Der Pottwal ist ein echter Hingucker im Forum Wissen, mitten in Göttingen, der “Stadt die Wissen schafft“. Das 17 Meter lange und rund 1,2 Tonnen schwere Skelett hat schon viele Besucher*innen staunen lassen. Seit es im Atrium des Forum Wissens hängt, können sie in der Ausstellung Wissenswertes über die Pottwale und ihre Lebensweise erfahren. Jetzt können große und kleine Besucher*innen auch in einem Bilderbuch in die Welt der Pottwale eintauchen.
Alles rund um das neue Buch
Am 19. März 2023 wurde der Einzug des Pottwals in das Forum Wissen gefeiert. Zuvor hatten viele kreative Menschen aus Göttingen und Umgebung, darunter viele Kinder, Wale gemalt, gezeichnet und gebastelt und diese für einen Malwettbewerb eingesendet. Aus einigen der spektakulären Einsendungen entstand das Kinderbuch, das jetzt vorliegt. Hauptfigur ist ein kleiner Pottwal, der großen und kleinen Leser*innen die aufregende Unterwasserwalt der Pottwale näherbringt. Was hat es mit Pottwalen überhaupt auf sich? Leben sie in Familien oder alleine? Wovon ernähren sie sich? Das sind nur einige der Fragen, die in dem Buch kindgerecht beantwortet werden.
Die Mitwirkenden
Die Illustrationen stammen von Teilnehmer*innen des Malwettbewerbs. Die jüngste Künstlerin war zum Zeitpunkt des Malwettbewerbs erst vier Monate alt, die älteste 12 Jahre. Die Texte wurden von den Masterstudentinnen Lea Leister und Annabelle Schunk im Rahmen der Veranstaltung „Wissenschaftskommunikation in der Biodiversitätsbildung“ geschrieben. Diese fand in Kooperation mit dem Biodiversitätsmuseum und dem Forum Wissen statt. Die Idee, ein Kinderbuch zu gestalten, stammt von Prof. Dr. Maria Teresa Aguado Molina, Leiterin des Biodiversitätsmuseums, die auch das nötige Material zugänglich machte. Sie und Margo Bargheer übernahmen redaktionelle und grafische Änderungen für die Herausgabe durch den Universitätsverlag. Gefördert wurde die Aktion durch das Biodiversitätsmuseum, das Forum Wissen, die Universität Göttingen und den Förderkreis Forum Wissen e.V.
Das Buch liegt beim Green-Xmas-Weihnachtsmarkt vor dem Forum Wissen am 7.12.23 aus. Es ist dann im Shop des Museums zum Preis von 19,- Euro erhältlich.
Wer an der Uni Göttingen zu tun hat, kennt die GWDG! Die Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen ist eine gemeinsame Einrichtung der Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft. Doch dass diese Einrichtung auch eine Sammlung beheimatet, ist vielleicht weniger bekannt. Mehr dazu gibt es in diesem Blogartikel, der diese spezifische Sammlung und ihre Exponate im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen genauer betrachtet.
Schon mal vorab: Die Ausstellung von Rechentechnik in den Gebäuden des Rechenzentrums der GWDG wurde 1980 begonnen. Doch das Rechnermuseum der GWDG an sich existiert so derzeit nicht mehr, die Sammlung ist aktuell nicht mehr öffentlich zugänglich. Viele der gesammelten Dinge der GWDG sind aktuell eingelagert. Darunter befinden sich auch Exponate vor der Zeit der GWDG-Gründung und auch vor einer Zeit, in der es die ersten Computer überhaupt gab. Umso schöner, dass wir einige Objekte der Sammlung jetzt im Sammlungsschaufenster zeigen können. Kustos Simon Heider hat die Objekte ausgewählt, die hier nun ausgestellt werden.
Technikgeschichte und Sammelleidenschaft
Hintergrund der Sammlung: Die Sammlung beruht auf der engagierten Sammelleidenschaft eines inzwischen verstorbenen GWDG-Mitarbeiters, der es sich zur Aufgabe machte Komponenten der alten Rechenanlagen vor der Verschrottung zu retten und diese dann in den Räumlichkeiten der GWDG am Fassberg zu präsentieren. Ziel war es einen vollständigen Überblick über die Entwicklung der Rechentechnik zu bieten. Das erzählt mir Simon Heider, Technischer Mitarbeiter bei der GWDG, der sich für die Sammlung und ihre Erhaltung engagiert. Simon Heider ist aktuell der Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Sammlung der GWDG. Er gibt uns einige Einblicke in die Geschichte von Datenbanken, historischen Wissensspeichern, Eingabemedien, Informatik und vielem mehr! Auch bei der Bestückung des Sammlungsschaufensters war es ihm ein Anliegen, eine große Bandbreite der Sammlungsbestände abzubilden.
Gesammelt und vor der Verschrottung gerettet wurden beispielsweise die ersten Großrechner: laute und tonnenschwere Vorläufer der ersten Computer – beispielsweise ein UNIVAC Großrechner. Gesammelt und vor der Verschrottung gerettet wurden beispielsweise Komponenten früherer Computer: laute und tonnenschwere Großrechner – beispielsweise ein UNIVAC (Universal Automatic Computer). Früher mussten diese Rechner von Expert*innen bedient werden. Die Anlagen konnten ganze Stockwerke einnehmen. Mit 1 Million Operationen pro Minuten war die UNIVAC bei ihrer Anschaffung ein unerhört schneller Hochleistungscomputer — heutige Smartphones sind 1 Million mal schneller. Die Rechnerzeit, um ein Programm durchzuführen, war kostbar. Die Eingabe erfolgte bis in die 1970er Jahre Mittels Lochkarten und auch das Ergebnis wurde zunächst per Lochkarten ausgegeben mit denen dann bei Bedarf weitergearbeitet werden konnte. Die Rechnerzeit um ein Programm durchzuführen war kostbar. Im Forum Wissen werden zwei Schalttafeln der UNIVAC ausgestellt, die die Größe des gesamten Rechners erahnen lassen.
Ein Blick ins Sammlungsschaufenster im Forum Wissen
Die Objekte der Sammlung im Sammlungsschaufenster bilden verschiedene Aspekte des Datenerhebens, Sammelns, Informationsspeichern ab. Ihr könnt beispielsweise eine Rechenmaschine betrachten, einen Vorgänger der Taschenrechner. Um diese zu bedienen, bedufte es oft einiges an Fingerspitzengefühl und Konzentration. Die Sammlung beruht auf der Initiative und Sammelleidenschaft einiger GWDG-Mitarbeiter*innen. In der immer komplexeren, technisierten Welt wurden innovative Techniken schnell wieder obsolet. Diese sind aber ein bedeutendes Zeugnis der Technikgeschichte. Die Ausstellung im Sammlungsschaufenster beinhaltet einen spannenden Teil an Technikgeschichte, viele der gesammelten Dinge sind der Generation der Millennials gar nicht bekannt.
Rechnen wie in alten Zeiten!
Simon Heider stellt uns unter anderem die historische Vier-Spezies-Maschine nach dem Staffelwalzenprinzip vor. Dabei handelt es sich um eines der ältesten Exponate der Sammlung. Ein Gerät, mit dem ihr theoretisch alle vier Grundrechenarten rechnen könnt. Die entsprechenden Beträge sind in das Zählwerk einzugeben, die Ergebnisse zeigt dann das Resultatwerk an. Die Bedienung der Rechenmaschine muss aber erstmal gelernt werden! Solche Rechenmaschinen waren früher weit verbreitet. Sie stammen aus dem Anfang des 20. Jahrhundert. Auch ästhetisch ein interessantes Exponat.
Kabelsalat? Viel mehr als das!
Eine Kunstinstallation? Sieht aus wie Chaos, ist aber keins! Simon Heider zeigt uns, dass es sich auf jeden Fall lohnt, die von der GWDG bestückten Vitrinen genauer zu betrachten. Zunächst erkennt man hier nur Kabelsalat. Einige wichtige Details erschließen sich dann mit etwas Hintergrundwissen. Diese Kabel wurden auf einer sogenannten Schalttafel nach genauen Anleitungen genutzt, um verschiedene Programme zusammen ablaufen zu lassen. Dazu wurden die Kabel entsprechend gesteckt. Eine Technik, die präzise bedient werden musste und nichts für den Hausgebrauch war. Eine Technik zur spezifischen Datenverarbeitung, die heute kaum noch jemand kennt. Das Wissen, das damals für das korrekte Arbeiten mit den Geräten erforderlich gewesen ist, wird heute nicht mehr gebraucht.
Wissenswert!
QR-Codes an den Vitrinen des Sammlungsschaufensters im Forum Wissen führen direkt ins Sammlungsportal . Hier sind alle Objekte digital erfasst und mit zusätzlichen Informationen versehen. Wenn ihr euch die Exponate vor Ort anschauen wollt, das Forum Wissen ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Unser Sammlungsschaufenster findet ihr gleich gegenüber vom Haupteingang.
Im März 2023 wurde das Forum Wissen zum Schauplatz eines großformatigen Eregnisses – die Rückkehr des imposanten Pottwal-Skeletts in das Atrium des Wissensmuseums. Gleichzeitig wurde eine Mitmach-Ausstellung auf der Sonderausstellungsfläche kuratiert, die Ergebnisse des Malwettbewerbs zum Thema “Walheimat Göttingen” präsentierte. Unser Fundraising Team hat die Albanischule Göttingen besucht, deren Schüler*innen sich künstlerisch mit dem Pottwal auseinandergesetzt hat.
Ein zweiter Wal kehrt zurück!
Das Gemeinschaftsbild der Albanischule Göttingen mit der Nummer 434 ist nicht nur durch seine Größe auf großes Interesse gestoßen. Unsere Besucher*innen waren auch von dem kreativen Einsatz der Schülerinnen und Schüler beeindruckt. Schüler*innen aller Altersstufen haben unter der Leitung von Kunstlehrerin Frau Rühling an diesem farbenfrohen Kunstwerk gearbeitet. Die unabhängige Jury des Malwettbewerbs war überzeugt, und so wurde das Bild mit einem Preis ausgezeichnet, den die Schüler*innen und Frau Rühling stolz bei der Eröffnung des Walskeletts am 19.03.2023 im Forum Wissen entgegennahmen.
Ein Geschenk und eine Rückkehr
Das Bild wurde für eine Spenden-Auktion freigegeben, bei der Herr Dr. Mallison als Höchstbietender hervorging. Nach dem Erwerb entschied er sich, das Bild im November 2023 zurück an die Albanischule Göttingen zu geben. Schulleiterin Frau Schaub und ihr Team sind darüber überaus glücklich. Die Schülerinnen und Schüler freuen sich, dass “ihr Wal” nun wieder in der Schule schwebt. Bald wird das Bild in einem eigens angefertigten Rahmen im Eingangsbereich hängen.
Die Wal-Kampagne war nicht nur eine kreative Erfahrung für die Schule, sondern auch ein großer Erfolg für die Finanzierung der aufwändigen Hängung des Pottwalskeletts. Die Universität Göttingen, der Förderkreis Forum Wissen e.V. und der Alumni Göttingen e.V. lobten einen Malwettbewerb aus, der unter dem Motto “Walheimat Göttingen” zwischen November 2022 und März 2023 stattfand. Insgesamt gingen 532 Bilder ein, von Teilnehmenden im Alter von zwei bis 71 Jahren, die auch aus Schweden und Spanien eingingen. Wir bedanken uns herzlich bei Frau Rühling, den Schüler*innen von der Albanischule Göttingen und Herrn Dr. Mallison für ihre freundliche Unterstützung.
Das beliebte Wal-Motiv ist übigens als Postkarte im Museums-Shop des Forum Wissen erhältlich.
Review
Die Ausstellung der Wal-Bilder im Forum Wissen zwischen März und April 2023 war auch für unser Team ein Highlight. Eine unabhängige Jury wählte je nach Altersstufe aus vier Kategorien jeweils vier Gewinnerbilder aus. Diese 16 Gewinner wurden im Rahmen der feierlichen Eröffnung des Walskeletts am 19.03.2023 geehrt. Der “Göttinger Wal” ist nun ein fester Bestandteil der Stadt Göttingen, und sein Skelett im Forum Wissen wird regelmäßig von Besucher*innen, darunter auch viele Grundschulkinder, bewundert.
Unsere aktuelle Sonderausstellung “Digitaler Wald” bietet einen faszinierenden Einblick in die Folgen des Klimawandels für die ursprünglichen Wälder Mitteleuropas. Auf 80 Quadratmetern zeigt das interdisziplinäre Ausstellungsprojekt, wie Wissenschaftler*innen der Universitäten Göttingen und Leipzig beispielsweise den Einfluss von langer Trockenheit auf den Wald erforschen. Der Freiraum im Forum Wissen wird zum Raum für Klimaforschung, Waldschutz und Klima-Aktivismus!
Wie arbeiten eigentlich Klimaforscher*innen?
Modernste Technologien ermöglichen es beispielsweise, den Wassertransport eines Baumes von den Wurzeln bis zu den Blättern zu messen und davon eine digitale Kopie zu erstellen. So werden unter anderem Dürreschäden erforscht, um die Auswirkungen von Klimaextremen vorherzusagen. Details zur Arbeit der Forschenden könnt ihr auf einem Expertenrundgang mit Prof. Dr. Dominik Seidel und Prof. Dr. Alexander Knohl [Georg-August-Universität Göttingen] erfahren!
Die Ausstellung führt durch verschiedene Themenbereiche, zeigt historische Perspektiven auf Klimaforschung, die “Funktion des Waldes” und modernste ‘Technologien. Über eine Virtual-Reality-Brille können unsere Besucher*innen hautnah Einblicke in die Arbeit der Wissenschaftler*innen erhalten. Das Tool führt direkt in die Forschungsstation im streng gesicherten Schutzgebiet des Nationalpark Hainich.
Vom Wissen zum Handeln!
“Digitaler Wald” lädt auch dazu ein, sich aktiv mit dem eigenen Handeln auseinanderzusetzen. Ein Teamspiel namens “Kipppunkt” ermöglicht es, spielerisch das Klima im Gleichgewicht zu halten und regt zum Nachdenken über die Klimakrise an. Verschiedene Initiativen bekommen in der Ausstellung Raum.
Workshops, Führungen und mehr…
Während der Laufzeit der Ausstellung wird unser Haus zum Treffpunkt für Diskussionen und Events zum Thema Nachhaltigkeit. Neben Führungen stehen weihnachtliche Upcycling-Workshops, ein Weihnachtsmarkt und eine Weihnachtsschmuck-Tauschbörse auf dem Programm. Das gesamte Rahmenprogramm gibt es auf unserer Webseite: www.forum-wissen.de
DIGITALER WALD Eine Virtuelle Reise in die Klimaforschung Sonderausstellung | Freiraum Forum Wissen 25.10.2023 – 04.02.2024
Ob grün, blau oder rot – die Algen und Cyanobakterien sind vor allem mikroskopisch klein und: sie leben. In verschiedenen Gläsern, schön temperiert, mit und ohne Tageslicht in der Sammlung von Algenkulturen der Uni Göttingen (SAG). Sie ist eine der weltweit größten und ältesten Sammlungen dieser Art.
Blick in die Sammlung von Algenkulturen der Universität Göttingen. Foto: Jan Vetter
Warum es sich lohnt, Algen zu sammeln
Wer weiß schon vom Landgang der Pflanzen? Vor Millionen Jahren begannen einige Algen, das Leben auf dem Land dem im Wasser vorzuziehen. Ein einmaliger Vorgang in der Erdgeschichte, der die Vielfalt unserer heutigen Pflanzenwelt einleitete. Um erklären zu können, was damals geschah, untersuchen Forscher*innen der Universität Göttingen zum Beispiel die Nachkommen jener Algen.
Petrischalen mit verschiedenen Algenkulturen für Forschung in aller Welt. Foto: Maike Lorenz
Dazu gehört auch die Alge Mesotaenium endlicherianum, die seit 25 Jahren in der Göttinger Sammlung lebt. Hier pflegt sie Maike Lorenz mit ihrem Team. „Wir haben Anfragen aus aller Welt, von Wissenschaftlerinnen oder Lehrern, Künstlern oder Architektinnen“, erklärt die Kustodin. Sie weiß, dass ihre Algen begehrt sind sowohl in der Klimaforschung als auch beim Mikroskopieren im Studium. Selbst Unternehmen, die mit Giftstoffen experimentieren, Häuser bauen oder nach alternativen Energien suchen, fragen an. Seit 1954 gibt es die Sammlung an der Uni Göttingen. Mittlerweile beherbergt sie rund 2.900 Algenkulturen aus aller Welt.
Stars der Sammlung
Dazu gehört natürlich die älteste Algenkultur, die Grünalge Chlorella vulgaris (SAG 211-11b). Sie wurde bereits 1889 aus einer Wasserprobe isoliert, also aus der Natur gewonnen – so auch die Blutregenalge oder korrekt gesagt: eine Kultur der Blutregenalge. „Sie stammt aus einem sauren Tümpel im Harz und ist seit 1959 hier bei uns“, so Lorenz. Die Blutregenalge gehört auch zu den Grünalgen. Sie ist jedoch in der Lage, ihre Farbe zu wechseln: Wenn es in der Umwelt ungemütlich wird, nimmt sie dieses schöne Rot an. Hervorgerufen wird das durch den Farbstoff Astaxanthin. Das ist ein Carotinoid, das für Fische zum Beispiel sehr gesund ist und ihr Fleisch häufig lachsrot färbt.
Mikroskopische Aufnahme der Blutregenalge, Stamm SAG 192.80 Haematococcus pluvialis. Foto: Maike Lorenz
Algen im Forum Wissen
Wer sich die Blutregenalge einmal anschauen möchte, der kann dazu ins Forum Wissen gehen. Im Sammlungsschaufenster ist die mikroskopische Aufnahme zu sehen. “Wir können leider keine lebenden Organismen hier ins Schaufenster stellen,” erklärt die Algenexpertin. Denn die feuchten Nährmedien, mit denen sie die Algen am Leben hält, könnten andere, oft sehr empfindliche Objekte gefährden. Gute Nachbarschaft im Schaufenster geht daher vor! Aber auch die Bilder und Informationen erzählen viel über das Leben in der Sammlung. Wer mehr möchte, der kann darüber hinaus in die Räume “Schränke” und “Labor” gehen. Was es dort zu finden gibt, verraten wir jetzt nicht. Wünschen aber viel Freude beim Entdecken.
Das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen bietet Einblicke in die vielfältigen Sammlungen der Universität Göttingen. Zahlreiche Exponate der Sammlungen, die zu Forschungszwecken, als Anschauungsmaterial in der Lehre und wichtiges Material des ‚Wissen-Schaffens‘ gesammelt wurden, sind heute im Forum Wissen zu sehen. Darunter auch Exponate aus der Pharmakognostischen Sammlung. Doch was steckt hinter diesem komplexen Namen?
Foto: Anna Greger
Ein Schatz der Medizingeschichte: 8.500 Exponate
Dahinter steht ein Querschnitt der “materia medica” des 19. Jahrhunderts. So die historische Bezeichnung für Substanzen, die zu Heilzwecken verwendet wurden. Gemeint sind damit medizinisch wirksame Naturstoffe. Sie befinden sich in der Sammlung, die um 1836 durch den Göttinger Pharmazeuten Heinrich August Ludwig Wiggers wurde. Die Sammlung ist deutschlandweit vermutlich die älteste und umfangreichste Sammlung der Pharmakologie [auch „Arzneimittellehre“]. Zum Inventar der Sammlung gehören 8.500 Objekte, darunter größtenteils noch original verpackte Schachteln und Gläser, in denen sich unter anderem eine von Alexander von Humboldt (1769-1859) mitgebrachte Baumrinde aus Südamerika befindet. Im Sammlungsschaufenster ist außerdem in Glasgefäßen gelagertes sogenannter Walrat [auch Spermaceti] zu sehen, eine fett- und wachshaltige Substanz aus einem Organ von Pottwalen. Walrat wurde unter anderem zur Herstellung medizinischer Salben verwendet.
Vom Dachboden zurück in den Fokus der Wissenschaft: Neuentdeckung der Sammlung
Im Jahr 1935 wurde die Pharmazeutische Abteilung an der Universität Göttingen eingestellt. Die Objekte der Sammlung wurden in Kisten eingelagert und die Sammlung geriet schließlich in Vergessenheit. Auf dem Dachboden des Botanischen Instituts der Georg-August-Universität Göttingen lagerte in diversen Kisten über sechzig Jahre lang ein verborgener Schatz… Schließlich wurde die Sammlung um das Jahr 2000 von Dr. Volker Wissemann auf dem Dachboden der Göttinger Botanik wiederentdeckt und wissenschaftlich aufbereitet.
Die Wiederentdeckung und Erforschung der Pharmakognostischen Sammlung ist von großem Wert für die Medizingeschichte und die Pharmazie. Sie vermittelt nicht nur ein lebendiges Bild des Wissens und der Arzneimittelpraxis vergangener Jahrhunderte, sondern auch die Bedeutung und Vielfalt der Naturstoffe, die in der Medizin eingesetzt wurden. Parallel zur Katalogisierung der Objekte wurde die Geschichte der Göttinger Sammlung nach ihrer Neuentdeckung rekonstruiert und natur- sowie kulturwissenschaftliche Studien an Teilbeständen durchgeführt. Auch heute noch sind die Objekte der Sammlung für die Medizin-, Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte interessant.
Prof. Dr. Volker Wissemann und Prof. Dr. Kärin Nickelsen haben einen besonderen Beitrag zur Wiederentdeckung und Erforschung dieser bedeutenden Sammlung geleistet. Ihre wissenschaftliche Perspektive auf die Pharmakognostische Sammlung aus Göttingen ist hier einsehbar: https://discovery.sub.uni-goettingen.de/id%7Bcolon%7D1018488782.
Von Materialeigenschaften über historischen Techniken bis zu Maßnahmen zur Schädlingsprophylaxe – in all diesen Bereichen kennt sich unsere Restauratorin Viola Tiltsch aus und lernt immer noch dazu, wie sie selbst sagt. Ihre Aufgabe ist es, die Objekte in der Ausstellung und in den Sammlungen der Zentralen Kustodie zu bewahren und zu schützen.
Kleiner Einblick in die Restaurierungswerkstatt. Foto: Lena Heykes
Ein vielseitiger Beruf
Die Arbeit von Viola Tiltsch ist so vielseitig wie die Objekte, die im Forum Wissen zu sehen sind – von der Zentrifuge bis zur lebenden Alge. Aber was macht eine Restauratorin eigentlich genau? Die Antwort auf diese Frage ist komplex. Zu den drei grundlegenden Aufgaben gehören die präventive Konservierung, die Konservierung und die Restaurierung.
Präventive Konservierung
„Die präventive Konservierung umfasst vorbeugende Maßnahmen, um Schäden an Objekten durch äußere Einflüsse zu verhindern“, sagt Viola Tiltsch. „Die präventive Konservierung spielt eine große Rolle und ist unerlässlich für Sammlungen, die zum Teil auch in der Lehre verwendet werden.“
Hierzu zählen Sauberkeit und Hygiene im Sammlungs- und Ausstellungsbereich. Außerdem der konservatorisch korrekte Umgang mit Objekten, die Verwendung von geeigneten Verpackungs- und Lagerungsmaterialien in Vitrinen, Depots und beim Transport, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Hinzukommt die Überwachung von Klima, Licht, Staubbelastung und Museumsschädlingen.
Dazu zählt der Aufbau von Monitoringsystemen für das Klima, also Raumlufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Außerdem werden regelmäßig Insektenfallen im Gebäude aufgestellt und überprüft. Alle drei Monate macht sich unsere Restauratorin mit Unterstützung einer studentischen Hilfskraft auf den Weg in die Dauerausstellung, um die Insektenfallen zu überprüfen.
Im Forum Wissen sind ganz unterschiedliche Insektenfallen im Einsatz – meist gut versteckt, damit sie den Besucher*innen gar nicht auffallen. Es gibt einfache Klebefallen, die mit Rosinenduft als Lockstoff ausgestattet sind, und Photolumineszenz-Fallen, die tagsüber Sonnenlicht sammeln und in der Dunkelheit leuchten, um Insekten anzulocken.
Larve eines Wollkrautblütenkäfer unter dem Mikroskop. Foto: Viola Tiltsch
Der Anblick der festgeklebten Tiere ist manchmal unangenehm, doch unter dem Mikroskop faszinierend. Neben den üblichen Verdächtigen , wie Spinnen und Fliegen, liegt das Hauptaugenmerk auf möglichen Museumsschädlingen. Die winzigen Wesen sind in der Lage, Objekte aus der Ausstellung ernsthaft zu beschädigen, indem sie sich z. B. von den Materialien ernähren. Zu erkennen ist dies z. B. durch Fraßspuren und Ausflugslöcher.
Natürlich versucht unsere Restauratorin alles, damit Museumsschädlinge gar nicht erst ins Gebäude kommen. Daher wurde und wird jedes Objekt, das in das Museum kommt, zuvor bis zu sechs Wochen in einer Stickstoffkammer behandelt. Darin sterben jegliche Schädlinge, die zuvor am Objekt oder im Verpackungsmaterial des Objektes versteckt waren.
Konservierung und Restaurierung
Eine weitere wichtige Aufgabe von Viola Tiltsch ist die Konservierung. Hier geht es vor allem um die Erhaltung von Objekten und darum, Schäden zu verhindern oder zu minimieren. Dazu zählt auch die Reinigung von Exponaten – ein wichtiger Schritt, um die Objekte in einem gepflegten Zustand zu präsentieren. Die Reinigung ist auch deshalb so wichtig, da Staub zusammen mit Feuchtigkeit schnell Schimmel bilden und dieser die Ausstellungsstücke dann angreifen kann.
Die Planung und Umsetzung von Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen und die damit verbundene praktische Arbeit mit den Objekten machen unserer Restauratorin am meisten Freude. „Der Umgang mit den verschiedenen Objekten erfordert viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Jedes Objekt ist anders, und nicht jede Oberfläche reagiert gleich auf Behandlungen. Besonders spannend sind Kompositobjekte, bei denen verschiedene Materialien aufeinandertreffen“, sagt sie.
Kompositobjekte: Blumenmodelle bestehend aus Holz, Pflanzenfaser, Gips, z.T. Textil, Metall und Farbe. Foto: Lena Heykes
Zur Konservierung und Restaurierung zählt allerdings auch ein ordentlicher Batzen Papierkram. Die Objekte müssen in ihrem Zustand schriftlich und fotografisch dokumentiert werden, Beschädigungen vermerkt, und durchgeführte Maßnahmen sowie die verwendeten Materialien in einem Protokoll festgehalten werden.
Gegenwärtige Aufgaben in der Restaurierungswerkstatt
Aktuell wird in der Werkstatt der Restauratorin neben den beschädigten Objekten aus der Ausstellung vor allem an den botanischen Nasspräparaten gearbeitet, die nun nach und nach in das Depot im Forum Wissen einziehen. Hierbei handelt es sich um Pflanzen, die in Glasgefäßen mit Ethanol oder Formaldehyd konserviert wurden. Letzteres ist sogar krebserregend.
Um sich vor den Gefahren des Formaldehyds zu schützen, sind strenge Sicherheitsvorkehrungen notwendig. Bei der Reinigung der Glasgefäße muss unsere Restauratorin Handschuhe, Masken und Kittel tragen. Die Arbeit erfolgt unter einem Abzug, der die giftigen Dämpfe direkt absaugt und somit die Atemwege der Restauratorin schützt. Die Arbeit mit gefährlichen Stoffen gehört nicht unbedingt zu den Aufgaben, die unsere Restauratorin am liebsten macht: „Besonders anspruchsvoll wird es, wenn an stark schadstoffbelasteten Objekten gearbeitet werden muss. Der Eigenschutz ist dabei von größter Bedeutung, und das Tragen von Schutzanzügen kann sehr unangenehm sein, da es sehr warm werden kann.“
Reinigung eines botanischen Nasspräparats. Foto: Lena Heykes
Eine Welt voller Vielfalt und Herausforderungen
Trotz der Herausforderungen, die der Beruf der Restauratorin mit sich bringt, bleibt ihre Motivation unerschütterlich.
Viola Tiltsch ist „fasziniert von authentischen Oberflächen mit Spuren der Vergangenheit sowie der vergangenen Handwerkskunst“. Nicht nur den Objekten mit hohen monetären Werten sollte Beachtung geschenkt werden, findet die Restauratorin. Auch die Objekte der Alltagskultur sind von Bedeutung und ziehen eine Brücke in die Vergangenheit. Restaurator *innen schaffen es, dass durch ihr Fachwissen und der Arbeit mit ihren Händen, Objekten eine größere Bedeutung eingeräumt wird.
Die Leidenschaft von Viola Tiltsch und in ihrem Engagement trägt dazu bei, dass unser kulturelles Erbe in sicheren Händen ist.
Die zoologische Sammlung des Biodiversitätsmuseums geht bis auf die Anfänge des Königlich Akademischen Museums Göttingen 1773 zurück. Sie besitzt mittlerweile über 100.000 Objekte. Damit ist sie eine der größten Sammlungen der Universität Göttingen. Im Forum Wissen soll im zweiten Obergeschoss eine eigene Ausstellung entstehen, in der die Sammlung umfangreich entdeckt werden kann. Da die Vorbereitung und der Aufbau noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden, gibt es im Sammlungsschaufenster bereits einen kleinen Einblick in die Biodiversität der Tiere.
Schmetterlinge und Falter aus der zoologischen Sammlung. Foto: Uni Göttingen
Was ist eigentlich Biodiversität?
Mit dem im ersten Moment vielleicht etwas hochgestochenen Begriff „Biodiversität“ sind alle lebenden Organismen (wie zum Beispiel Tiere, Pflanzen, Einzeller und Bakterien) und ihre Interaktionen gemeint. Diese Organismen leben zusammen in komplexen Ökosystemen, Lebensgemeinschaften, die natürlich auch von der nicht belebten Umwelt beeinflusst werden. Diese Ökosysteme können sich ändern und anpassen. Es sind vor allem wir Menschen, die durch unsere Einflüsse auf die Umwelt (beispielsweise durch Plastikmüll, Abgase oder Giftstoffe) die Ökosysteme drastisch verändern. Das kann so weit gehen, dass sich die Systeme nicht mehr anpassen können und schließlich verschwinden. So gibt es zum Beispiel den Verlust vieler Korallenriffe oder Regenwaldbereiche zu verzeichnen. Wesentlicher Grund dafür ist die veränderte Land- und Meernutzung durch den Menschen. Mit den Ökosystemen verschwinden auch die von ihnen beheimateten Arten. Wissenschaftler*innen wie die Professorin Maria Teresa Aguado, die auch Leiterin und Kuratorin des Biodiversitätsmuseums ist, sprechen bereits vom sechsten großen Massenaussterben der Arten, das man als solches bezeichnen könnte.
Buntwaran aus der zoologischen Sammlung. Foto: Uni Göttingen
Was sagen uns die Objekte im Schaufenster?
Umso wichtiger ist es also, die Arten zu sehen, zu verstehen und zu schützen. Das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen zeigt ganz unten für alle gut sichtbar einen Kasten mit Schmetterlingen und Faltern aus verschiedenen Regionen der Welt. Sie sind sehr fragil und dennoch beeindruckende Wesen, die in ihrer Entwicklung eine Metamorphose durchlaufen. Sie verändern dabei ihre Lebensweise und Gestalt komplett von einer einfachen Raupe hin zum schönen Schmetterling. Diese Metamorphose und Anpassungsfähigkeit können wir als Metapher sehen, dass auch wir etwas verändern können.
Eine Ebene höher können wir einen Buntwaran entdecken. Ein Reptil, das ähnlich wie Schlangen mit seiner gespaltenen Zunge riechen kann. Geschöpfe seiner Art sind auch vom Aussterben bedroht, daher wurde das Tier so lebensecht wie möglich präpariert. Sein Aussehen soll uns dazu bringen, stehen zu bleiben und in uns den Wunsch zu entwickeln, den Buntwaran und seine Verwandten zu schützen.
Schädel von Wildkatzen aus der zoologischen Sammlung. Foto: Martin Liebetruth
Wie Biolog*innen mit den Objekten der Sammlung arbeiten, können und sollen uns die Schädel von Wildkatzen zeigen. Die vier Köpfe stammen von einem Löwen, einem Leoparden, einem Lux und einer Goldkatze. Sie können als nah verwandte, katzenartige Tiere gut miteinander verglichen werden. Die Wissenschaftler*innen untersuchen die unterschiedlichen Schädelgrößen, die Zähne, aber auch die Hohlräume zwischen Schädelknochen und Wangenknochen, die Platz für große Kiefermuskeln bieten. Dies ist ein notwendiges Utensil gerade bei Wildkatzen, die ihre Beute selbst jagen und genug Kieferkraft aufbringen müssen, um auch Knochen brechen zu können.
Ganz oben im Regal können wir Nasspräparate von Tieren entdecken. Darunter sind allgemein bekannte Arten wie der Seestern oder ein Seepferdchen. Aber auch eher unbekannte Tiere wie das Moostierchen Electra pilosa. Sie leben in Kolonien meistens auf Korallen oder Algen. Arten wie diese sollen uns verdeutlichen, dass wir eigentlich nur 10 bis 20 Prozent der Biodiversität kennen. Die meisten lebenden Organismen sind unbekannt. Es fällt uns gar nicht auf, wenn diese aussterben. Aber auch ein Großteil der weithin bekannten Arten derzeit vom Aussterben bedroht.
Moostierchenaus der zoologischen Sammlung. Foto: Uni Göttingen
Wie machen wir auf das Thema aufmerksam?
Die Biolog*innen der Universität Göttingen bieten unter anderem Kurse zur Wissenschaftskommunikation an. Dabei können Student*innen Projekte entwickeln, komplexe Themen wie Biodiversität bearbeiten und für Besucher*innen verständlich machen. Auch zum Wal, der im Atrium des Forum Wissen hängt, gab es verschiedene Projekte. Eines davon ist ein Buch, das mit Bildern aus der Aktion „Mal den Wal“ entstanden ist und Leser*innen die Welt der Wale näherbringen soll.
Und wie können wir die Biodiversität und all das Leben um uns herum schützen? Zuerst sollten wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Biodiversität in Gefahr ist. Die Objekte unterstützen uns dabei. Sie zeigen die Vielfalt und welche Bereiche in Gefahr sind. Danach können wir anfangen, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu handeln.
Studierendenprojekt zur Wissenschaftskommunikation. Foto: Lena Heykes
Das Sammlungsschaufenster im Forum Wissen zeigt viele Objekte mit besonderer Geschichte und Bedeutung für die Gegenwart. Dazu gehören auch einige Objekte der Königlichen Modellkammer. Die Sammlung ist eine der ältesten ihrer Art. Mit ihr öffnet sich für euch ein faszinierendes Fenster in die Welt der Wissenschaft und Technik des 18. Jahrhunderts.
Schöpfradmodell von 1750. Foto: Martin Liebetruth
Genutzt, Verkauft, Vermisst
Die Modellsammlung blickt auf eine lange und verworrene Geschichte zurück. Das Erste Objekt soll bereits 1737 in den Besitz der Georg-August-Universität Göttingen übergegangen sein. Um die 150 Modelle wurden in den folgenden Jahrzehnten angeschafft. Die Objekte der Königlichen Modellkammer zeigen unter anderem Darstellungen aus den Bereichen Bergbau, Wasserbau, und Landwirtschaft.
Die Modelle unterstützten vor allem die praktische Lehre und dienten als Anschauungsmaterial. Im 19. Jahrhundert wurde die Sammlung nach und nach aufgelöst und die Modelle verkauft. Sie schienen für die Lehre an der Universität Göttingen nicht mehr notwendig zu sein. Diese Sicht änderte sich im 21. Jahrhundert und es begannen Bemühungen, die Objekte wieder zu erlangen. Bis heute sind 25 Objekte in die Modellsammlung zurückgekehrt.
Die Zentrale Kustodie ist verantwortlich für die Erhaltung und Pflege dieser kostbaren Sammlung. Ihre Aufgabe ist es sicherzustellen, dass diese Schätze aus der Vergangenheit für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Denn die Objekte sind lebendige Zeugnisse des wissenschaftlichen Fortschritts und des Erbes der Universität Göttingen. Sie sind nun zum Teil öffentlich zu sehen – eine einzigartige Gelegenheit für euch, die Welt der Wissenschaft hautnah zu erleben.
Modell einer Wendeltreppe. Foto: Martin Liebetruth
Forschung und Innovation
Das Sammlungsschaufenster zeigt repräsentativ vier Objekte aus der Königlichen Modellkammer: Das Schöpfradmodell ist ein außergewöhnliches Exemplar, das um 1750 gebaut wurde. Im Gegensatz zu einem Wasserrad, das Mühlen antrieb, hatte ein Schöpfrad die Aufgabe, Wasser in die Höhe zu befördern und anderswo auszugießen. Dieses Prinzip war entscheidend für Wasserleitsysteme wie die Oberharzer Wasserwirtschaft.
Ein weiteres Exponat aus der Sammlung ist das Modell einer Treppe, das im Mathematikunterricht des 18. Jahrhunderts Verwendung fand. Es zeigt eine detaillierte Wendeltreppe, die sich über zwei Podeste erstreckt. Damals gehörte die zivile Baukunst zum Lehrstoff und Modelle wie dieses halfen den Studierenden, die komplexen mathematischen und architektonischen Prinzipien besser zu verstehen.
Modell einer Idealen Festung. Foto: Lena Heykes
Auch das Modell einer idealen Festung könnt ihr im Sammlungsschaufenster entdecken. Ein weiteres Objekt dieser Art haben wir auch in der Basis-Ausstellung. Diese Modelle basieren auf den Entwürfen des Kriegsbaumeisters Sébastien de Vauban, der im 17. Jahrhundert in ganz Europa maßgeblichen Einfluss auf militärische Befestigungen hatte. Die Modelle waren nicht nur beeindruckende Darstellungen von Festungsanlagen, sondern auch Werkzeuge der angewandten Geometrie in der Ausbildung von Ingenieuren.
Ein weiteres technisches Objekt aus der Sammlung ist das Modell eines doppelten Pumpwerks. Obwohl es kein vergleichbares Werk in der Realität gibt, diente das Modell dazu, die Funktionsweise eines Pumpwerks darzustellen. An diesem Modell wurden die Grundlagen der Mechanik und Hydraulik erklärt.
Modell eines doppelten Pumpwerkes. Foto: Martin Liebetruth
Bis heute von Bedeutung
Die Bedeutung solcher Modelle in der universitären Lehre und Forschung sollte nicht unterschätzt werden. Sie ermöglichen es Studierenden, abstrakte Konzepte in die Hand zu nehmen und praktisch zu erforschen. Diese Modelle sind nicht nur historische Artefakte, sondern bis heute auch lehrreiche Werkzeuge.
Die Modellsammlung ist eine Inspirationsquelle für Studierende und Forschende der Universität. Aber auch ihr könnt die Modelle betrachten und euch von der Wissenschaft sowie der eigenen Vorstellungskraft inspirieren lassen.
Wenn sich im Althistorischen Seminar die Bananenkisten stapeln, bedeutet dies für das Altertumswissenschaftliche Filmarchiv und dessen Mitarbeiter zunächst drei Dinge: 1. Die Sammlung Stern hat wieder Zuwachs bekommen. 2. Eine Menge schwere Tragearbeit ins zweite Obergeschoss. 3. Eine spannende Zeit beim Öffnen der Kisten, die immer wieder neue Schätze und auch Kuriositäten offenbaren.
Bücher, Filmtechnik, Dias und Memorabilia aus den Neuzugängen
Die Sammlung Stern im Althistorischen Seminar
Unser Archiv ist zum größten Teil eine Sammlung von Filmen zu archäologischen, althistorischen und anderen altertumswissenschaftlichen Themen. Der Kern geht zurück auf eine Stiftung aus dem Nachlass des Archäologen, Filmforschers und Museumspädagogen Tom Stern (1958–2016). Er hatte sich mit diesen Filmen eine umfangreiche und vielfältige Privatsammlung aufgebaut. Die Filme bieten ein großes Spektrum an Formaten: von Spielfilmen über Kinderprogramme, Werbung und Propaganda hin zu Dokumentarfilmen und -serien, die den Großteil des Bestandes ausmachen.
DVDs, VHS-Kassette und eine Filmrolle aus den Neuzugängen
Der Alltag in der Sammlung
Eine unserer Hauptaufgaben als studentische Hilfskräfte in der Sammlung ist die Digitalisierung des Bestandes. Besonders Filme, die aufgrund ihrer alten Datenträger bald nicht mehr abspielbar sein werden, gilt es zu sichern. Auch gibt es Filme, die sonst kaum noch anderweitig erhalten oder sogar noch ganz unpubliziert sind. Das Ziel unserer Arbeit ist, jenseits der Bewahrung, das Material für Lehre und Forschung nutzbar und zugänglich zu machen. Neben dieser alltäglichen Arbeit gibt es immer abwechslungsreiche Aufgaben, zum Beispiel rund um Vorträge, Workshops, Nutzeranfragen oder Filmvorführungen. Vor allem aber gehören dazu das Sichten und Ordnen von Neuzugängen, die in den Bestand der Sammlung mit eingegliedert werden müssen. Und eine große Lieferung solcher Neuzugänge hat uns nun aus Essen erreicht.
Das sind wir beim Sichten des neuen Materials.
Kisten voller Überraschungen
Die Kisten mit ihren Inhalten stammen aus dem Nachlass von Tom Stern. Nachdem wir sie in die Räume der Sammlung gebracht haben, machen wir uns daran, das Material zu sichten. Auch wenn einige der Kisten beschriftet sind: Was genau sich darin befindet, sehen wir immer erst, wenn wir sie zum ersten Mal öffnen. Und dabei haben wir schon einige überraschende Entdeckungen gemacht. Unter anderem haben wir zwischen den Objekten und Unterlagen schon private Andenken wie Urlaubsfotos und Gebasteltes der Kinder gefunden. Das sammeln wir zunächst separat, um es dann wieder an die Familie zurückzugeben.
Bücher und Spiele aus der Sammlung
Unter den rund 500 neu eingetroffenen Büchern spielt Film die Hauptrolle. Aber dazu kommt eine Menge an geschichtlichen, archäologischen und museumspädagogischen Themen. Dabei handelt es sich nicht nur um Sach- und Fachbücher, sondern auch um eine Vielzahl an Kinderbüchern und Comicheften. Einige Ordner mit Arbeitsmaterialien beinhalten Tom Sterns Nachforschungen zu Filmthemen, für Vorträge, Ausstellungen oder Publikationen. Dazu kommt Material verschiedener Filmfestivals. Außerdem können wir unsere Sammlung um einige weitere Filme ergänzen, aber auch um Technik zum Abspielen und Reparieren von Filmen. So können wir teilweise Lücken schließen. Daneben sind auch neue Medien, etwa CDs und Dias, aufgetaucht.
Am meisten überrascht hat uns jedoch die Vielzahl an Memorabilia, die sich in den Kisten verstecken. Dies sind verschiedenste Objekte, die mit den Themen zu tun haben, zu denen Tom Stern geforscht hat. Sie reichen von Plakaten, über Spiele und Puppen bis hin zu haarigen Lampen. Diese sollen nun als die neuen „Bewohner“ der Sammlung aufgenommen werden.
Puppen und eine Lampe im „Steinzeit-Stil”
Der Weg in den Bestand
Wenn alle Bananenkisten gesichtet sind, ist der nächste Schritt, die Neuzugänge in den bisherigen Bestand der Sammlung einzupflegen. Alle Objekte bekommen Signaturen und werden entweder zu ihren bestehenden Kategorien, wie Medien und Technik, hinzugefügt oder es werden neue Kategorien, wie für die Memorabilia, erstellt. Wichtig ist zudem, dass wir die Objekte fotografieren und anschließend in die Objektdatenbanken der Universität einspeisen. So werden wir auch diesen Teil der Sammlung zugänglicher machen, damit er etwa für Ausstellungsprojekte oder Forschungsvorhaben recherchiert werden kann.
Den Buchnachlass von Tom Stern haben wir mit unserem Sammlungsleiter Martin Lindner thematisch nach Schwerpunkten sortiert. Diese Themengebiete machen die vielfältigen Arbeitsschwerpunkte des Forschers Tom Stern deutlich: Archäologie und ihre Theorie, Museumspädagogik, Ur- und Frühgeschichte, Germanien, Orient- und Afrikaforschung, historische Reiseberichte und Antikenrezeption in verschiedenen Medien. In einem neu dafür eingerichteten Nutzerraum bereichern diese Facetten die Bestände der Sammlung. Alle Neuzugänge, wie auch der Rest der Sammlung, werden somit nutzbar für Forschung und Lehre, damit die Arbeit von Tom Stern erhalten und fortgeführt wird.
Autor*innen: Carolin Franziska Pilz und Konstantin Schwenke