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Gemmen, Gipsabgüsse und Göttingen

Im Archäologischen Institut Göttingen befindet sich die 1765 gegründete Sammlung der Gipsabgüsse. Diese Sammlung gibt einen Überblick über die mehr als 1000-jährige Geschichte der griechisch-römischen Bildhauerkunst. Sie enthält nicht nur Abgüsse großformatiger Statuen, sondern auch winziger Gemmen.

Was sind Gemmen?

Gemmen sind geschnittene Schmucksteine, die aus verhältnismäßig weichen Steinen geschnitten wurden. Die verwendeten Steinsorten waren dabei Tigerauge, Bergkristall, Rosenquarz, Amethyst, Granat, Roter und Gelber Japsis, Karneol, Sarder, Achate, Chalzedon und Chrysopras. Mit viel Erfindungsgeist entwickelten die Gemmenschneider ab dem 5. bis 6. Jahrtausend vor Christi Techniken, um die relativ weichen Steine mit freier Hand zu bearbeiten. Dabei wurde das Bildmotiv von den Steinschneidern als Vertiefung eingeschnitten.

Mit den Abgüssen, die in der Antike angefertigt wurden, konnten damals Briefe und Dokumente wie Urkunden als Siegel beglaubigt werden. Aber auch Waren, Kästchen, Gefäße und Türen wurden so verschlossen. Ob aus Ton oder Wachs – das Öffnen hätte die Siegel beschädigt und verraten, dass sich jemand Zugriff verschaffen wollte!

Die Abbildung zeigt Abdrücke von Gemmen im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen
Die Abgüsse der Gemmen aus dem Archäologischen Institut Göttingen im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Eva Völker

Wofür wurden Gemmen angefertigt?

Neben Münzen waren Gemmen in der Antike die kleinsten Kunstwerke, die hergestellt wurden. Bis auf Gemmen aus Glas konnten sie nicht vervielfältigt werden und waren deshalb immer ein Unikat. Gemmen wurden zum Beispiel als Schmuckstücke, Ehrengeschenke, Glücksbringer oder Amulette angefertigt. Dabei wurden ihnen magische Kräfte zugeschrieben und Verstorbenen mit ins Grab gegeben oder auch vererbt. Es gab nicht nur einfach geschnittene Gemmen, sondern auch richtige Meisterwerke!

Die Abgüsse der Gemmen

Im 18. Jahrhundert wurden umfangreiche Sammlungen von Gemmen erstellt. Sie galten als zentrale Quelle für die Kenntnis der antiken Kunst. Die Abgüsse solcher antiker Siegelsteine in Gips, Schwefel, Siegelwachs oder Siegellack sowie Sammlungen von ihnen wurden hauptsächlich im 18. Jahrhundert angelegt. Der größte Teil der Vorlagen für die Abgüsse stammt aus der Zeit etwa vom 6. Jahrhundert vor bis zum 6. Jahrhundert nach Christus. Die detaillierten Miniaturbilder der Abgüsse sind für uns ein spannendes Zeugnis der Antike!

Die Abbildung zeigt Gipsabgüsse von Gemmen im Detail aus dem Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.
In Nahaufnahme: Antike Bildmotive. Foto: Eva Völker

Bei vertieft in die Gemmen eingeschnittenen Bildern hatten Abgüsse den Vorteil, dass dank des positiven Reliefs Details oft noch besser als im Original herausgelesen werden konnten. Sammlungen solcher Abgüsse nennt man Daktyliotheken. Viele davon sind uns gut erhalten, da sie üblicherweise in geschlossenen Kästen aufbewahrt wurden und somit meist unversehrt geblieben sind. Für diese Art der Sammlungen wurden die Abgüsse mithilfe von vergoldeten Papierrähmchen systematisch auf einer Trägerplatte angeordnet beziehungsweise in eine Schublade fest montiert.

Abgüsse von Gemmen aus der Archäologischen Originalsammlung

Das Göttinger Archäologische Institut verfügt nicht nur über eine große Zahl von Daktyliotheken sowie einzelnen Gemmenabgüssen, sondern auch über mehr als 600 originale Gemmen aus hauptsächlich römischer Zeit. Johann Friedrich Crome (1906-1962) fertigte 1931 das erste systematische wissenschaftliche Inventar dieser originalen Gemmen im Besitz des Göttinger Archäologischen Instituts an und publizierte einen Teil davon in einem Aufsatz. Crome, der damals noch keine 25 Jahre alt war, hatte allerdings wenig Erfahrung mit antiken Gemmen. Er zog daher Paul Arndt als Experten zu Hilfe, den zu der Zeit besten Kenner antiker Steinschneidekunst in München. Arndt erhielt das gesamte Originalmaterial, formte innerhalb einiger Monate alle 106 Stück ab und montierte sie auf vier Tafeln aus festem Karton. Diese Abgüsse wurden in mindestens zwei Sätzen hergestellt und: Sie sind noch heute am Göttinger Institut erhalten.

Die Abbildung zeigt Gipsabdrücke von Gemmen aus dem Sammlungsschaufenster im Forum Wissen.
Die Abgüsse der Gemmen aus dem Archäologischen Institut Göttingen auf Karton montiert. Foto: Eva Völker

Die Gipsabgüsse von Gemmen

Die Nummerierungen auf dem Karton verraten uns vermutlich, dass es sich hierbei um ein Arbeitsexemplar handelt, welches dann als Fotografievorlage für die Publikation diente. Dafür wurden die endgültigen Tafeln wahrscheinlich in höchster Präzision als Ganzes fotografiert und der freie Raum zwischen den Abgüssen dann einschließlich der Goldrähmchen wegretuschiert. Da die Abgüsse auf den endgültigen Tafeln nicht nummeriert sind, können sie nur in Verbindung mit den Abbildungen in Cromes Publikation benutzt werden.

Der Kasten als solcher präsentiert uns ähnlich wie traditionelle Daktyliotheken damals die Gemmenabgüsse ein Stück der europäischen Kunstgeschichte. Im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen werden die Gemmenabgüsse in den Glasvitrinen gezeigt und die spannenden Details sind mit bloßem Auge zu betrachten!

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Das ganze Leben ist Chemie!

Die Sammlung der Göttinger Chemie präsentiert ein besonders modernes Exponat bei uns im Sammlungsschaufenster: einen sogenannten Bioreaktor. Für ein Objekt im Museum der Göttinger Chemie ist dieses Exponat ziemlich jung; das Göttinger Unternehmen Sartorius hat es 2019 hergestellt und viele Labore nutzen es derzeit weltweit. “Der Bioreaktor ist eine Spende von Sartorius und er ist fabrikneu”, erklärt Dr. Ulrich Schmitt, der Kustos des Museums an der Fakultät für Chemie.

Ulrich Schmitt stellt den Bioreaktor ins Sammlungsschaufenster des Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth

Seine Sammlung ist facettenreich und enthält neben überwiegend historischen Exponaten nur wenige aktuelle Objekte aus der chemischen Forschung. Konventionell werden für viele chemische Arbeiten im Laboratorium vor allem Geräte und Apparaturen aus Glas verwendet. Deshalb präsentiert der Kustos auch in der oberen Vitrine des Sammlungsschaufensters eine Auswahl typischer Glasgeräte für chemische Laborpraktika (zahlreiche weitere Gerätschaften könnt ihr in der Basisausstellung des Forum Wissen im Raum Labor sehen).

Typische Glasgeräte für Laborpraktika im Sammlungsschaufenster. Foto: Leonie Bathow

Besonders im Bereich der Biochemie verwenden die Wissenschaftler*innen in neuerer Zeit vermehrt auch Laborgeräte aus modernen Kunststoffen, wenn dies von Vorteil ist. Hierzu gehört der schon genannte Bioreaktor, der aus Polycarbonat besteht. Er ist als Bestandteil einer größeren Apparatur ein wichtiges Hilfsmittel in der biochemischen Spitzenforschung. “Ein Reaktor ist einfach eine besondere Art von Gefäß, in dem bestimmte wissenschaftlich untersuchbare chemische Prozesse ablaufen”, erläutert der Kustos. An den Reaktor können verschiedene Schläuche, Filter und Adapter angeschlossen werden. Über diese können die Chemiker*innen dann beispielsweise Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid hinzufügen oder fernhalten. Auch ein Rührwerk für die Durchmischung von Flüssigkeiten ist Teil des Reaktors.

Der Bioreaktor, hergestellt 2019 vom Göttinger Unternehmen Sartorius. Foto: Martin Liebetruth

In der biopharmazeutischen Forschung werden in solchen Reaktoren spezifische Zellen unter geeigneten kontrollierten Bedingungen (Nährmedium, Temperatur, pH-Wert) kultiviert und erforscht – beispielsweise zur Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen Viren und (eher noch Zukunftsvision) gegen Krebs. Die Zellen sind im Grunde kleine ‚chemische Fabriken‘, die genetisch so ‚programmiert‘ werden können, dass sie die gewünschten Moleküle produzieren.

Ein Stück Zeitgeschichte

Durch die COVID-19-Pandemie kam die biopharmazeutische Forschung mit der schnellen, erfolgreichen Impfstoffentwicklung in die Medien. Die lebenswichtige Bedeutung von biochemischer Forschung wurde gesellschaftlich heiß diskutiert. Aufgrund dieser Aktualität hat sich Ulrich Schmitt für die Präsentation des Bioreaktors entschieden. Mit einem baugleichen Exemplar wurde nämlich die erste Charge eines auf neuartiger mRNA-Technologie basierenden Corona-Impfstoffes hergestellt.

Der Kustos ist stolz, dieses Objekt in seiner Sammlung zu haben. Es bildet ein Stück aktueller Zeitgeschichte ab und passt perfekt in das Konzept seiner vergleichsweise jungen Sammlung – die es erst seit 1979 gibt. Für die Präsentation im Sammlungsschaufenster hat sich Ulrich Schmitt noch auf die Suche nach leeren Ampullen des Corona-Impfstoffes gemacht. Diese könnt ihr ebenfalls in der Vitrine betrachten. Ob sie bald von historischem Wert sein werden?

Leere Ampullen des Corona-Impfstoffes. Foto: Leonie Bathow
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Forum Wissen Sammlung

Das Verborgene sichtbar machen

Wie sieht eigentlich das Herz eines menschlichen Embryos aus? In unserem Sammlungsschaufenster könnt ihr es sehen. Denn hier ist ein zerlegbares Modell eines sechs Wochen alten Embryos ausgestellt. Der ist zu diesem Zeitpunkt ungefähr sechs Millimeter groß. Mit bloßem Auge also kaum zu sehen, zumal im Mutterleib. Jörg Männer versteht sich daher als jemand, der das normalerweise Verborgene sichtbar macht – mit den Objekten aus seiner, der Humanembryologischen Sammlung Blechschmidt.

PD Dr. Jörg Männer mit dem zerlegbaren Modell eines menschlichen, embryonalen Herzens.

Wie das Blut fließt

„Bereits in der vierten Woche nach der Befruchtung beginnt das menschliche Herz Blut zu pumpen,“ erklärt der Kustos. Zu diesem Zeitpunkt ist es lediglich ein schlauchförmiges Gebilde, dessen Pumpaktion an die des Darmes erinnert. Während der folgenden drei Entwicklungswochen aber wird der embryonale Herzschlauch in ein vierkammeriges Herz umgebaut. Nun ähnelt es dem eines Erwachsenen. Welchen Weg das Blut innerhalb des Herzens nimmt, zeigen die farbigen Ausgüsse. Sie stehen für verschiedene Hohlräume im Herzen – eines Erwachsenen und eines Fetus (so wird der Embryo nach der achten Entwicklungswoche genannt). Grün heißt: Hier fließt sauerstoffarmes Blut. Gelb zeigt die Bahn für das Blut an, das reich an Sauerstoff ist.

Ausgüsse der Hohlräume im Herzen von Fetus (links) und Erwachsenem (rechts).

Auf den ersten Blick scheint das Herz eines Fetus genauso zu funktionieren wie das nach der Geburt. Schaut man aber genauer hin, sind die Unterschiede zu erkennen: Die linke und die rechte Hauptkammer des fetalen Herzens arbeiten parallel. Das heißt, beide pumpen ihr Blut in den Körperkreislauf. Nur ein sehr kleiner Anteil fließt durch den Lungenkreislauf. Das hängt mit der vorgeburtlichen Atmung zusammen, die jetzt noch über die Plazenta läuft. Nach der Geburt hingegen arbeiten die beiden Hauptkammern seriell: Die rechte pumpt das sauerstoffarme Blut in den Lungenkreislauf und die linke pumpt es von dort – nachdem es sich wieder mit Sauerstoff angereichert hat – zurück in den Körperkreislauf.

Blick in den Sammlungsraum. Foto: Michael Markert

Repliken sind öffentlich ausgestellt

So kann es der Kustos auch im Seminar erklären. „Die Objekte erleichtern es den Studierenden, die vorgeburtliche Entwicklung des Menschen zu verstehen“, so Männer. Denn gerade das Herz-Kreislauf-System erfährt mit der Geburt und dem Verlust der Plazenta einen grundlegenden Umbau. Das nachzuvollziehen, ist nun im Forum Wissen möglich. Wer darüber hinaus mehr über die Sammlung und ihre Geschichte erfahren möchte, liest am besten hier weiter. Und wer sich für 3D-Repliken von Embryos interessiert, der kann die einzigartigen, überlebensgroßen Objekte im Institut für Anatomie und Embryologie besichtigen.

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Forum Wissen Sammlung

Ein Füllhorn von Geschichten

Die Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte enthält Exponate, sowohl Originale als auch Kopien, von der Urgeschichte bis hin zur Neuzeit. Sie spielt noch heute eine wichtige Rolle für Forschung und Lehre. Vielleicht ist die Sammlung gerade deswegen mit gleich zwei Vitrinenreihen im neuen Sammlungsschaufenster des Forum Wissen vertreten. So haben neben Student*innen nun auch Besucher*innen die Möglichkeit, einige Objekte aus der Nähe zu sehen. „Die ausgewählten Objekte, die im Moment ausgestellt sind, können dabei unterschiedlich betrachtet werden, einzeln für sich oder in einem zusammenhängenden Kontext“, so Dr. Immo Heske, Kustos der Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte.

Steinzeitliche Feuersteinklingen im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth.

Von der Sesshaftwerdung des Menschen

Die erste Geschichte, die erzählt wird, ist die Veränderung der Lebensweise durch die Sesshaftwerdung des Menschen im Jungneolithikum, eine der grundlegenden Erkenntnisse der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Dies wird anhand der ersten der beiden Schaufenster nähergebracht, in denen die landwirtschaftliche Vielfalt gezeigt wird: der erste Ackerbau und die Viehzucht in Deutschland zuerst auf den Lößböden und die spätere Weiterentwicklung zu den Großsteingräber-Kulturen wie der Trichterbecherkultur. Diese Kulturen legten ihre Toten in monumentalen Grabanlagen zur Ruhe und begannen auch auf kargen Sandböden mit dem Ackerbau.

Die Ausstellung im Sammlungsschaufenster verdeutlicht diese Veränderungen durch zahlreiche Fundstücke aus dieser Epoche der Menschheitsgeschichte. Hierzu zählen unter anderem Steinwerkzeuge und Waffen sowie Gefäße aus Keramik.

Trichterbecher aus Keramik im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Martin Liebetruth.

Hebt man den Blick etwas, geht die Geschichte weiter und erzählt vom Übergang zur Bronzezeit, in der die Metallverarbeitung eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Die Waffen, Werkzeuge und der Schmuck aus Bronze werden in Gräbern gefunden und lassen Rekonstruktionen sowie die Unterscheidung von männlicher und weiblicher Tracht zu. So werden Frauen eher Schmuckgegenstände zugesprochen und Männern Waffen wie die Bronzeklingen.

Vom Übergang zur Bronzezeit

Reskonstruktionvorschlag einer bronzezeitlichen Frau im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen. Foto: Lena Heykes.

Neben den großen gesellschaftlichen Veränderungen werden auch kleinere Details des alltäglichen Lebens durch Fundstücke veranschaulicht. Sie sind im Sammlungsschaufenster über das Scannen des QR-Codes zugänglich. Doch nicht nur Sesshaftwerdung und Bestattungssitten im Jungneolithikum und der Bronzezeit werden als Geschichten erzählt, sondern auch die Entwicklung von Gesellschaften und Kulturen, die sich in den Epochen bilden und weiterentwickeln.

Bedeutung der Exponate im Studium

Damit beschäftigen sich die Student*innen der Ur- und Frühgeschichte tiefergehend. Anhand der Exponate lernen sie die unterschiedlichen Merkmale der verschiedenen Kulturen näher kennen. Und natürlich arbeiten sie dafür auch eng mit den Exponaten aus der Lehrsammlung.

Schwerter der Älteren Bronzezeit aus Männergräbern. Foto: Martin Liebetruth.

Dort gibt es auch einige Objekte, die noch nicht wirklich aufgearbeitet sind, die sie dann in Seminaren behandeln und bearbeiten. Andere Objekte werden für Ausstellungsprojekte wie dem Sammlungsschaufenster genutzt, um den Student*innen das Planen der Ausstellungskonzepte näherzubringen. Ebenso spielen das Zeichnen und die Recherche zur kulturhistorischen Einordnung der Artefakte eine wichtige Rolle. Mit diesen Techniken können sich die Student*innen nämlich auf ihre Abschlussarbeiten vorbereiten.

Zeichnung der Schwerter aus dem Sammlungsschaufenster. Foto: Lena Heykes.

Insgesamt ist die Sammlung für Ur- und Frühgeschichte wichtig für die wissenschaftliche Arbeit und die Vermittlung der menschlichen Geschichte. Diese möchten Immo Heske und die Student*innen den Besucher*innen durch das Sammlungsschaufenster näherbringen. So können sie sich schlaglichtartig ein Bild von der Entwicklung der Menschheit machen.

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Was das Schreiben angeht…

Autor: Dr. Andreas Effland, M.A. Seminar für Ägyptologie und Koptologie

„Was das Schreiben für den, der es kann, angeht: Nützlicher ist das als jedes Amt!“

aus dem Papyrus Lansing, 20. Dynastie, 11. Jahrhundert. v.Chr.

Das Schreiben erforschen…

Ob in Ägypten oder Mesopotamien das Medium Schrift zuerst genutzt wurde, steht noch in der Diskussion. Beide Regionen haben eine bis in das 4. Jahrtausend v. Chr. zurückreichende Tradition des Schreibens.
Die Schreiber bildeten in der altägyptischen Gesellschaft und Verwaltung ein wichtiges Fundament und die Wertschätzung für diesen Beruf war außerordentlich groß. Eine gute Ausbildung eröffnete ausgezeichnete Karrierechancen.
Der angehende Schreiber erhielt nicht nur Kenntnisse in der Schrift, ihm wurde eine umfassende Allgemeinbildung vermittelt, er lernte die „klassische Literatur“ des Nillandes kennen, übte sich in Spezialkenntnissen wie der Mathematik, die ihn in die Geheimnisse von Projektplanungen und Bauvorhaben einführte. Weiteres Wissen zu Themen wie Astronomie oder Medizin konnte ein Schreiber an „weiterführenden“ Tempelschulen erlangen. Zum Handwerkszeug gehörten sein Schreibmaterial: Papyrus, die Palette mit Farbpasten sowie Wassernapf, Tinte und Schreibbinse. Dies war ein wichtiges Schreibgerät, das wie eine Schreibfeder genutzt wurde und aus einer grasartigen Pflanze, der Binse, gefertigt wurde.

Die Figur des Schreibers

Die im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen ausgestellte Figur eines Schreibers aus der Zeit des sogenannten Neuen Reiches (18. Dynastie, 14. Jahrhundert v. Chr.) zeigt eine typische Haltung, bei der er mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden sitzt und eine Papyrusrolle quer vor sich aufrollt. In dieser Stellung lassen sich auch sehr lange Papyri beschreiben. Die längsten bekannten Papyri aus Ägypten messen bis zu 40 Meter!

Die kleine Statuette trägt sogar den Namen des dargestellten Schreibers: Nebmerutef. Und auch wenn die im Sammlungsschaufenster ausgestellte Plastik nur eine Replik ist, also eine Kopie einer Statuette deren Original sich heute im Louvre in Paris befindet, könnte eine solche Schreiberstatuette geradezu ein Ikon für unser wissenschaftliches Fach sein.

Die Ägyptologie gehört zu der geisteswissenschaftlichen Fächergruppe der Alten Sprachen und Kulturen. In Göttingen blicken wir auf eine mehr als 150 Jahre lange Geschichte unseres Faches zurück; das Studium und die Erforschung der Historie, der Kultur und Religion des pharaonischen und auch des christlichen Ägypten und der ägyptisch-koptischen Sprache hat in Göttingen Tradition. 1867 wurde hier die weltweit erst dritte Professur für Ägyptologie eingerichtet.

Traditionell konzentriert sich die Forschung unseres Faches zunächst auf die ägyptische Sprache und ihre Schriften. Auch heute noch ist das Fundament für einen erfolgreichen Studienabschluss in der Ägyptologie eine solide Sprachausbildung. Daneben steht allerdings auch die Erforschung der materiellen Hinterlassenschaften, von Artefakten, wie Gerätschaften, Alltagsgegenständen, Kultobjekten, Grabbeigaben, Ritualrelikten, dazu kommen auch die Baudenkmäler, Bildwerke, Reliefs, Malereien, Statuen, Stelen, Särge oder auch Amulette und die Keramik des Alten Ägypten, materielle Hinterlassenschaften, die meist den Kern von Sammlungen an Museen und Universitäten ausmachen.

Die Figur des Schreibers im Sammlungsschaufenster des Forum Wissen

Die Sammlung am Seminar für Ägyptologie und Koptologie
der Universität Göttingen

Die kleine Sammlung am Seminar für Ägyptologie und Koptologie an der Georgia Augusta besteht aus etwa 100 originalen Objekten und fungiert als Lehrsammlung, die auch im Unterricht genutzt wird. Es handelt sich dabei um kleinformatige Objekte wie Amulette, Skarabäen, und Keramik. Um den Studierenden unseres Faches jedoch auch andere und mitunter größere Objekte und Thematiken zu vermitteln, benutzen wir auch gerne gute Museumsreplikate, wie sie derzeit auch im Sammlungsschaufenster im Forum Wissen zu sehen sind.

Altägyptische Originale finden sich an der Universität Göttingen auch in anderen Sammlungen. Sie wurden zum Teil schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf Initiative von J.F. Blumenbach für das Akademische Museum erworben und zeugen von einem weit zurückreichenden Interesse an dem alten Ägypten in unserer Stadt.

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Sammlung

Schaufenster der Dinge

Was haben ein Buntwaran, ein Doppelkompass und Oberschenkelknochen gemeinsam? Sie gehören zum Sammlungsschaufenster des Forum Wissen.

Blick ins Sammlungsschaufenster des Wissensmuseum.

Doch wer kennt die vielen Objekte aus den Laboren und Werkstätten, Bibliotheken und Büros der Uni Göttingen schon? Daher wollen wir euch einige von ihnen in den kommenden Wochen hier auf unserem Blog und auf Instagram, Facebook und Twitter vorstellen. Ihr könnt also gespannt sein. Soviel vorab: Alle Objekte kommen aus unseren über 40 Sammlungen. Ihr könnt sie im Sammlungsschaufenster sehen. Sie zeigen, wie an einer Universität geforscht und gelehrt wird.

Buntwaran (Biodiversitätsmuseum), Doppelkompass (Geophysik) und Oberschenkelknochen (Anthropologie).

Und wenn ihr selbst mehr über eine Sammlung erfahren möchtet, dann schreibt es uns in die Kommentare. Wir nehmen eure Fragen und Anregungen gern mit auf. Ansonsten freut euch auf den 6. März 2023. Dann starten wir und laden euch ein, jeden Montag mit uns einen Blick ins Schaufenster zu werfen. Los geht es mit der Sammlung Stern, dem Althistorischen Filmarchiv. Lasst euch überraschen!

Fotos: Martin Liebetruth

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Forum Wissen

Wir eröffnen das Forum Wissen 🎈

Pfingsten ist es soweit! Wir öffnen unsere Türen und laden alle ganz herzlich ins Forum Wissen der Uni Göttingen ein.

Aufnahme von der Einweihung des Forum Wissen. Foto: EBR

Um 10 Uhr geht es am Samstag los: Wer möchte, kann dann die Räume des Wissens entdecken. Unsere Kommunikator*innen freuen sich schon darauf, sie den Besucher*innen zu zeigen.

Pelin, Louisa und Dion im Raum Schränke. Foto: Martin Liebetruth

Zur Eröffnung gibt es die Chance, die Köpfe hinter der Ausstellung kennenzulernen und einen Blick ins Making-Of des neuen Göttinger Wissensmuseum zu werfen. Alle Infos zu unserem Programm finden sich auch auf unserer Website www.forum-wissen.de

Die Bubble Chairs im Salon. Foto: Louisa Hartmann

Übrigens: Angehörige der Uni Göttingen können bereits am Freitag (3.6.) kommen. Für alle anderen sind wir ab Samstag – und sogar Pfingstmontag – von 10 bis 18 Uhr da. Der Eintritt ist frei! 🤗

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Fundstücke aus dem Göttinger Grass-Archiv

Als Katrin Wellnitz, Heinrich Detering und Christian Fieseler vom Günter Grass-Projekt der Uni Göttingen Ende 2018 unzählige Kisten vom Steidl Verlag erhielten, wurde das Öffnen jeder einzelnen zum Abenteuer: Die Pakete vom Steidl Verlag waren reich gefüllt mit Dokumenten zum Werk von Günter Grass, vor allem zur Zusammenarbeit des Autors mit seinem Göttinger Verleger.

Heinrich Detering mit dem Buchumschlag von »Zunge zeigen«, den Günter Grass selbst entworfen hat. Foto: Svenja Brand

Was eine Tischdecke über den Autor verrät

Unser Team entdeckte in den Kisten erwartete und erhoffte, aber auch gänzlich überraschende Fundstücke, die uns in ihrer Vielfalt mehr über Günter Grass als Autor, als Buchkünstler, aber auch als Mensch verrieten – und zwar in einer erlebbaren und anschaulichen Weise, die durch keine Biografie zu vermitteln ist. Eine unserer ersten Überraschungen fanden wir in einer Kiste mit Archivmaterial zu dem Gedicht-Bild-Band »Letzte Tänze« von 2003: Es handelt sich um eine weiße Tischdecke, die, reich beschrieben und mit Rotweinflecken bekleckst, Eindrücke von einem geselligen, ausgelassenen Abend mit Günter Grass vermittelt.

Ausschnitt der beschrifteten Tischdecke. Foto: Svenja Brand © Steidl Verlag

Anlässlich der Buchpremiere von »Letzte Tänze« waren bei der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2003 Grass-Freund*innen zusammengekommen, um mit dem Autor einen kulinarischen, literarischen und auch tänzerischen Abend zu verbringen, und die Tischdecke zeugt von dem heiteren Beisammensein. Verlagsmitarbeiter*innen und Übersetzer*innen verewigten sich ebenso auf der Tischdecke wie der Autor selbst: Er unterschrieb mit »Euer aller Eintänzer« und nahm damit nicht nur auf seinen neuen tänzerischen Text-Bild-Band Bezug, sondern auch auf den »schmissigen Tango«, mit dem er seine »Tanzparty« eröffnete.

Grass’ Signatur auf der Decke. Foto: Svenja Brand © Steidl Verlag

Die Geschichte der Tischdecke und des Tanzabends zeichnet Svenja Brand auf unserer Projektseite nach. Dabei wird deutlich, wie Grass Literatur und Geselligkeit miteinander zu verbinden wusste.

Svenja mit einem Werbeplakat zu Grass’ barocker Erzählung »Das Treffen in Telgte«. Foto: Katrin Wellnitz

Die Geschichte eines Abends

Diese rekonstruiert Max Rauser, und zwar am Beispiel einer samtenen Nobelpreistasche, in der wir einen längst vergessenen Goldschatz fanden: Schokoladentaler, die wie Nobelmedaillen geprägt sind. Sie lagen auf den Banketttischen aus, an denen 1999 die Vergabe des Nobelpreises gefeiert wurde – unter anderem von Günter Grass, seiner Familie und seinen Freund*innen.

Nobelpreistasche und “Goldschatz”. Foto: Max Rauser

Grass hatte den Nobelpreis bekommen, »[w]eil er in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet hat«. Das betrifft nicht nur seinen kleinen Blechtrommler und selbsternannten Däumling Oskar Matzerath, der manchmal wütend, manchmal kunstvoll trommelnd die Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Verarbeitung in der Nachkriegszeit lebendig hält, sondern auch all die anderen Figuren aus Grass’ Werk, die nicht müde werden, Geschichte wiederzuerzählen.

Max Rauser bei der Arbeit im Grass-Archiv. Foto: Max Rauser

Grass zeichnete dabei viele Gesichter nach, die alle auf ihre Weise ein Stück Geschichte bewahren und dynamisch weitertragen. Ein so greifbarer Fund wie die in die Jahre gekommene, wahrscheinlich von allen längst vergessene Nobelpreistasche erinnert uns an den Menschen Grass, der mit seinen Figuren auf Weltentdeckung ging und der in seinen Schreibpausen gerne ausgelassene Feste feierte – nicht ohne die Kunst mitspeisen und mittanzen zu lassen. Max Rausers Beitrag »Blauer Samt und alte Schokolade« gibt weitere Einblicke in diesen besonderen Abend.

Das Team und sein Projekt

Seit 2018 hat sich einiges verändert. Die meisten Bestände sind katalogisiert und archiviert, sodass Wissenschaftler*innen in Zukunft damit arbeiten können. Das Archiv-Team hat sich zu einer Grass-Arbeitsstelle weiterentwickelt, die Grass’ Werk aus ganz verschiedenen Perspektiven erforscht. Wir haben gemeinsam ein Buch geschrieben, das Grass als Buchgestalter vorstellt und spannendes Archivmaterial erstmals zugänglich macht. Es soll voraussichtlich im Herbst 2022 erscheinen. Gleichzeitig entstehen Abschluss- und Qualifizierungsarbeiten zum Werk von Grass, die teilweise das Göttinger Archivmaterial mit in die Forschung einbeziehen. Auch haben wir das Archivmaterial im Rahmen von Seminaren in die Lehre integriert und Studierenden die Arbeit im Literaturarchiv vorgestellt. Dabei haben wir den Büchermacher Grass und sein Werk aus ganz neuer Perspektive kennengelernt.

Das Team der Göttinger Grass-Arbeitsstelle, Sommer 2020: Jacqueline Gwiasdowski, Corinna Beermann, Max Rauser (oben), Lisa Kunze, Katrin Wellnitz, Svenja Brand, Christian Fieseler (unten). Foto: Heinrich Detering

Und schließlich haben wir damit begonnen, spannende, uns ganz persönlich berührende, heitere Archiv-Fundstücke in Wort und Bild auf unserer Internetseite zu präsentieren. In regelmäßigen Abständen werden wir neue Fundstücke aus den Kisten nehmen und dort erstmals vorstellen. Neben all den Entdeckungen in ganz unterschiedlichen Formaten lassen sich auch textuelle Überraschungen ausmachen.

Mit Schreibmaschine und Blickwechsel

Von Grass korrigierte Druckfahnen oder Typoskripte erlauben uns textkritische Einblicke in den Entstehungsprozess seiner Werke: etwa gestrichene Wörter in einem Typoskript zu »Mein Jahrhundert« von 1999.

Von Grass korrigierte Seite aus einem nicht datierten Typoskript zu »Mein Jahrhundert«, Kopie des Originals aus der Sammlung des Lübecker Günter Grass-Hauses. © Günter und Ute Grass Stiftung

Passend zur Jahrhundertwende hat Grass für jedes Jahr von 1900 bis 1999 je einen Kurztext verfasst, der aus unterschiedlichen Perspektiven das 20. Jahrhundert würdigt. Ein dieses Jahrhundert durcheilendes Ich weist immer wieder auf den Autor selbst zurück, auf seine Erfahrungen und historischen, oft auch politischen Reflexionen.

Lisa Kunze bei der Analyse des Archivmaterials. Foto: Heinrich Detering

Projektmitarbeiterin Lisa Kunze hat im Archiv die Kopie einer korrigierten Typoskriptseite entdeckt und eine für das Buchkonzept wesentliche Streichung analysiert: So beobachtet sie, wie dem ersten Satz des Jahrhundertbuches im Entwurf das so bezeichnende, weil auf den in jeder Geschichte, in jeder Stimme anwesenden Autor verweisende »Ich« vorangestellt wird. Hier ist ihr Beitrag über die erste Typoskriptseite von »Mein Jahrhundert« zu lesen »Das vielzählige Ich«.

Düster, grotesk, verspielt – »Hundejahre«

Umschlag zur »Hundejahre«-Ausgabe von 1963, erschienen im Verlag Luchterhand. © Günter und Ute Grass Stiftung

Mitunter kann das Archivmaterial auch dabei helfen, bereits bekannte Werke noch einmal aus ganz neuem Blickwinkel zu beleuchten. Motiviert durch Einbandentwürfe zu Grass’ illustrierter Jubiläumsausgabe der »Hundejahre« von 2013 habe ich mich zum Beispiel mit der Konzeption dieses zuerst 1963 veröffentlichten Romans auseinandergesetzt. Schon der Romantext weist neben den düsteren, menetekelnden Grundtönen eine inhaltliche und formale Verspieltheit auf, die charakteristisch ist für Grass’ Werk –  nur dass sie in ihrem experimentellen Charakter besonders stark aus diesem monumentalen Roman hervorscheint.

Motivauswahl für das »Zweite Buch« der »Hundejahre«-Ausgabe von 2013. © Günter und Ute Grass Stiftung

Die Illustrationen, die Grass nach gut 50 Jahren für seine Jubiläumsausgabe anfertigte, sind dann ebenfalls mal düster und unheilvoll, mal grotesk und verspielt geraten. So lässt sich die weite, vielseitige und spannungsreiche Welt der »Hundejahre« auch in Bildern wiederlesen. Doch keine Illustration vermag dies wiederum so anschaulich und selbstreflexiv bildhaft zu machen wie die schon 1963 auf den Umschlag gesetzte Zeichnung von der schattenspielenden, einen Hundekopf mimenden Hand. So ›bühnenbegabt‹ ist diese Hand, dass die Betrachtenden eher einen Hund als eine Hand auf dem Umschlag zu sehen meinen. Dieses Motiv hat Grass für die Jubiläumsausgabe vielfach variiert und damit den inszenatorischen Charakter des Werks noch einmal auf ganz neue Weise unterstrichen.

Ich selbst auf der Suche nach Archivschätzen. Foto: Svenja Brand

Die Arbeit mit dem Archivmaterial ist vielseitig und inspiriert das Göttinger Grass-Team immer wieder zu neuen Forschungsideen. Die facettenreichen Interessen des Autors färben dabei auch auf unsere Forschung ab: Seine Liebe zur Literatur wird auf erfrischende Weise mit seiner Liebe zum Buch verbunden, sein Interesse an der Schrift mit seinem Interesse am Bild zusammengedacht. Das Archivmaterial motiviert dazu, über den Tellerrand zu schauen, neue Forschungsgebiete zu erschließen und die Göttinger Grass-Forschung neugierig und engagiert voranzutreiben.займ онлайн круглосуточно без отказа безработным

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Hinter den Kulissen

Wieder | entdeckt – PLANTALA

Wunderschöne Zeichnungen von Blüten, Fruchtständen, Blättern und ganzen Pflanzen beinhaltete der digitale Datensatz botanischer Lehrtafeln, die beim Kultur-Hackathon Coding da Vinci Niedersachsen 2020/21 von der Uni Göttingen präsentiert wurden.

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Von der Lehrtafel zum Mandala-Generator

Wir waren von der Ästhetik der Pflanzendarstellungen sofort begeistert und hatten sogleich eine Projektidee: ein Mandala-Generator aus Pflanzenteilen. PLANTALA war geboren! Im Rahmen des Hackathons entwickelten wir, Anne Mühlich und Gerd Müller, innerhalb von 14 Wochen einen Prototypen der Webanwendung, der vollständig funktionstüchtig war. Damit konnten wir aus bis zu fünf verschiedenen Pflanzenteilen eigene Mandala halbautomatisiert kreieren, ausdrucken und ausmalen.

Coding da Vinci-Stipendium

Um die Anwendung zu optimieren und für den Einsatz zum Beispiel im Schulunterricht, in der Umweltpädagogik, als potenzielle Medienstation oder für die private Freizeitgestaltung nutzbarer zu machen, bewarben wir uns mit dem Projekt auf zwei Coding da Vinci-Stipendien und hatten Glück. Die uns zugesprochenen Stipendien ermöglichten es uns, im Sommer 2021 PLANTALA zu überarbeiten und zu erweitern.
In diesem Zusammenhang besuchten wir auch Karsten Heck von der Zentralen Kustodie der Uni Göttingen, um uns die Lehrtafeln einmal im Original anzuschauen und über die Weiterentwicklung von PLANTALA zu brainstormen. Der Masterstudent Jens Kleinert begleitete uns dabei fotografisch und stellte uns die entstandenen und hier zu sehenden Bilder zur Verfügung.

Mandala-Kreationen

Wer möchte, kann mit der im Oktober 2021 veröffentlichten Version einzelne Pflanzenteile zu einem Mandala zusammensetzen und dieses dann in eine druckoptimierte Ansicht in Schwarz-Weiß umwandeln. Dafür haben wir eigens Vektorgrafiken auf der Grundlage der digitalisierten Pflanzendarstellungen erstellt.

Neben der Mandala-Kreation gibt es auch einige Informationen zu den jeweiligen Pflanzen, die sich eher an ein jüngeres Publikum richten. Zudem kann man die Pflanzenteile im Kontext ihrer Lehrtafel bewundern oder sich bei Bedarf weiterleiten lassen zur Datenbank der Uni Göttingen. Die neue Anwendung bietet auch die Option, das Mandala als Arbeitsblatt-PDF mit allen Pflanzeninfos zu speichern oder auszudrucken.

Plantala-Postkarte.

PLANTALA als Open Source

Aktuell arbeiten wir noch an einer kleinen Postkartenserie zu PLANTALA sowie an der Vernetzung mit Open Educational Ressources-Plattformen, damit sich neue Einsatzbereiche für die Webanwendung finden. Da PLANTALA als Open Source-Projekt im Rahmen des Coding da Vinci entstanden ist, läuft die Webanwendung unter einer offenen MIT-Lizenz und kann dementsprechend von jeder motivierten Person weiterentwickelt werden.

Mandalas und weitere Informationen findet ihr hier. Wenn ihr mit uns in Kontakt kommen möchtet, schreibt uns unter folgender E-Mailadresse: info@digitalwarenkombinat.de

Die Autor*innen und der Fotograf

Gerd Müller ist ein Software-Architekt und Open Source-Liebhaber aus Leipzig und
Anne Mühlich eine Europäerin, Slawistin und Kulturenthusiastin, die sich für digitale und kreative Projekte interessiert.

Jens Kleinert studiert im Master Kulturelle Musikwissenschaft und Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie an der Universität Göttingen. Seine Fotoreportage entstand im Seminar „Photographing Culture – Die Reportage“, das im Sommersemester 2021 stattfand. Dozent war Thorsten Näser.


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Ausstellung Hinter den Kulissen

Meteorite und Mineralien – Objekte auf Reisen

Trotz Corona-Pandemie schicken wir wie gewohnt herausragende Objekte aus dem Göttinger Geowissenschaftlichen Museum auf Reisen. Es sind Leihgaben für Sonderausstellungen. So erreichten uns auch 2020 etliche Anfragen kleinerer und größerer Museen, die Interesse an Exponaten aus unserem Haus bekundeten. Vier aktuelle Beispiele möchte ich hier vorstellen.

Der Meteorit von Erxleben konnte kurz nach seinem Fall im April 1812 von Johann Friedrich Blumenbach für das Göttinger Academische Museum gesichert werden zur Zeit ist er in Nebra. Foto: GZG Museum / Alexander Gehler.

Meteorite in Nebra

Im September 2020 gab es für mich noch einmal eine Ausnahme von der Maskenpflicht, da ich mit der Kuratorin der Ausstellung „Sternensucher – Von der Himmelsscheibe bis zur Rosetta-Mission“ im selben Haushalt wohne. Die Ausstellung in der Arche Nebra in Sachsen-Anhalt konnte Anfang Oktober sogar mit Publikum eröffnet werden. Aus Göttingen sind dort noch bis zum 30. September 2021 verschiedene Meteorite von Mond und Mars zu sehen sowie das größte noch erhaltene Fragment des am 15. April 1812 gefallenen Meteoriten von Erxleben. Hierbei handelt es sich um den ältesten beobachteten Meteoritenfall Norddeutschlands, von dem noch Material in Sammlungen erhalten ist. Als weiteres Göttinger Highlight gibt es eine anlässlich der Entdeckung des Planeten Uranus hergestellte, mehr als 200 Jahre alte Platinmedaille.

Die Ausstellungskuratorin Juliane Gehler führt bei der Eröffnung durch die Sonderausstellung „Sternensucher“. Foto: GZG Museum / Alexander Gehler.

Saurierreste in Hannover

Zwei originale Dinosaurierzähne aus Niedersachsen, ein fast vollständiger Flugsaurier aus Süddeutschland und das Gipsmodell eines Tyrannosaurus rex wurden bereits im August 2020 von Kolleginnen aus der Naturkundeabteilung des Niedersächsischen Landesmuseums in Hannover für die Ausstellung „KinoSaurier. Zwischen Fantasie und Forschung“ abgeholt. Einer der beiden Dinozähne ist ein für Niedersachsen einzigartiger Fund eines iguanodontiden Pflanzenfressers. Bei dem anderen handelt es sich um einen Raubsaurierzahn der Gattung Torvosaurus. Er gehört zu den größten Dinosaurierzähnen, die jemals im norddeutschen Raum gefunden wurden.

Der vor mehr als einhundert Jahren gefundene Zahn eines Torvosaurus aus oberjurassischen Gesteinsschichten von Holzen bei Eschershausen (Landkreis Holzminden). Foto: GZG Museum / Gerhard Hundertmark.

Die für den 3. Dezember 2020 geplante Eröffnung konnte leider nicht stattfinden. Kurz danach wurde der Lockdown nochmals verschärft, und so blieb die fertige Ausstellung bis heute besucherlos. Aktuell hofft man am Ausstellungsort und auch wir als Leihgeber tun dies natürlich dass eine baldige Öffnung möglich sein wird.

Die Göttinger Rekonstruktion eines fressenden Tyrannosauriers in der Kinosaurier-Ausstellung. Foto: Landesmuseum Hannover / Kerstin Schmidt.

Gemälde in Gotha

Zur Stiftung Schloss Friedenstein, ins thüringische Gotha, hätten zwei Gemälde des österreichischen Malers Franz Roubal (18891967) bereits im Mai 2020 gehen sollen. Roubal hatte in der 1930er-Jahren eigens für die Universität Göttingen mehrere Großgemälde von Meeresreptilien und Dinosauriern gefertigt, die in der Jura- und Kreidezeit auch in unserer Region heimisch waren. Ein Plateosaurier sowie die Darstellung von zwei Fischsauriern im Jurameer hatten es den Gothaer Kolleg*innen besonders angetan. Nachdem die Ausstellung „Saurier – Die Erfindung der Urzeit“ ins aktuelle Jahr verschoben wurde, erfolgte die Abholung per klimatisiertem Transport letztlich im Dezember. Auch dem neuen Eröffnungstermin, der für den 6. Februar 2021 angesetzt war, machte Corona einen Strich durch die Rechnung. Ab Mitte Mai geht es nun aber hoffentlich los.

Kurator Tom Hübner vor einem der großformatigen Werke mit zwei Ichthyosauriern, die vor ca. 180 Millionen Jahren auch das norddeutsche Jurameer bevölkerten. Foto: Schloss Friedenstein Gotha / Susanne Hörr.

Mineralien am Rammelsberg

Anfang April wurden Mineralien aus der Sammlung des Clausthaler Oberbergmeisters Georg Andreas Stelzner (17251802) für die Sonderausstellung „Reisen in den Schoß der Mutter Erde Montantourismus im Harz“ im Museum und Besucherbergwerk Rammelsberg abgeholt. Die Stelzner’sche Mineraliensammlung befindet sich bereits seit 1782 im Besitz unserer Georgia Augusta. Sie bietet einen der bedeutendsten Zugänge zur Frühzeit des 1773 gegründeten Academischen Museums der Göttinger Universität und besteht zu großen Teilen aus Mineralen der Harzregion. Einige von ihnen sind nun in der Ausstellung zu sehen, die am 25. April 2021 eröffnet wurde.

Historische Mineralstufe (Gediegen Kupfer) vom Rammelsberg bei Goslar: Das Exponat ist nun temporär an seinen Fundort zurückgekehrt. Foto: GZG Museum / Gerhard Hundertmark.

Die Kolleg*innen und wir

Es ist schon sehr ungewohnt, den Kolleg*innen, die wir teilweise seit Jahrzehnten kennen, nur kurz mit obligatorischer Schutzmaske ein Päckchen mit den Leihgaben zu übergeben. Noch nicht einmal einen Kaffee können wir anbieten. Bei größeren Objekten, die von Kunstspeditionen abgeholt werden, stehen wir nun meterweit abseits und beobachten das Verpackungsgeschehen aus der Ferne. Früher hätten wir selbst mit Hand angelegt.

Wir in Göttingen hoffen darauf, dass es bald möglich sein wird, die Sammlungen und Museen der Universität im Rahmen der „Sonntagsspaziergänge“ wieder öffnen zu können. Und auch die nächsten Reisetermine einiger unserer Schätze haben wir schon im Blick.

An unseren eigenen kommenden Sonderausstellungen wird im Hintergrund ebenfalls bereits fleißig geplant: Ich habe mir hierfür schon einmal die Riesenschachtelhalme an der berühmten Fossilfundstelle Willershausen angeschaut.

Der Autor ist Kustos des Geowissenschaftlichen Museums und der dazugehörigen Sammlungen am Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen.банки взять кредит онлайн на карту