsen ist ansonsten überwiegend mit wenig aussagekräftigen Urnen belegt.

Hausurne der frühen vorrömische Eisenzeit 8./7. Jh. v. Chr. Foto: Lena Heykes

Noch mehr zu entdecken

Insgesamt liefert das Sammlungsschaufenster der Ur- und Frühgeschichte einen faszinierenden Einblick in das Leben und in die Kultur der frühen Menschheit. Die Objekte zeigen uns, wie sich die menschlichen Gesellschaften und Glaubensvorstellungen im Laufe der Zeit entwickelt und verändert haben – aber auch, wie der Mensch überregional oder lokal lebte. Archäolog*innen erforschen die Regionen und Landschaften, in denen wir heute leben auf ihre Geschichte.

Das Mittelalter spielt im Sammlungsschaufenster zwar keine Rolle, dafür ist es in der Dauerausstellung „Räume des Wissens“ präsent, mit Objekten des Weltkulturerbes Haithabu.

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Das ganze Leben ist Chemie!

Die Sammlung der Göttinger Chemie präsentiert ein besonders modernes Exponat bei uns im Sammlungsschaufenster: einen sogenannten Bioreaktor. Für ein Objekt im Museum der Göttinger Chemie ist dieses Exponat ziemlich jung; das Göttinger Unternehmen Sartorius hat es 2019 hergestellt und viele Labore nutzen es derzeit weltweit. “Der Bioreaktor ist eine Spende von Sartorius und er ist fabrikneu”, erklärt Dr. Ulrich Schmitt, der Kustos des Museums an der Fakultät für Chemie.

Ulrich Schmitt stellt den Bioreaktor ins Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth

Seine Sammlung ist facettenreich und enthält neben überwiegend historischen Exponaten nur wenige aktuelle Objekte aus der chemischen Forschung. Konventionell werden für viele chemische Arbeiten im Laboratorium vor allem Geräte und Apparaturen aus Glas verwendet. Deshalb präsentiert der Kustos auch in der oberen Vitrine des Sammlungsschaufensters eine Auswahl typischer Glasgeräte für chemische Laborpraktika (zahlreiche weitere Gerätschaften könnt ihr in der Basisausstellung des Forum Wissen im Raum Labor sehen).

Typische Glasgeräte für Laborpraktika im Sammlungsschaufenster. Foto: Leonie Bathow

Besonders im Bereich der Biochemie verwenden die Wissenschaftler*innen in neuerer Zeit vermehrt auch Laborgeräte aus modernen Kunststoffen, wenn dies von Vorteil ist. Hierzu gehört der schon genannte Bioreaktor, der aus Polycarbonat besteht. Er ist als Bestandteil einer größeren Apparatur ein wichtiges Hilfsmittel in der biochemischen Spitzenforschung. “Ein Reaktor ist einfach eine besondere Art von Gefäß, in dem bestimmte wissenschaftlich untersuchbare chemische Prozesse ablaufen”, erläutert der Kustos. An den Reaktor können verschiedene Schläuche, Filter und Adapter angeschlossen werden. Über diese können die Chemiker*innen dann beispielsweise Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid hinzufügen oder fernhalten. Auch ein Rührwerk für die Durchmischung von Flüssigkeiten ist Teil des Reaktors.

Der Bioreaktor, hergestellt 2019 vom Göttinger Unternehmen Sartorius. Foto: Martin Liebetruth

In der biopharmazeutischen Forschung werden in solchen Reaktoren spezifische Zellen unter geeigneten kontrollierten Bedingungen (Nährmedium, Temperatur, pH-Wert) kultiviert und erforscht – beispielsweise zur Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen Viren und (eher noch Zukunftsvision) gegen Krebs. Die Zellen sind im Grunde kleine ‚chemische Fabriken‘, die genetisch so ‚programmiert‘ werden können, dass sie die gewünschten Moleküle produzieren.

Ein Stück Zeitgeschichte

Durch die COVID-19-Pandemie kam die biopharmazeutische Forschung mit der schnellen, erfolgreichen Impfstoffentwicklung in die Medien. Die lebenswichtige Bedeutung von biochemischer Forschung wurde gesellschaftlich heiß diskutiert. Aufgrund dieser Aktualität hat sich Ulrich Schmitt für die Präsentation des Bioreaktors entschieden. Mit einem baugleichen Exemplar wurde nämlich die erste Charge eines auf neuartiger mRNA-Technologie basierenden Corona-Impfstoffes hergestellt.

Der Kustos ist stolz, dieses Objekt in seiner Sammlung zu haben. Es bildet ein Stück aktueller Zeitgeschichte ab und passt perfekt in das Konzept seiner vergleichsweise jungen Sammlung – die es erst seit 1979 gibt. Für die Präsentation im Sammlungsschaufenster hat sich Ulrich Schmitt noch auf die Suche nach leeren Ampullen des Corona-Impfstoffes gemacht. Diese könnt ihr ebenfalls in der Vitrine betrachten. Ob sie bald von historischem Wert sein werden?

Leere Ampullen des Corona-Impfstoffes. Foto: Leonie Bathow
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Auf Spurensuche: die Anthropologische Sammlung

Den Knochenfunden ein Stück Identität zurückgeben

Anthropolog*innen sind angewiesen auf Originale, sie arbeiten mit echten menschlichen Überresten. Doch woher stammen diese? Und was untersuchen Anthropolog*innen?

Exponate der anthropologischen Sammlung der Universität Göttingen sind Teil des Sammlungsschaufensters. Fotos: Martin Liebetruth

“Wir haben keine museale Sammlung wie beispielsweise die Kunstsammlung der Universität Göttingen. Unsere Sammlung ist sehr flexibel, wir bekommen immer wieder neue Knochen und Skelette, welche Studierende überwiegend im Rahmen von Abschlussarbeiten untersuchen”, erklärt Dr. Birgit Großkopf. Sie betreut die anthropologische Sammlung der Universität Göttingen und ist unter anderem Expertin, wenn es um Skelettfunde geht. Frau Großkopf ist Mitarbeiterin der Abteilung Prähistorische Anthropologie und Humanökologie am Johann Friedrich Blumenbach-Institut für Zoologie und Anthropologie der Universität Göttingen.

Die Bestände der Sammlung kommen größtenteils aus archäologischen Grabungen aus ganz Deutschland. Teilweise werden die Knochen nach ihrer wissenschaftlichen Untersuchung wieder bestattet oder sie werden ein Teil der Lehrsammlung und für die Ausbildung und Forschung genutzt. An welchen Krankheiten hat die Person gelitten, wie alt ist sie geworden? Unter welchen Umständen hat sie gelebt? Das erforschen Anthropolog*innen in enger Zusammenarbeit Archäolog*innen. So können sie den menschlichen Überresten ein Stück Identität zurückgeben. Diese verschwinden nicht einfach mit den Baggerschaufeln …das ist Birgit Großkopf wichtig.

Wie forschen Anthropolog*innen?

Die menschlichen Überreste, die im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen gezeigt werden, kommen nicht aus kolonialen Kontexten und haben nach den Erkenntnissen der Göttinger Forscher*innen keine ethisch bedenkliche Herkunft. Sie stehen exemplarisch für die Sammlung und die Arbeit der Göttinger Anthropolog*innen und denen, die es werden wollen. Zwei menschliche Oberschenkel-Knochen aus der Sammlung der Göttinger Anthropologie sind im Sammlungsschaufenster ausgestellt. Auf den ersten Blick vielleicht für manche etwas gruselig… Auf den zweiten Blick und mit Frau Großkopfs Erläuterungen, geben die Exponate interessante Einblicke in die Forschung der Anthropolog*innen.

Was Knochen für Geschichten über das Leben erzählen…

Der Oberschenkel-Knochen zum Beispiel stammt ursprünglich aus der pathologischen Sammlung der Universität Göttingen. Hier wurden Knochen für die medizinische Ausbildung gesammelt. Diese Sammlung wurde Anfang des 20.Jahrhunderts angelegt und von der Göttinger Anthropologie vor über 30 Jahren von der Medizin übernommen. Woher genau dieser große Knochen stammt, ist nicht mehr nachvollziehbar, denn die Unterlagen wurden im Krieg vernichtet. Der Knochen selbst aber ermöglicht es, pathologische Veränderungen am Original zu erforschen. Er weist Veränderungen auf, die Birgit Bgroßkopf auf den chronischen Verlauf einer Osteomyelitis zurückführt. Solche bakteriellen Entzündungen des Knochenmarks sind wieder auf dem Vormarsch, ausgelöst beispielsweise durch Antibiotika resistente Bakterien, die auch zu einer Sepsis führen können.

Der andere Oberschenkelknochen – in der unteren Vitrine des Schauregals – stammt aus einer Wolfenbütteler Gruft. Er zeigt deutliche Spuren der Zersetzung. Ein niedriger pH-Wert und Feuchtigkeit beschleunigen den Prozess. Der Knochen zersetzt sich immer weiter und über die Jahre könnte man hier auch mit den bloßen Augen minimale Veränderungen beobachten – für die Anthropologin ist das etwas ganz Normales.

Ein menschlicher Oberschenkelknochen ist im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen ausgestellt.

Fragen nach dem Alter

Der Unterkiefer eines Kindes, der im Forum Wissen im Sammlungsschaufenster zu betrachten ist, steht beispielhaft für Forschungsfragen zur Bestimmung des Sterbealters. Bei Kindern werden während des Wachstums die Milchzähne durch die Dauerzähne ersetzt. Zahnausfall im Alter führt hingegen zur Rückbildung des Kiefers. Der Knochen baut sich ab, wenn die Zähne fehlen und beim Kauen kein größerer Druck mehr auf den Kieferknochen wirkt. So haben die Anthopolog*innen herausgefunden, dass es in der Steinzeit vereinzelt Menschen gab, die trotz vieler Gefahren über 70 Jahre alt wurden.

Kein Skelett gleich dem anderen!

Wie lange ein Skelett schon im Boden gelegen hat, ist schwer zu bestimmen. Normalerweise vergehen Knochen im Boden recht schnell. Doch bei kalkhaltigen Böden können sich Knochen auch über tausende Jahre erhalten. Hier gibt es keinen Standard, an dem man schnell und einfach das Alter der Knochen festmachen kann. Viele Fragestellungen sind vergleichbar mit der Arbeit von Kriminologen. Da kann es schon einmal vorkommen, dass Frau Großkopf bei Skelettfunden von der Polizei um Hilfe gefragt wird. Hier sind Anthropolog*innen Profis.

Und: Kein Mensch sieht gleich aus! Auch kein Skelett gleicht dem anderen – diese Vielfalt möchte Frau Großkopf an die Studierenden vermitteln.

Die anthropologische Sammlung der Universität Göttingen

Mehr über die Sammlung könnt ihr direkt auf der Institutsseite erfahren. Ansprechpartnerin für alle Fragen, welche die Sammlung betreffen, ist Dr. Birgit Grosskopf.
PS: Aktuell könnt ihr die Ausstellung „Unter uns. Archäologie in Göttingen“ im Städtischen Museum Göttingen besuchen. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Stadtarchäologie und der Abteilung Historische Anthropologie und Humanökologie des Johann-Friedrich-Blumenbach-Instituts für Zoologie und Anthropologie der Universität Göttingen. Ein Besuch lohnt sich!

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Das Verborgene sichtbar machen

Wie sieht eigentlich das Herz eines menschlichen Embryos aus? In unserem Sammlungsschaufenster könnt ihr es sehen. Denn hier ist ein zerlegbares Modell eines sechs Wochen alten Embryos ausgestellt. Der ist zu diesem Zeitpunkt ungefähr sechs Millimeter groß. Mit bloßem Auge also kaum zu sehen, zumal im Mutterleib. Jörg Männer versteht sich daher als jemand, der das normalerweise Verborgene sichtbar macht – mit den Objekten aus seiner, der Humanembryologischen Sammlung Blechschmidt.

PD Dr. Jörg Männer mit dem zerlegbaren Modell eines menschlichen, embryonalen Herzens.

Wie das Blut fließt

„Bereits in der vierten Woche nach der Befruchtung beginnt das menschliche Herz Blut zu pumpen,“ erklärt der Kustos. Zu diesem Zeitpunkt ist es lediglich ein schlauchförmiges Gebilde, dessen Pumpaktion an die des Darmes erinnert. Während der folgenden drei Entwicklungswochen aber wird der embryonale Herzschlauch in ein vierkammeriges Herz umgebaut. Nun ähnelt es dem eines Erwachsenen. Welchen Weg das Blut innerhalb des Herzens nimmt, zeigen die farbigen Ausgüsse. Sie stehen für verschiedene Hohlräume im Herzen – eines Erwachsenen und eines Fetus (so wird der Embryo nach der achten Entwicklungswoche genannt). Grün heißt: Hier fließt sauerstoffarmes Blut. Gelb zeigt die Bahn für das Blut an, das reich an Sauerstoff ist.

Ausgüsse der Hohlräume im Herzen von Fetus (links) und Erwachsenem (rechts).

Auf den ersten Blick scheint das Herz eines Fetus genauso zu funktionieren wie das nach der Geburt. Schaut man aber genauer hin, sind die Unterschiede zu erkennen: Die linke und die rechte Hauptkammer des fetalen Herzens arbeiten parallel. Das heißt, beide pumpen ihr Blut in den Körperkreislauf. Nur ein sehr kleiner Anteil fließt durch den Lungenkreislauf. Das hängt mit der vorgeburtlichen Atmung zusammen, die jetzt noch über die Plazenta läuft. Nach der Geburt hingegen arbeiten die beiden Hauptkammern seriell: Die rechte pumpt das sauerstoffarme Blut in den Lungenkreislauf und die linke pumpt es von dort – nachdem es sich wieder mit Sauerstoff angereichert hat – zurück in den Körperkreislauf.

Blick in den Sammlungsraum. Foto: Michael Markert

Repliken sind öffentlich ausgestellt

So kann es der Kustos auch im Seminar erklären. „Die Objekte erleichtern es den Studierenden, die vorgeburtliche Entwicklung des Menschen zu verstehen“, so Männer. Denn gerade das Herz-Kreislauf-System erfährt mit der Geburt und dem Verlust der Plazenta einen grundlegenden Umbau. Das nachzuvollziehen, ist nun im Forum Wissen möglich. Wer darüber hinaus mehr über die Sammlung und ihre Geschichte erfahren möchte, liest am besten hier weiter. Und wer sich für 3D-Repliken von Embryos interessiert, der kann die einzigartigen, überlebensgroßen Objekte im Institut für Anatomie und Embryologie besichtigen.

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Ein Füllhorn von Geschichten

Die Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte enthält Exponate, sowohl Originale als auch Kopien, von der Urgeschichte bis hin zur Neuzeit. Sie spielt noch heute eine wichtige Rolle für Forschung und Lehre. Vielleicht ist die Sammlung gerade deswegen mit gleich zwei Vitrinenreihen im neuen Sammlungsschaufenster des Forum Wissen vertreten. So haben neben Student*innen nun auch Besucher*innen die Möglichkeit, einige Objekte aus der Nähe zu sehen. „Die ausgewählten Objekte, die im Moment ausgestellt sind, können dabei unterschiedlich betrachtet werden, einzeln für sich oder in einem zusammenhängenden Kontext“, so Dr. Immo Heske, Kustos der Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte.

Steinzeitliche Feuersteinklingen im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth.

Von der Sesshaftwerdung des Menschen

Die erste Geschichte, die erzählt wird, ist die Veränderung der Lebensweise durch die Sesshaftwerdung des Menschen im Jungneolithikum, eine der grundlegenden Erkenntnisse der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Dies wird anhand der ersten der beiden Schaufenster nähergebracht, in denen die landwirtschaftliche Vielfalt gezeigt wird: der erste Ackerbau und die Viehzucht in Deutschland zuerst auf den Lößböden und die spätere Weiterentwicklung zu den Großsteingräber-Kulturen wie der Trichterbecherkultur. Diese Kulturen legten ihre Toten in monumentalen Grabanlagen zur Ruhe und begannen auch auf kargen Sandböden mit dem Ackerbau.

Die Ausstellung im Sammlungsschaufenster verdeutlicht diese Veränderungen durch zahlreiche Fundstücke aus dieser Epoche der Menschheitsgeschichte. Hierzu zählen unter anderem Steinwerkzeuge und Waffen sowie Gefäße aus Keramik.

Trichterbecher aus Keramik im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth.

Hebt man den Blick etwas, geht die Geschichte weiter und erzählt vom Übergang zur Bronzezeit, in der die Metallverarbeitung eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Die Waffen, Werkzeuge und der Schmuck aus Bronze werden in Gräbern gefunden und lassen Rekonstruktionen sowie die Unterscheidung von männlicher und weiblicher Tracht zu. So werden Frauen eher Schmuckgegenstände zugesprochen und Männern Waffen wie die Bronzeklingen.

Vom Übergang zur Bronzezeit

Reskonstruktionvorschlag einer bronzezeitlichen Frau im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Lena Heykes.

Neben den großen gesellschaftlichen Veränderungen werden auch kleinere Details des alltäglichen Lebens durch Fundstücke veranschaulicht. Sie sind im Sammlungsschaufenster über das Scannen des QR-Codes zugänglich. Doch nicht nur Sesshaftwerdung und Bestattungssitten im Jungneolithikum und der Bronzezeit werden als Geschichten erzählt, sondern auch die Entwicklung von Gesellschaften und Kulturen, die sich in den Epochen bilden und weiterentwickeln.

Bedeutung der Exponate im Studium

Damit beschäftigen sich die Student*innen der Ur- und Frühgeschichte tiefergehend. Anhand der Exponate lernen sie die unterschiedlichen Merkmale der verschiedenen Kulturen näher kennen. Und natürlich arbeiten sie dafür auch eng mit den Exponaten aus der Lehrsammlung.

Schwerter der Älteren Bronzezeit aus Männergräbern. Foto: Martin Liebetruth.

Dort gibt es auch einige Objekte, die noch nicht wirklich aufgearbeitet sind, die sie dann in Seminaren behandeln und bearbeiten. Andere Objekte werden für Ausstellungsprojekte wie dem Sammlungsschaufenster genutzt, um den Student*innen das Planen der Ausstellungskonzepte näherzubringen. Ebenso spielen das Zeichnen und die Recherche zur kulturhistorischen Einordnung der Artefakte eine wichtige Rolle. Mit diesen Techniken können sich die Student*innen nämlich auf ihre Abschlussarbeiten vorbereiten.

Zeichnung der Schwerter aus dem Sammlungsschaufenster. Foto: Lena Heykes.

Insgesamt ist die Sammlung für Ur- und Frühgeschichte wichtig für die wissenschaftliche Arbeit und die Vermittlung der menschlichen Geschichte. Diese möchten Immo Heske und die Student*innen den Besucher*innen durch das Sammlungsschaufenster näherbringen. So können sie sich schlaglichtartig ein Bild von der Entwicklung der Menschheit machen.

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Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Studentinnen der Kunstgeschichte praktizieren Provenienzforschung

Annika Zinger, Jana F. Schulz und Pia Mara Denkmann sind die ersten Studentinnen, die ein Objekt aus dem neuen Sammlungsschaufenster im Forum Wissen untersuchen. Es handelt sich um ein Genregemälde aus der Kunstsammlung der Universität Göttingen. Im Rahmen eines Seminars zur Provenienzforschung bei der Kustodin Dr. Anne-Katrin Sors suchen sie nach Spuren, die etwas über die Geschichte des Objekts verraten ─ etwa wann das Gemälde in wessen Besitz war.

Karsten Heck, Referent für Sammlungsmanagement beim Forum Wissen, öffnet die Glasvitrine. Annika Zinger hebt das Bild mit ihren weiß behandschuhten Fingern vorsichtig heraus. Sie legt es behutsam auf einen Tisch im Inneren des Sammlungsschaufensters, das als Seminarraum dient.

Schwierige Recherche

Die Informationen, die die Studentinnen bislang haben, sind dünn: Die Kunstsammlung hatte das Gemälde 1966 von der Witwe des Schauspielers Eugen Dumont angekauft. Der Titel: Dorflandschaft mit zechenden Bauern. Der Künstler: Unbekannt. Die abgebildete Szene ist typisch für die niederländische Genremalerei des 16. und 17. Jahrhunderts, doch hat eine frühere Prüfung ergeben, dass es sich um eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts handeln muss. In dieser Zeit waren solche Szenen beliebt; d. h. es gibt viele ähnliche Bilder, was es nicht gerade leichter macht, das Bild genau zu identifizieren. Es hat etwas von der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Übrigens werden solche Prüfungen in der Fachsprache auch „Autopsien“ genannt. Ein Hinweis darauf, dass die Recherchen der Studentinnen der Kunstgeschichte durchaus Ähnlichkeiten mit den von Kriminolog*innen haben.

Spurensuche am Objekt

Annika Zinger legt das Gemälde so ab, dass die Rückseite des Rahmens sichtbar ist. Auf dem dunklen Holz ist eine Bleistiftnotiz zu erkennen: „Rahmen verkleinern“. Die drei Studentinnen vermuten, dass sie von einem Restaurator stammt, der das Werk im Auftrag der Universität begutachtete. Ansonsten gibt es kaum Hinweise, die etwas über die Identität des Bildes verraten könnten.

Jetzt dreht Pia Mara Denkmann das Gemälde vorsichtig herum. Die Dorflandschaft mit den zechenden Bauern ist zu sehen, eingefasst in einen breiten goldfarbenen Holzrahmen. Die Studentinnen betrachten die Oberfläche eingehend aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. „Man sieht nochmal viel mehr, wenn man das Bild direkt vor sich auf dem Tisch hat“, sagt Pia Mara Denkmann. „Der pastose Farbauftrag ist gut zu erkennen, wenn man sich über das Bild beugt“. An zwei Stellen ist die Schutzschicht, der über dem Ölgemälde liegende Firnis verändert. Diese sogenannten Fehlstellen könnten bei der weiteren Recherche einen Hinweis auf die Identität des Bildes liefern. Dazu werden sie in den nächsten Wochen Kataloge von Auktionshäusern und Bilddatenbanken durchforsten. Ihre Erkenntnisse finden wiederum Eingang in das Sammlungsportal der Universität Göttingen.

Recherche am Original

„Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Studierende der Kunstgeschichte an Originalen arbeiten,“ sagt Jana F. Schulz. An vielen anderen Universitäten, die nicht über eigene Sammlungen verfügen, gebe es diese Möglichkeit nicht. Die Kunstsammlung der Universität Göttingen ist nicht nur die älteste Kunstsammlung ihrer Art in Deutschland, sie ist auch in erster Linie eine Lehrsammlung. Bei Neuankäufen wird u. a. darauf geachtet, dass sie um bestimmte Epochen und Themen erweitert wird, die bislang nicht vertreten sind.

Die Arbeit am Objekt ist für heute abgeschlossen. Die zechenden Bauern werden wieder vorsichtig in die Vitrine gestellt. „Die Atmosphäre hier im Innern des Sammlungsschaufensters ist inspirierend“, sagt Jana F. Schulz, „umgeben von so vielen verschiedenen Objekten zu sein, ist toll, wenn man so objektverliebt ist wie wir“.

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Hinter den Kulissen Sammlung

Vom Projektor zu Indiana Jones: die Sammlung Stern

Aus dem Sammlungsschaufenster im Forum Wissen stellen wir euch heute das Altertumswissenschaftliche Filmarchiv vor. Es ist eine unserer jüngsten Sammlungen, die es erst seit rund sechs Jahren gibt.

Bell & Howell-Projektor für 16-mm-Filme. Die Audiospur liegt als sogenannter Lichtton mit auf der Rolle.

Mit diesem Gerät fing alles an: Deshalb stellt Carolin Pilz den 16-mm-Projektor auch gut sichtbar ins Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. „Der Projektor ist das Gründungsobjekt des Göttinger Filmarchivs“, erklärt die Studentin stolz. Damit hat der Archäologe Tom Stern Filme gezeigt – nicht nur zu Forschungszwecken, sondern auch in vielen Schulen oder Museen. Kaum vorstellbar, dass dieses 20 Kilo schwere Gerät jahrzehntelang als mobiles Kino beliebt war. Gerade weil es so gut zu handhaben, leicht beweglich und robust war. „Für mich ist das ein doppelter Blick in die Vergangenheit“, erzählt Carolin weiter: Denn sie erfährt durch solche Objekte nicht nur, wie die Vorführpraxis vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war. Auch die Filme selbst sieht sie gern.

Antike im Film

Denn das wollte der Archäologe und Filmforscher Tom Stern (1958–2016) wissen: Welches Bild vom Altertum erzeugt ein Film? Wie und warum werden die Geschichten erzählt? Auch Ausgrabungen hielt der Forscher im Bewegtbild fest und schuf so besondere Einblicke in wissenschaftliches Arbeiten. Carolin studiert selbst Geschichte und Klassische Archäologie und findet diese andere Art des Zugangs zu ihren Fächern enorm erfrischend.

Filmrollen, VHS-Kassette und der letzte Film von Tom Stern, den Regisseur Enzio Edschmid fertiggestellt hat.

Auch Martin Lindner, der Kurator der Sammlung Stern, freut sich über diesen Türöffner: „Noch sind nicht alle Objekte unseres Archivs digitalisiert. Mit so einem Projektor können wir Filme, die 50 oder 60 Jahre alt sind, sogar unter Originalbedingungen zeigen.“ Und damit ein wenig in die Kinoatmosphäre dieser Zeit eintauchen.

Leidenschaft: Sammeln

Das scheint umso wichtiger, je mehr die Antike aus den Lehrplänen des Unterrichts verschwindet. Doch das war wohl nur ein Grund, warum Tom Stern begann, Filme zu sammeln – vor allem jene, die er analysierte oder an denen er mitwirkte. Sein Nachlass ist heute der Grundstock des Altertumswissenschaftlichen Filmarchivs. Zu ihm gehören auch Sterns Bücher, Zeitschriften und Arbeitsmappen wie die zu Leo Frobenius – Ethnologe, Archäologe und Hauptfigur eines Stummfilms über die Ruinenstätte Groß-Simbabwe von 1929.

Zeugnisse der Filmgeschichte von Tom Stern sowie dem Kieler Regisseur und Archäologen Kurt Denzer (1939–2021).

Aber auch Klassiker wie „Indiana Jones“ oder moderne Terra X-Sendungen schlummern in der Sammlung, die längst über Sterns Aktivitäten hinausgewachsen ist.

Herzlich willkommen

Wer sich davon ein Bild machen möchte, besucht am besten das Sammlungsschaufenster im Wissensmuseum. Es ist aber auch möglich, den einen oder anderen Film zu schauen und sich auf die Suche nach den alten Zeiten zu begeben. In dem Fall bittet am besten Martin Lindner um einen Termin im Althistorischen Seminar der Uni Göttingen.

Fotos: Uni Göttingen